Die Wohnungssuche kann schwer sein - vor allem mit einem kleinen Budget. In Rheinland-Pfalz fehlen Berechnungen zufolge bis zu 28.000 Sozialwohnungen. Also Wohnraum, der beim Bau gefördert wird und dessen Mieten reguliert sind.
Das Bündnis "Soziales Wohnen" hat am Dienstag Berechnungen vorgestellt, nach denen bundesweit mehr als 910.000 Sozialwohnungen zusätzlich gebraucht würden. Dann wäre in etwa der Stand aus dem Jahr 2007 erreicht, hieß es. Das Bündnis aus Mieterbund und Baugewerkschaft IG BAU sowie Sozial- und Branchen-Verbänden beruft sich dabei auf eine Studie des Pestel-Instituts in Hannover.
45 Prozent weniger Sozialwohnungen in RLP seit 2011
Laut Studie gab es in Rheinland-Pfalz 2022 rund 39.000 Sozialwohnungen. Benötigt wurden laut den Berechnungen aber mehr als 67.000. Nach Angaben des Landesverbandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) aus dem vergangenen Jahr ist die Zahl der Sozialwohnungen in Rheinland-Pfalz zwischen 2011 und 2022 um rund 45 Prozent zurückgegangen.
Bei Sozialwohnungen sind Mieten staatlich reguliert. Nur Menschen, bei denen die Behörden einen besonderen Bedarf sehen, dürfen dort wohnen. Das gilt allerdings nur für eine bestimmte Zeit, danach können die Wohnungen normal am Markt vermietet werden.
Staat zahlt mehr Sozialausgaben für Wohnen als für Bauförderung
Die Studie des Pestel-Instituts macht eine Rechnung auf, nach der es für den Bund eigentlich günstiger wäre, den Bau von Sozialwohnungen zu fördern, statt immer mehr Geld für die Unterstützung bedürftiger Menschen beim Wohnen auszugeben.
Mehr als 20 Milliarden Euro sind laut Studie demnach 2023 für Wohnkosten angefallen, 15 Milliarden Euro, die überwiegend die Jobcenter gezahlt haben und mehr als fünf Milliarden Euro für staatliches Wohngeld. Dagegen hätten Bund und Länder für den Sozialen Wohnungsbau in den letzten Jahren jeweils weniger als 2,5 Milliarden Euro aufgewendet. Grund für das "deutliche Missverhältnis" sei vor allem das langjährige Missmanagement des Bundes, sagt Studienleiter Matthias Günther vom Pestel-Institut. Der Bund habe den Sozialwohnungsbau - also die Objektförderung - bis vor kurzem auf ein Minimum heruntergefahren und damit drastisch steigende Ausgaben für die Kosten der Unterkunft und für das Wohngeld - also für die Subjektförderung - provoziert.
Finanzministerium: "Wohngeld bleibt unverzichtbar"
Aus dem rheinland-pfälzischen Finanzministerium heißt es: "Subjektförderung (Wohngeld) und soziale Wohnraumförderung schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen sich in angespannten Wohnungsmärkten." Angesichts der Schwierigkeiten, neuen Wohnraum im notwendigen Umfang zu errichten, bleibe das Wohngeld für Haushalte mit geringen Einkommen unverzichtbar.
Das Finanzministerium bestätigt den Rückgang von Sozialwohnungen im Land. Der Bestand an Sozialwohnungen sei in den letzten Jahren deutschlandweit gesunken, dies gelte auch in Rheinland-Pfalz. Seit Ende der 1990er-Jahre sind demnach insgesamt weniger Mietwohnungen gefördert worden. Im Ministerium wird das auf eine "damalige Entspannung der Wohnungsmärkte" zurückgeführt. Hinzu kommt dem Ministerium zufolge, dass "die Bindungen der in den 1970er- und 80er-Jahren geförderten Mietwohnungen planmäßig ausgelaufen sind".
Eigenen Angaben zufolge gelänge es dem Ministerium jedoch, dem Abwärtstrend entgegenzuwirken: "Betrug die Veränderung vom 31.12.2021 zum 31.12.2022 noch - 5,07 Prozent, so betrug sie vom 31.12.2022 zum 31.12.2023 nur noch - 3,55 Prozent". Laut Ministerium wurden in Rheinland-Pfalz zwischen 2020 und 2023 rund 6.000 Wohneinheiten im Bereich der Mietwohnraumförderung gefördert.
Forderungen nach Quote und zielgenauer Förderung
Die Vorsitzende des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland, Susanne Wingertszahn, nannte die Wohnungskrise einen "sozialpolitischen Skandal". Ein Drittel aller Haushalte sei bereits durch die Mietkosten überlastet und müsse bis zu 40 Prozent des Einkommens dafür aufwenden. Das werde auch immer mehr ein wirtschaftliches Problem. Wer soviel für die Miete aufbringen müsse, konsumiere weniger, so Wingertszahn. Der DGB fordere "eine längere Bindungsdauer von Sozialwohnungen sowie eine verbindliche Quote von mindestens 30 Prozent geförderter Mietwohnungen in Neubaugebieten".
Damit es in fünf Jahren nicht noch weniger Sozialwohnungen als heute gibt, müsse das Land Rheinland-Pfalz seine Förderung zielgerichtet überdenken, sagt Karina Wächter, die CDU-Sprecherin für Wohnen. "Die Landesregierung muss die Probleme im Sozialen Wohnungsbau endlich ernst nehmen", betont sie. Zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus gehöre auch, dass sie passgenau gestaltet ist, "damit auch in Zukunft die bedürftigen Menschen ein ordentliches Dach über dem Kopf haben. Zudem müssen Fördermöglichkeiten so kommuniziert werden, dass sie auf einfachste Art und Weise beantragt werden können.“
Kritik an den Zahlen kommt vom Bund
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sagte in der ARD, es fehlten sogar "noch mehr" Sozialwohnungen. "In der Bundesrepublik gab es auch schon Zeiten mit drei Millionen Sozialwohnungen." Die Pestel-Studie halte sie jedoch für "hochgradig unseriös". Geywitz sprach von "ausgedachten Zahlen", die zu "relativ absurden Ergebnissen" führten. Als Beispiel führte Geywitz an, dass der Studie zufolge der Fehlbedarf an Sozialwohnungen in Nordrhein-Westfalen wesentlich kleiner sei als in Sachsen. In Nordrhein-Westfalen sollen 4.175 Wohnungen fehlen, wie es in der Studie heißt – in Sachsen 47.859.