Als Kathrin Blum am 30. Oktober in einer Mail die Nachricht erhielt, war es für sie ein Schock: "Ich hab erst gedacht, das ist ein Scherz. Für uns war das eine ganz schreckliche Information." Der Vinzentinerorden informierte damals, dass er das Vinzenz-von-Paul-Gymnasium (VvPG) in Niederprüm schon zum Ende dieses Schuljahres schließen wird.
Auch für Blums 11-jährigen Sohn, der in die 6. Klasse des Progymnasiums geht, war das nicht zu glauben, sagt sie: "Mein Sohn hat gesagt, er musste weinen." Schließlich hatten er und seine Eltern sich bewusst für die Privatschule entschieden. Weil sie als kleine Schule familiär sei, Sozialkompetenz groß geschrieben werde, die Lehrer toll seien. Zudem ist das VvPG eine MINT-Schule und nachhaltige Schule.
Seitdem bekannt ist, dass der Schulträger, eben jener Orden, seinen Standort in Prüm aufgibt, rumort es in der Schule und unter den Eltern. Am Dienstagabend gab es dann eine Info-Veranstaltung für die Eltern mit Vertretern des Ordens, des Eifelkreises Bitburg-Prüm und der Schulbehörde ADD.
Übergangslösung mit staatlichem Regino-Gymnasium
Landrat Andreas Kruppert (CDU) und Referent Peter Epp von der ADD stellten dabei ein Konzept für eine Übergangslösung vor. Zwar geht das Progymnasium nur bis zur zehnten Klasse, danach müssen die Schüler ohnehin auf ein staatliches Gymnasium wechseln. Aber wenn das VvPG schließt, müssen rund 170 Schülerinnen und Schüler der jetzigen Klassenstufen 5 bis 9 eine neue Schule finden.
"Wir haben eins gemeinsam. Nach den Herbstferien kam der Schock. Die Nachricht des Ordens hat auch den Kreis überrascht", sagt Kruppert. "Die Frage ist, wie gehen wir damit um, was machen wir daraus?" Für die ADD ist das VvPG nicht das erste private Gymnasium in Rheinland-Pfalz, das zumacht. Alle privaten Schulträger hätten mit dem Geld zu kämpfen, so Epp.
Es ist Aufgabe der ADD, dafür zu sorgen, dass alle Schüler aus Niederprüm weiter beschult und die Lehrer weiter beschäftigt werden. Grundsätzlich sei es die Entscheidung der Eltern, auf welches Gymnasium sie ihre Kinder zukünftig schicken, ob zum Beispiel nach Prüm, Bitburg, Neuerburg oder Gerolstein.
Dennoch hat die ADD gemeinsam mit dem Kreis eine bevorzugte Lösung: Wenn sich genügend Schüler am Regino-Gymnasium in Prüm anmelden, bestünde die Möglichkeit, dass sie in ihren bisherigen Klassen des VvPG bleiben und nicht auf die Klassen des staatlichen Gymnasiums aufgeteilt werden.
Und dann könnten sie auch weiter im Gebäude des Vinzenz-von-Paul-Gymnasiums unterrichtet werden. Der Orden würde es zumindest für ein paar Jahre weiter zur Verfügung stellen, wolle es aber in fünf Jahren verkaufen. Der Kreis will auf Dauer keine Schule mit zwei Standorten, sagte Kruppert: "Aber wir wollen einen Übergang schaffen, der so geschmeidig wie möglich ist."
Viele Fragen und zweites Konzept
Die zahlreichen Eltern, die zum Informationsabend gekommen waren, konnten sich, so wirkte es, zumindest mit diesem Vorschlag anfreunden. Viele Fragen gab es dennoch: Was ist, wenn eine Mehrzahl der Schüler auf andere Gymnasien geht und nur ein kleiner Teil in Prüm bleibt? "Dann muss man noch einmal intensiv sprechen. Auch dafür finden wir eine Lösung", so Referent Peter Epp von der ADD.
Was ist mit den Fremdsprachen? Viele Eltern hätten sich bewusst für das VvPG entschieden, weil es dort keine verpflichtende dritte Fremdsprache gibt. Auch das werde beibehalten, sagte Epp: "Die jetzige achte Klasse hatte nur Latein zur Auswahl als zweite Fremdsprache. Das bleibt definitiv, weil man nicht in eine andere Sprachfolge gehen kann."
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Aber auch zum MINT-Schwerpunkt des VvPG hatten die Eltern Fragen. Den gibt es nämlich am Regino-Gymnasium nicht und bis sich die staatliche Schule dorthin bewegt, wenn überhaupt, könnte es noch lange dauern. Ohnehin wäre den Eltern aber eine andere Lösung lieber: Mutter Kathrin Blum hat nämlich eine Initiative gegründet, um einen neuen privaten Träger für die Schule ihres Sohnes zu finden.
Dafür muss die Gruppe von 30 Eltern, die sich mit ihr engagiert, aber schnell sein: Mitte Februar stehen die Anmeldungen für die neuen fünften Klassen an. Da das Gymnasium nach jetzigem Stand aber im neuen Schuljahr nicht mehr existiert, können sich dann auch keine neuen Fünftklässler anmelden.
Suche nach privatem Träger
Ein weiteres Problem: Die Eltern wollen zwar eine gemeinnützige GmbH für die Schule gründen. Würden sie die Trägerschaft aber allein übernehmen und die Schule somit neu gründen, müssten sie sich erst einmal drei Jahre lang bewähren, sagt Blum. Erst danach würden sie finanzielle Unterstützung vom Staat bekommen, etwa für den Lohn der Lehrer oder die Beförderung mit dem Bus.
Also müsse ein privater Träger, der sich in der Region bereits bewährt hat, der Schule eine Art "Konzession" geben. Dann könnte die GmbH der Eltern die Schule zusammen mit dem Träger führen, sich nach drei Jahren bewährt haben - so die Hoffnung - und dann das VvPG ganz übernehmen. Auch dann wären sie aber noch auf Investoren und Sponsoren angewiesen.
Hoffnung auf mehr Zeit
Für die Eltern beim Informationsabend war das offenbar der beste Plan, es gab tosenden Applaus für Blum. Und auch Landrat Kruppert sagte: "Wenn es Ihnen gelingt, das sicher auf die Beine zu stellen, dann hab ich kein Problem, unser Konstrukt, das in vielen Stunden erarbeitet wurde, über den Haufen zu werfen."
Obwohl also ein Plan steht, ist die Zeit weiter das größte Problem. "Wir können die Kurzfristigkeit nicht nachvollziehen, mit der der Orden die Schule schließt. Denn offenbar gab es schon im Herbst 2023 erste Überlegungen, Standorte aufzugeben", sagt Blum. Sie und die anderen Eltern haben deshalb Ende November einen Antrag an den Vinzentinerorden gestellt, das Progymnasium wenigstens noch für ein weiteres Schuljahr zu erhalten.
Dann hätte man genügend Zeit, einen neuen Träger zu finden. Und dann bräuchte es auch nicht die Übergangslösung des Kreises und der ADD, den Schulbetrieb in Niederprüm langsam ausschleichen zu lassen, findet Blum: "Wir hoffen, dass viele Eltern weiter mit uns kämpfen."