"Bitte nicht betreten, hochsensibles Experiment" steht an einer Tür im Keller der Universität Trier. Dahinter liegt die Klimakammer der Biologen, ein kleiner, kühler Raum, gefüllt mit Terrarien. An einem der Glaskästen steht Philipp Böning und macht eine Klappe auf.
Die zwei Feuersalamander hinter dem Plexiglas sitzen da wie in Schockstarre. Dabei müssten sie eigentlich wissen, was jetzt kommt. Der Trierer Wissenschaftler steckt wie jeden Tag einen Schlauch in die Box und sprüht die Amphibien mit Wasser ab. Denn sie brauchen eine feuchte Haut.
Forscher wollen heimische Salamander retten
25 Salamander päppelt Philipp Böning jedes Jahr in Trier auf und vermittelt sie an private Züchter und die Zoos in Neuwied und Speyer. Und es gibt einen Grund, warum der Forscher so einen Aufwand betreibt. Seine Schützlinge gehören in der Region zu den Letzten ihrer Art. "Wir wollen diese lokale Linie der Salamander bewahren", sagt er.
Die Zoos sind für die schwarz-gelben Lurche ein vorübergehendes Zuhause. Zurück in die Natur können sie erst einmal nicht. Der Grund ist ein Pilz, der 2018 zum ersten Mal in der Eifel aufgetaucht ist und ein Massensterben der Lurche ausgelöst hat. Wissenschaftler wie der Trierer Professor Stefan Lötters nennen den Parasiten den Salamanderfresser, "weil er regelrecht Löcher in ihre Haut frisst." Ist ein Tier infiziert, habe es keine Chance zu überleben.
Tödlicher Pilz aus Asien eingeschleppt
Eigentlich stammt der Pilz aus Südostasien, wo die Amphibien vermutlich seit tausenden Jahren immun gegen ihn sind. Wie genau er auf unseren Kontinent eingeschleppt wurde, ist unklar. Forscher halten es aber für wahrscheinlich, dass der Tierhandel verantwortlich dafür ist.
Chinesische und vietnamesische Unken, Kröten und Frösche sind beliebte, exotische Haustiere. Möglich, dass sie ausgesetzt wurden und so den Pilz in die Umwelt brachten. Zuerst in die Niederlande, wo es das erste Salamandersterben gab, dann nach Belgien und in die Eifel, das Ruhrgebiet und zwei Regionen in Bayern.
Ausbreitung des Pilzes bleibt ein Rätsel für Forscher
Wie genau der Pilz sich ausbreitet, ist für die Forscher ein Rätsel. Möglich wäre es, dass die Sporen in Bächen mitschwimmen. Sie könnten aber auch am Fell von Tieren haften oder an Schuhen von Wanderern. Klar ist: Bisher lässt sich der Pilz nicht aufhalten. Dort, wo der Salamander heute vorkommt, kann er in ein paar Jahren schon verschwunden sein. In der Eifel gibt es laut den Wissenschaftlern kaum noch gesunde Populationen. Von der Nordeifel bis an die Mosel sterben die Tiere aus.
Bach in der Eifel war lange letzte Heimat der Salamander
Verschont blieb lange Zeit nur der Watzbach, ein kleines Gewässer in der Nähe von Prüm. "Warum wir gerade an diesem Standort noch Feuersalamander gefunden haben - dafür haben wir keine Erklärung", sagt Philipp Böning.
Doch auch diesen Bach hat der Pilz letztlich erreicht: "Wir finden nur noch sehr, sehr wenige Larven mit einem sehr, sehr hohen Aufwand." Diese Larven sind es, die die Forscher in der Klimakammer aufziehen.
Nach Salamandersterben bei Roetgen: Pilz verschwunden
Lange hatten die Forscher wenig Hoffnung, dass sie die Tiere wieder in die Freiheit entlassen können. Bis das Team um Lötters und Böning von einem Ereignis vor gut 20 Jahren erfahren hat.
2004 gab es schon einmal ein großes Salamandersterben am Vichtbach in der Nähe der nordrhein-westfälischen Gemeinde Roetgen. Die Tiere wurden damals konserviert und die Forscher konnten den "Salamanderfresser" nachweisen. Bemerkenswert ist allerdings, dass an dem Bach heute wieder gesunde Salamander leben.
Werden Salamander immun gegen den Pilz?
"Der Pilz kann also auch wieder verschwinden", sagt Lötters: "Was uns auch motiviert, weiterzumachen." Noch gibt es keine Erklärung für das Phänomen, nur eine Vermutung: Die Salamander könnten eine Resistenz gegen den Pilz entwickelt haben - so wie ihre Verwandten in Asien.
Das wäre nicht nur für Wissenschaftler und Amphibien-Fans eine gute Nachricht, sondern auch für das Ökosystem. Denn Studien belegen, dass die Salamander im Netz der Arten eine wichtige Rolle erfüllen. Wenn die kleinen Räuber ganz verschwinden, sagt Philipp Böning, könnte das den Mix der Arten im Wald für immer verändern.