Mindestens ein Mal in der Woche kommt Monika Rolef auf den Prümer Friedhof, um an der Gedenktafel für die zwölf Opfer der Explosionskatastrophe nach dem Rechten zu sehen. Vor zehn Jahren hatte sie das Mahnmal gestiftet. Die heute 84-Jährige kannte drei der Opfer persönlich. Auch Jahrzehnte später habe das Unglück nichts von seinem Schrecken verloren, erzählt die Prümer Ehrenbürgerin.
Franzosen lagerten tonnenweise Munition am Kalvarienberg ein
Prüm war im Zweiten Weltkrieg zu 92 Prozent zerstört worden. Vier Jahre später ist die im Wiederaufbau befindliche Stadt von den Franzosen besetzt. In einem ehemaligen Westwallbunker unter dem Prümer Kalvarienberg hatten die Franzosen mehr als 500 Tonnen Munition eingelagert, die zur Sprengung der Westwallbefestigungen dienen sollten.
Monika Rolef wächst zusammen mit ihrer Zwillingsschwester in der Innenstadt von Prüm auf. Die Eltern betreiben ein Milchgeschäft. Die Prümer hätten damals mit großer Sorge auf das Munitionsdepot geblickt, erinnert sich die Zeitzeugin: "Jeder hatte Angst aber man konnte ja nix machen. Der Apell war an die Franzosen alle Munition zu bergen und in den größten Bunker am Westwall, den Kalvarienberg zu bringen".
Prüm wird zum zweiten Mal dem Erdboden gleich gemacht
Am 15. Juli 1949 werden die schlimmsten Befürchtungen wahr, das Munitionslager brennt. Monika Rolef ist mit Freundinnen im Wald, als der Alarm ertönt. Sie und große Teile der Prümer Bevölkerung werden rechtzeitig evakuiert. Gegen 20:22 Uhr fliegt der Bunker in die Luft. Vom sieben Kilometer entfernten Schönecken kann die damals Neunjährige beobachten, wie 250.000 Kubikmeter Steine, Erde und Betonteile in die Luft geschleudert werden.
Bis heute hat Monika Rolef Beklemmungen, wenn sie an diesen Moment denkt: "Ich bekomme dann sofort einen Kloß in den Hals, ich muss mir dann in den Finger kneifen, um nicht sofort los zu heulen".
Zwölf Menschen überleben das Explosions-Unglück nicht
Zwölf Menschen sterben, 965 werden obdachlos. Monika Rolefs Vater war noch kurz vor der Explosion in die Stadt gefahren, um zu helfen. Die Detonation zerreißt ihm die Lunge. Er wird arbeitsunfähig, lebt noch viele Jahre mit quälender Atemnot. Dieser Tag im Juli 1949 verändert das Leben von Monika Rolef für immer: Sie und ihre Schwester müssen fortan den Vater im Betrieb ersetzen. Ihre Kindheit endet damals. Was die 84-Jährige bis heute schmerzt: Die Explosionskatastrophe wurde nie aufgeklärt.
Stadt Prüm gedenkt der Explosionskatastrophe
In der Prümer St. Salvator Basilika gedachte die Stadt am Abend der Katastrophe. Auch Monika Rolef hat neben weiteren Zeitzeugen an die Erlebnisse von damals erinnert. Sie möchte über die Tragödie sprechen, aber auch über den Mut und die Entschlossenheit der Prümer in diesem schicksalhaften Jahr: "Das ist eben wichtig, dass die Menschen nach der schrecklichen Katastrophe sich dran gemacht haben und mit Freuden aus diesem Trümmerfeld wieder diese Stadt haben aufleben lassen.“