Als Karl Sibelius 2015 als neuer Generalintendant ans Theater Trier gekommen ist, war die Stadtverwaltung davon überzeugt, einen Glücksgriff gemacht zu haben. Erstmals war in Trier ein Intendant nicht nur für den künstlerischen Teil des Theaters verantwortlich, sondern auch für die Verwaltung. Man sparte also den Posten und das Gehalt eines Verwaltungsdirektors, indem man jemanden als Generalintendanten einsetzte, der alles in Personalunion machte.
Sibelius rockt Theater Trier
"Verrückt Euch" war das Motto, das Karl Sibelius für seine erste Spielzeit 2015/2016 am Theater Trier ausgab. Gleich fünf Musicalpremieren gab es. Für Eintrittskarten gab es das Konzept "Zahl was du willst" und eine neue Spielstätte im ehemaligen Walzwerk in Trier-Kürenz gleich dazu.
Die Seitenfassade des Theaters ließ er von Graffiti-Künstlern knallbunt besprühen, inclusive eines riesigen Sibelius-Portraits. Der Intendant stand auch selbst auf der Bühne, er galt als eine schillernde Persönlichkeit.
Etatüberschreitung fällt 2016 auf
Die opulenten Inszenierungen und die aufwendigen Bühnenbilder kosteten Geld. Geld, das im Etat des Theaters Trier nicht vorgesehen war. Im Mai 2016 fällt auf: der Etat des Theaters ist überzogen. So sehr, dass die Stadtverwaltung einen zusätzlichen Kredit von einer Million Euro aufnehmen muss, um das Theaterdefizit zu decken.
Vertrag mit Sibelius wird aufgelöst
Im November 2016 beschließt der Stadtrat Trier, den Vertrag mit Sibelius vorzeitig aufzulösen. Dieser sollte eigentlich bis 2020 laufen. Die Stadt muss eine Abfindung von 300.000 Euro zahlen. Nach dem Bericht des Rechnungsprüfungsamtes der Stadt Trier hatte Sibelius 2015 den Theateretat um 1,3 Millionen Euro überschritten, 2016 um 1,7 Millionen Euro.
Anzeige gegen Sibelius
Der finanzielle Schaden für die sowieso überschuldete Stadt Trier ist enorm, der Imageschaden für das Theater auch. Im November 2016 erstattete eine Fraktion des Stadtrats Anzeige gegen Sibelius. Die Staatsanwaltschaft wertete den Rechnungsprüfungsbericht der Stadt Trier aus und leitete Mitte 2017 ein Ermittlungsverfahren gegen Sibelius ein.
Der Prozess vor dem Landgericht Trier
Etwa viereinhalb Jahre haben die Ermittlungen gegen Karl Sibelius wegen des Verdachts der Untreue gedauert. Im Januar 2022 hat die Staatsanwaltschaft Trier Anklage gegen den ehemaligen Intendanten erhoben. Jetzt, acht Jahre nach dem Zeitraum, auf den sich die Vorwürfe beziehen, beginnt am Landgericht Trier der Prozess wegen Untreue. Die Anklageschrift ist 53 Seiten lang, sagte Rechtsanwalt Andreas Ammer. Er ist der Verteidiger von Sibelius.
"Es geht in diesem Prozess nicht darum, ob Karl Sibelius ein guter Intendant gewesen ist oder ob er den Laden gut geführt hat", betont Ammer. "Der Punkt ist, ob er sich strafbar gemacht hat." Dabei sei klar, dass Sibelius sich nicht einen einzigen Euro in die eigene Tasche gesteckt habe. Er habe auch kein Geld zweckentfremdet, sondern alles fürs Theater ausgegeben.
Viele Zeugen werden aussagen
Für den Prozess am Landgericht Trier sind zunächst vier Verhandlungstage bis 19. September geplant. Viele Zeugen sollen aussagen. Karl Sibelius selbst wird sich womöglich am zweiten Verhandlungstag zu den Vorwürfen äußern, so sein Anwalt. Sibelius arbeitet inzwischen als Psychotherapeut in Linz in Österreich.