SWR Aktuell: Herr Molitor, was sind für Sie die drei größten Aufgaben in der Stadt Trier in den kommenden Jahren?
Michael Molitor: Wir müssen die Innenstadt stärken und wieder dahin zurückführen, wo sie mal gewesen ist. Bereits vor der Corona-Pandemie war ja der Niedergang der Innenstadt absehbar. Die Pandemie war nur der Verstärker dieser Entwicklung. Von daher müssen wir schauen, wie wir die Innenstadt wieder besser inhabergeführt aufbauen können.
Das zweite wichtige Thema ist meiner Ansicht nach, wie wir Wirtschaftskraft nach Trier bringen können. Wir haben nicht den Platz für große Industriegebiete. Wir müssen schauen, wie wir mit der Universität und der Hochschule erfolgreiche Start-Ups gründen können. So werden wir Wirtschaftskraft nach Trier bringen.
Und das dritte Thema ist das Vereinsleben - insbesondere in den Stadtteilen. Die Vereine brauchen mehr finanzielle Unterstützung. Es sind die Vereine und die Stadtteile, die den Alltag der Menschen gestalten. Diese müssen wir unterstützen.
SWR Aktuell: Was sind Ihrer Ansicht nach die größten Fehlentscheidungen der Stadt in den letzten Jahren gewesen?
Molitor: Es wurde in den letzten Jahren zu viel auf die Krisen geschoben. Die Krisen sind doch nur eine Lupe dessen, was wir an Problemen haben. Sich darauf jetzt auszuruhen, kommt mir ein bisschen zu kurz.
"Man hätte die letzten acht Jahre nutzen müssen, um langfristige Pläne zu entwickeln und diese auch durchzuarbeiten. Das fehlte mir."
SWR Aktuell: Wie stehen Sie zu Tempo 30 in der Innenstadt?
Molitor: Man sollte abwägen, wo es Sinn macht. Tempo 30 da, wo es nötig ist, zum Beispiel an Schulen, Kindergärten oder natürlich als lärmreduzierende Maßnahme.
Der Autoverkehr muss fließen und an bestimmten Stellen auch zügig fließen.
"Es muss kein Dogma sein, überall Tempo 30 einzusetzen."
SWR Aktuell: Wie stehen Sie zum Moselaufstieg zwischen Trier-Zewen und Igel? Muss dieser kommen?
Molitor: Er muss kommen. Es ist schon lange an der Zeit, dass der Moselaufstieg kommt. Der Bund weiß Bescheid.
SWR Aktuell: Inwieweit war es Ihrer Ansicht nach ein Fehler, das Krankenhaus in Trier-Ehrang zu schließen?
Molitor: Das war ein großer Fehler. Man sieht doch heute an der Notfallversorgung jeden Tag, dass Ehrang weggefallen ist und die beiden großen Trierer Kliniken das nur schwer auffangen können.
Es braucht einen Gesundheitsstandort in Ehrang. Meines Erachtens braucht man dort auch ein Krankenhaus. Die Stadt Trier hätte sich stärker für den Erhalt einsetzen müssen.
"Die Stadtspitze muss mit den Menschen auf die Straße gehen und für ein Krankenhaus kämpfen. Selbst wenn man weiß, dass Krankenhausfinanzierung Ländersache ist."
Die Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie in Ehrang war bereits im Mai 2020 geschlossen worden. Auch damals ist niemand für die Betroffenen auf die Straße gegangen und hat sich für sie eingesetzt.
SWR Aktuell: Hätte das Jugend- und Kulturzentrum Exhaus Ihrer Ansicht nach saniert werden müssen?
Molitor: Das Exhaus hätte in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten schrittweise saniert werden müssen. Nun steht es leider marode da.
Mein Ziel ist es, das Exhaus zu sanieren - wohlwissend, dass die Stadt Trier dazu alleine finanziell nicht in der Lage ist. Ich werde versuchen, Fördergeld von Land und Bund oder von anderen Initiativen zu bekommen.
"Die Idee des Exhauses muss dringend weiterleben."
SWR Aktuell: Wir haben im Moment hohe Gas- und Energiekosten. Das belastet viele Familien in Trier. Was kann die Stadt Trier konkret tun, um den Menschen zu helfen?
Molitor: Die Energiekrise stellt uns alle vor große Herausforderungen. Das betrifft die kleinen Familien mit geringem Einkommen und auch große Unternehmen, die natürlich auch hohe Kosten haben. Wir müssen als Stadt schauen, dass wir gemeinsam mit Land und Bund Lösungen finden. Wir können Lösungsansätze bieten, wie man Energie sparen kann. Alleine als Stadt Trier werden wir das aber nicht schaffen.
SWR Aktuell: Sie sind bislang politisch eher unerfahren. Mal ehrlich: Ist Oberbürgermeister von Trier nicht eine Nummer zu groß?
Molitor: Auf keinen Fall. Ich bin seit vielen Jahren mitverantwortlich für gut 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Brüderkrankenhaus Trier. Ich bin auch nah an den Mitarbeitenden, die zum Großteil in der Stadt und in den Stadtteilen von Trier leben.
"Ich kenne die Sorgen und Nöte der Menschen in Trier sehr gut."
Ich bin ein Typ, der Dinge anpacken will. Und das kann ich. Ich war mitverantwortlich für das Corona-Gemeinschaftskrankenhaus. Ich war einer derjenigen, der die Auswirkungen der Amokfahrt vor Ort geregelt hat in meiner Funktion im Brüderkrankenhaus in Trier.
Nach der Hochwasserkatastrophe in Trier-Ehrang habe ich mir die Nächte um die Ohren geschlagen, um Seniorinnen und Senioren aus dem Ehranger Krankenhaus aufzunehmen. Nein, das Amt des Oberbürgermeisters ist keine Nummer zu groß für mich.
"Wir haben einen Oberbürgermeister, der die Stadt nach außen gut repräsentiert. Ich habe in der zweiten Reihe die Dinge umgesetzt."
SWR Aktuell: Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) ist in der Öffentlichkeit sehr präsent und wird parteiübergreifend geschätzt. Warum rechnen Sie sich dennoch Chancen bei der OB-Wahl aus?
Molitor: Weil ich den Bürgerinnen und Bürgern wieder das Gefühl geben will, dass sie diejenigen sind, die die Stadt prägen. Nicht Wolfram Leibe prägt die Stadt, sondern die Triererinnen und Trierer prägen die Stadt.
"Die Bürgerinnen und Bürger sollen wieder in den Vordergrund gerückt werden."
SWR Aktuell: Selbst der Trierer CDU-Chef traut Ihnen nur eine Außenseiterrolle zu. Wie schwer ist es, gegen diesen innerparteilichen Gegenwind anzukämpfen?
Molitor: Diese Auseinandersetzungen führe ich, seitdem ich gesagt habe, dass ich für das Amt des Oberbürgermeisters kandidieren möchte. Die letzten acht Monate gehören zu den spannendsten Monaten meines Lebens.
"Ich will das unbedingt bis zum 25. September zu Ende führen. Und dann schauen wir mal, was aus dem Außenseiter wird."