Das Minutenprotokoll der Stadt

Hochwasser: Warum Trier-Ehrang so spät evakuiert wurde

Stand

Trier-Ehrang am Donnerstagmorgen: die Hochwasserlage scheint sich zu stabilisieren. Dann plötzlich doch die Evakuierung. Zu spät? Was an diesem Morgen und in der Nacht passierte:

Stunden bevor die Kyll, die in Trier-Ehrang in die Mosel mündet, zum reißenden Strom anschwillt, erreichen den SWR am 14.07.2021 erste Bilder seiner Reporter vom steigenden Hochwasser in der Eifel.

+++ 14.07.2021 12:27 Uhr +++

Der Campingplatz in Oberweis im Eifelkreis Bitburg-Prüm muss geräumt werden. Die Prüm tritt über die Ufer.

Die Hochwasser-Lage in der Eifel spitzt sich zu - wie hier am Campingplatz in Oberweis im Eifelkreis Bitburg-Prüm.
Das Hochwasser kommt. Der Campingplatz in Oberweis im Eifelkreis Bitburg-Prüm muss geräumt werden.

+++ 14.07.2021 15:00 Uhr +++

Erste Bilder aus Rommersheim lassen erahnen, was auf die Eifel und die Region Trier zukommt.

+++ 14.07.2021 15:49 Uhr +++

Die Stadt Trier teilt mit, dass wegen des steigenden Moselpegels der Alarm- und Einsatzplan für Pfalzel und Ehrang umgesetzt wird. Die Berufsfeuerwehr sei bereit, jederzeit zu reagieren. Auch die Nebenflüsse wie Kyll und Ruwer seien im Fokus, heißt es in einer Pressemitteilung.

+++ 14.07.2021 16:53 Uhr +++

Das rheinland-pfälzische Klimaschutzministerium spricht in einer Pressemitteilung von einer angespannten Hochwasserlage im Land. Von Ministerin Anne Spiegel (Grüne) heißt es: Das Land nehme die Lage ernst, auch wenn kein Extremhochwasser drohe. Man informiere auf der Website des Hochwassermeldedienstes auch über die Lage an kleineren Flüssen. Damit ermögliche man den Landkreisen und kreisfreien Städten, frühzeitig Schutzmaßnahmen einzuleiten. Das Land sei gut vorbereitet.
Die Staatskanzlei teilt im Nachhinein mit, die Pressemitteilung sei im Zusammenhang mit einer "Aktuellen Stunde" im Landtag zum Thema: "Extremhochwasser" am 14.7. verfasst und verspätet verschickt worden. Warn-Meldungen würden vom Land nie über eine Pressemitteilung abgegeben.

+++ 14.07.2021 17:15 Uhr +++

Im Eifelkreis Bitburg-Prüm wird die Situation dramatisch. Der Kreis übernimmt die Einsatzleitung der Hochwasserkatastrophe.

+++ 14.07.2021 20:46 Uhr +++

Der Vulkaneifelkreis ruft den Katastrophenfall aus. Wenig später auch der Eifelkreis.

+++ 14.07.2021 23:46 Uhr +++

Auch im Landkreis Trier-Saarburg wird der Katastrophenfall ausgerufen. Kordel an der Kyll, nur wenige Kilometer oberhalb von Trier-Ehrang, wird auf die Teilevakuierung vorbereitet. Später muss ein Altenheim geräumt werden. Die Kyll wird den Ort in dieser Nacht so hoch überfluten wie noch nie zuvor.

Morgendliche Aufräumarbeiten in Kordel
In Kordel stand die Kyll noch nie so hoch

+++ 15.07.2021 6:14 Uhr +++

Von der Kyll in Kordel und Erdorf erhalten die Einsatzkräfte der Trierer Feuerwehr die Information über sinkende Pegelstände. In Trier-Ehrang stagniert der Pegel. Zusätzliche Kräfte, die bei einer möglichen Evakuierung helfen sollten, werden wieder abgezogen. Dem SWR teilte die Stadt mit, es habe zu diesem Zeitpunkt so ausgesehen, als gehe es glimpflich aus.

+++ 15.07.2021 6:53 Uhr +++

Die Stadt Trier teilt mit, dass in der Nacht gegen 3:00 Uhr 1.600 Menschen in Trier-Ehrang mit Durchsagen darauf vorbereitet wurden, ihre Häuser möglicherweise kurzfristig verlassen zu müssen. Weiter heißt es in der Pressemitteilung, dass der Scheitelpunkt der Kyll um 6:15 Uhr erreicht zu sein schien, ohne dass Wasser über die Deiche lief. Eine Evakuierung sei deshalb nicht nötig gewesen.

+++ 15.07.2021 7:48 Uhr +++

Plötzlich Meldungen über steigende Pegel in Kordel. Auch in Ehrang steigt das Wasser stark an.

Quelle: Antwort der Stadt Trier auf eine Anfrage des SWR zur Chronologie der Ereignisse

Eindrücke Hochwasser Trier Ehrang
Die Feuerwehr versucht in Trier-Ehrang die Kyll abzuhalten. Später schießt das Wasser in den Stadtteil.

+++ 15.07.2021 8:27 Uhr +++

Feuerwehr-Einsatzleiter Andreas Kirchartz erteilt den Befehl, die Evakuierung Ehrangs vorzubereiten.

Quelle: Antwort der Stadt Trier auf eine Anfrage des SWR zur Chronologie der Ereignisse

+++ 15.07.2021 8:49 Uhr +++

Befehl zur Evakuierung Trier-Ehrangs. Die Feuerwehr löst erneut Vollalarm aus, alle verfügbaren Kräfte werden nach Ehrang geleitet. Per Durchsagen wird die Evakuierung an die Bevölkerung durchgegeben und die Feuerwehren gehen von Haus zu Haus, klingeln und fordern die Bewohnerinnen und Bewohner auf, die Häuser sofort zu verlassen.

Quelle: Antwort der Stadt Trier auf eine Anfrage des SWR zur Chronologie der Ereignisse

+++ 15.07.2021 9:59 Uhr +++

Nur eine Stunde später tritt die Kyll über die Ufer. Menschenleben sind in Gefahr. Rettung mit Booten und Radladern beginnt.

Quelle: Antwort der Stadt Trier auf eine Anfrage des SWR zur Chronologie der Ereignisse

1.600 Menschen aus Trier-Ehrang evakuiert
Insgesamt mussten 4000 Menschen in Trier-Ehrang ihre Häuser verlassen.

+++ 15.07.2021 10:20 Uhr +++

Das Wasser hat einen derartigen Druck, dass entgegen der ursprünglichen Annahmen auch der Bereich östlich der Bahn überflutet wird und auch das Krankenhaus und das Altenheim bedroht sind.

Quelle: Antwort der Stadt Trier auf eine Anfrage des SWR zur Chronologie der Ereignisse.

Ein großes Problem für die Stadt Trier bei der Gefahreneinschätzung war nach eigenen Angaben, dass die Daten des Hochwassermeldezentrums von den Kyll-Pegeln in Kordel und in Densborn nicht verlässlich waren. Die Pegel hätten die Höhen teils gar nicht mehr messen können. Außerdem sei in der Eifel der Strom ausgefallen, sodass keine Daten mehr übermittelt wurden.

Kyllpegel mussten geschätzt werden

Die Berufsfeuerwehr Trier habe daher über die eigenen Kanäle Kontakt mit den Wehren in Kordel und Ehrang auf, um Pegelstände zu bekommen. Teilweise konnte der Pegel in Kordel nach Rücksprache mit dem Hochwassermeldezentrum nur geschätzt werden. Nach Angaben der Stadt Trier waren die Pegel der Kyll in dieser Nacht fast doppelt so hoch wie beim Rekordhochwasser 1993. Für ein Hochwasser dieser Größenordnung gebe es kein Szenario.

Bitburg

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Nach der Flutkatastrophe in der Region Trier kritisiert der Eifelkreis die Warn-Meldekette. Im Krisenstab seien keine Warnungen anderer Behörden eingegangen, sagt der erste Beigeordnete Rudolf Rinnen (Freie Wähler).

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SWR