Mit Plakaten wie "Keine Massenunterkunft in Michelbach", "Michelbach soll Zukunft haben" oder "Investor reich - Dorf tot" protestierten die Demonstranten am Donnerstag lautstark gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft in dem leerstehenden Hotel Huschens, das zentral in der Mitte von Michelbach, einem dörflichen Stadtteil von Gerolstein, liegt.
Man konnte am Donnerstag meinen, der ganze 90-Einwohner-Ort sei auf den Beinen und aus den Nachbarortschaften seien weitere Demonstranten als Verstärkung gekommen. Die Michelbacher sind wütend, das wurde am Donnerstag klar. Wütend auf den Landkreis Vulkaneifel und wütend auf Landrätin Julia Gieseking (SPD).
Landrätin soll mit Investor Fakten geschaffen haben
Seit mehreren Tagen brodelt es in dem Dorf. Die Menschen werfen der Landrätin vor, zusammen mit einem Investor Fakten geschaffen zu haben, ohne die Bürger rechtzeitig vorher zu informieren. Erst vor wenigen Tagen haben die Einwohner erfahren, dass schon im Februar bis zu 60 Geflüchtete kommen sollen.
Für den Donnerstagnachmittag hatte der Kreis eigentlich zu einer Infoveranstaltung mit dem Investor geladen, der das alte Hotel gekauft haben soll. Auf eine geschlossene Veranstaltung wollten sich viele in Michelbach aber nicht einlassen.
Demonstranten bezeichnen Landrätin als Lügnerin
Daher hatten sie für den gleichen Zeitpunkt zur Demonstration aufgerufen und die Landrätin aufgefordert, sich vor dem Hotel öffentlich den Bürgerinnen und Bürgern zu stellen. Die Landrätin trat auch tatsächlich vor die Menge und musste sich einiges anhören.
"Lügnerin, Lügnerin, Lügnerin", skandierten einige und hielten der Landrätin vor, der Investor habe das Hotel bestimmt erst gekauft, nachdem er von der Landrätin die Zusage bekommen habe, dass dort Flüchtlinge einquartiert werden. Sie müsse es also schon länger gewusst haben, habe das Dorf aber im Unklaren gelassen.
Außerdem habe sie mit dem Investor bekanntlich vollendete Tatsachen geschaffen, sagte ein Demonstrant. Wenn der Kreis jetzt einen Rückzieher machen würde, müsse er mit Regressansprüchen des Investors rechnen.
Gieseking sieht keine Alternative zu Michelbach
Die Landrätin hielt den Menschen entgegen, dass es keine wirkliche Alternative zum Hotel Huschens gibt. Außerdem solle man doch mal in das zwölf Kilometer entfernte Dörfchen Desserath gucken, wo auch Geflüchtete in einem kleinen Dorf lebten und es gut laufe. Sofort riefen einige wieder: "Lügnerin, Lügnerin!" In Desserath werde doch alles nur beschönigt, sagten einige Demonstranten.
CDU-Antrag mehrheitlich angenommen Stadtrat Gerolstein stellt sich gegen Flüchtlingsunterkunft
Der Stadtrat Gerolstein hat sich am Mittwochabend mit großer Mehrheit gegen eine geplante Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete im Stadtteil Michelbach ausgesprochen.
Eine Frau warf der Landrätin vor, sie wolle die zu verteilenden Flüchtlinge doch nur in Michelbach loswerden und sich gar nicht kümmern. Deshalb habe sie bei diesem Investor eine Art Rundum-Sorglos-Paket bestellt. Die Menschen im Dorf müssten die Suppe nun auslöffeln, so die Demonstrantin.
Michelbacher wollen nicht von rechts vereinnahmt werden
Als ein Kreisvertreter den Demonstranten vorhält, man müsse doch nicht immer gegen Flüchtlinge sein, wird die Stimmung vor dem Hotel hitzig. Die Michelbacher fühlen sich verunglimpft, weil sie nicht mit Ausländerfeindlichkeit oder Rechtsextremen in Verbindung gebracht werden wollen.
Das bekam auch das Kamerateam eines als rechtspopulistisch geltenden Onlinemagazins aus Berlin zu spüren. Dessen Reporter waren eigens angereist, bekamen aber von einigen Menschen zu hören: "Mit Ihnen spreche ich nicht!"
Eine Demonstrantin brachte es gegenüber der Landrätin nochmals auf den Punkt: "Wir sind hier in Michelsbach überhaupt nicht gegen Flüchtlinge und auch nicht rechts. Wir sind nur gegen die Vorgehensweise, wie der Kreis Vulkaneifel und Sie mit uns umspringen."
Im Gespräch mit dem SWR sagte Landrätin Gieseking nach der Demonstration: "Wir haben im Landkreis Vulkaneifel einfach momentan keine anderen Unterkünfte und deswegen können wir auch von diesem Projekt nicht absehen."
Sie könne verstehen, dass die Bürgerinnen und Bürger Vorbehalte haben und sich überrumpelt fühlen. Sie hoffe aber, dass diese Vorbehalte überwunden werden. Man werde versuchen, erst einmal geflüchtete Familien in Michelbach unterzubringen, auch werde nicht alles sofort belegt sein.
Stadtrat Gerolstein mehrheitlich gegen das Vorhaben
Der Stadtrat Gerolstein hatte sich am Mittwochabend mit großer Mehrheit gegen eine geplante Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete im Stadtteil Michelbach ausgesprochen. Ein entsprechender Antrag der CDU-Fraktion wurde mehrheitlich angenommen. In dem Antrag heißt es, Landrätin Julia Gieseking (SPD) solle ihre Pläne zurücknehmen. Dem Antrag schloss sich sogar die SPD-Fraktion an.