Naturschutz statt Ackerbau

Flut bringt Eifeler Landwirt zum Umdenken

Stand
Autor/in
Silja Friedrich

Der Hof von Robert Lichter in Ließem wurde zwei Mal von Hochwasser und Starkregen schwer getroffen. Der Landwirt sah darin ein Zeichen der Natur - und beschloss, etwas zu ändern.

Robert Lichter steht wehmütig vor seinem ehemaligen Kälberstall. Wo früher seine Milchkühe standen, ist jetzt jede Menge Platz - der Stall ist leer. Der Eifeler Landwirt ist in der Gegend bekannt, sein Milchviehbetrieb galt als Vorzeigehof. Der 57-Jährige hat jetzt aber noch mal ganz von vorne angefangen, als Naturpfleger. Grund dafür waren zwei Flutkatastrophen, sagt er.

Flutwellen vernichteten Existenz

Es war der 10. Juni 2018, der das Leben der Familie komplett veränderte. Starkregen führte innerhalb von zwei Stunden zu einer Tsunamiwelle, erinnert sich Robert Lichter. Die Welle riss alles fort: Futter, Getreide und Maschinen - auch die Kälber. Die wirtschaftlichen Schäden dieser Flut seien gewaltig gewesen, sagt Lichter.

Der Kälberstall war mehrfach von der Flut betroffen. Er wurde geräumt und saniert. Der Landwirt ist überzeugt, dass die Überschwemmungen auf den Klimawandel zurückzuführen sind.
Der Kälberstall war mehrfach von der Flut betroffen. Er wurde geräumt und saniert. Der Landwirt ist überzeugt, dass die Überschwemmungen auf den Klimawandel zurückzuführen sind. Bild in Detailansicht öffnen
Nur ein paar Rinder sind geblieben. Im Sommer setzt Robert Lichter die Tiere als natürliche Rasenmäher auf den eigenen, extensivierten Flächen am Hof ein. Der Landwirt hat seinen ursprünglichen Betrieb aufgegeben, weil Starkregen ihn zum Umdenken gebracht hat.
Nur ein paar Rinder sind geblieben. Im Sommer setzt Robert Lichter die Tiere als natürliche Rasenmäher auf den eigenen, extensivierten Flächen am Hof ein. Der Landwirt hat seinen ursprünglichen Betrieb aufgegeben, weil Starkregen ihn zum Umdenken gebracht hat. Bild in Detailansicht öffnen
Die durch den Klimawandel verursachte Flutkatastrophe hatte auch den ehemaligen Pferdestall verwüstet. Jetzt steht er Feriengästen zur Verfügung.
Die durch den Klimawandel verursachte Flutkatastrophe hatte auch den ehemaligen Pferdestall verwüstet. Jetzt steht er Feriengästen zur Verfügung. Bild in Detailansicht öffnen
Die ehemalige Ackerfläche ist als Ausgleichsfläche für den Naturschutz in eine Magerwiese umgewandelt worden. So soll die Fläche bei Starkregen viel Wasser aufnehmen.
Die ehemalige Ackerfläche ist als Ausgleichsfläche für den Naturschutz in eine Magerwiese umgewandelt worden. So soll die Fläche bei Starkregen viel Wasser aufnehmen. Bild in Detailansicht öffnen
Die Zaunpfähle markieren auf dem ehemaligen Ackerland die Schnittbegrenzung. Während die Magerwiese einmal im Jahr gemäht wird, soll der abgegrenzte Bereich zum Bachlauf hin als Brut- und Nistfläche unberührt bleiben.
Die Zaunpfähle markieren auf dem ehemaligen Ackerland die Schnittbegrenzung. Während die Magerwiese einmal im Jahr gemäht wird, soll der abgegrenzte Bereich zum Bachlauf hin als Brut- und Nistfläche unberührt bleiben. Bild in Detailansicht öffnen
Um eine Streuobstwiese zu erreichen, hat Landwirt Robert Lichter knapp 50 Obstbäume gepflanzt. Die Bäume werden im Laufe der Jahre Schatten spenden und damit einige Folgen des Klimawandels wie höhere Temperaturen abschwächen.
Um eine Streuobstwiese zu erreichen, hat Landwirt Robert Lichter knapp 50 Obstbäume gepflanzt. Die Bäume werden im Laufe der Jahre Schatten spenden und damit einige Folgen des Klimawandels wie höhere Temperaturen abschwächen. Bild in Detailansicht öffnen
Auf rund 2000 Quadratmetern hat Landwirt Robert Lichter knapp 1050 Wildgehölze gepflanzt. So sollen Sträucher wie der wollige Schneeball, die Haselnuss, Holunder und Pfaffenhütchen nicht nur Nistplätze bieten, sondern Insekten und Vögel auch ernähren.
Auf rund 2.000 Quadratmetern hat Landwirt Robert Lichter knapp 1.050 Wildgehölze gepflanzt. So sollen Sträucher wie der wollige Schneeball, die Haselnuss, Holunder und Pfaffenhütchen nicht nur Nistplätze bieten, sondern Insekten und Vögel auch ernähren. Bild in Detailansicht öffnen
Für diese Magerwiesen wird die Ausgleichsfläche benötigt. Knapp 60 ha auf dem Flugplatz sollen durch die geplanten Maßnahmen versiegelt werden.
Für diese Magerwiesen wird die Ausgleichsfläche benötigt. Sie wird auf rund 40 Hektar bebaut. Bild in Detailansicht öffnen

Es habe zwei Jahre gedauert, bis sich der Betrieb wieder einigermaßen erholt habe. Dann sei der Hof bei der Flutkatastrophe 2021 erneut überschwemmt worden - wieder alles weg, wieder ein großer Schaden.

Wir mussten miterleben, dass innerhalb von zwei Stunden ein Lebenswerk komplett weggespült wurde.

Die Ereignisse haben Robert Lichter zum Nachdenken gebracht. Die Natur habe ihm eindeutige Signale gegeben, sagt er. "Wir mussten miterleben, dass innerhalb von zwei Stunden ein Lebenswerk komplett weggespült wurde."

Lichter sieht bei sich Mitschuld

Landwirt Robert Lichter sieht bei sich eine Mitschuld, beim Anbau von Mais, bei Monokulturen. Lichter ist klar, dass sich was ändern muss, dass er seine Arbeit ändern muss. Seine Idee: Die Umwandlung seiner Ackerflächen in sogenannte Ausgleichsflächen. 

Landwirt Robert Lichter auf einem Feld in der Eifel
Landwirt Robert Lichter glaubt, dass die moderne, intensive Landwirtschaft nicht gut für die Natur ist.

Die Naturwiesen sind als Ausgleich gesetzlich vorgeschrieben, wenn beispielsweise Straßen oder Industriegebiete gebaut werden. Lichter hatte Glück: Der Zweckverband Flugplatz Bitburg benötigte für seine Gewerbeflächen Ausgleichsflächen, wie sie Lichter hatte.

"Nach fast einem ganzen Jahr Verhandeln haben wir eine Lösung gefunden und 40 Hektar umgewandelt. Diese Flächen haben wir dann in artenreiches Grünland umgewandelt oder in Wildblumen Blumenwiesen", sagt Lichter. "Darunter auch meine Flächen entlang des Baches. Die sind jetzt Dauergrünland und können so mehr Wasser aufnehmen."

Bauernverband sieht Vorgehen kritisch

Der Bauernverband sieht die Umstellung von Ackerfläche in Naturschutzflächen kritisch. Zwar könne dies für einzelne Betriebe durchaus als weiteres Standbein dienen. Allerdings sollten ansonsten unrentable Flächen genutzt werden, statt Ackerflächen umzuwandeln. Ein Wegfall von Ackerfläche verursache höhere Pachtkosten für die übrigen Ackerflächen. Damit würden regionale Produkte teurer.

Naturschutz zeigt bereits nach zwei Jahren Erfolge

Robert Lichter sieht das nicht so. Der Eifeler Landwirt wandelt bereits seit 2022 seine Flächen nach und nach um und übernimmt die Pflege. Für ihn ist auch die Zusammenarbeit mit dem Zweckverband eine Win-Win-Situation: der Zweckverband Flugplatz Bitburg findet geeignete Flächen als Ausgleich und er bekommt Geld dafür, die Flächen zu pflegen und kann Naturschutz betreiben.

Seine Arbeit zeige bereits erste Erfolge, so würden sich immer mehr Tiere auf den unbewirtschafteten Flächen zeigen, sagt er. Die neue Arbeit als Naturschützer mache ihm auch wegen dieser Erfolge Spaß.

Heute bin ich froh, dass ich den Weg gegangen bin, der am Anfang erst mal ein bisschen ungewiss war.

"Ich bin froh, dass ich den Weg gegangen bin, der am Anfang erst mal ein bisschen ungewiss war", sagt Robert Lichter. Er würde sich freuen, wenn seine Kinder diese Arbeit später übernehmen. "Dann bleiben die Flächen der Familie und dem Naturschutz erhalten."

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