Regelmäßig bebt in Kreuzweiler im Kreis Trier-Saarburg die Erde. Wenn im Steinbruch bei Palzem der Dolomit freigesprengt wird, zittern im Schrank von Jürgen Boesen die Gläser. Wer die Fenster zu lange auflässt, kann den gelben Staub aus der Wohnung kehren.
"Damit haben wir seit Jahren schon Erfahrung", sagt der Ortsvorsteher. An diese Belastung hätten sich die Bürger gewöhnt. Doch die neuesten Pläne der saarländischen Firma Hippert sorgen in dem Ortsteil von Palzem für Widerstand.
Steinbruch würde Weinberge und Felder verschlingen
Das Unternehmen aus Perl plant in den nächsten fünf Jahren, den Steinbruch um 11,7 Hektar zu erweitern - und zwar in Richtung von Kreuzweiler. Bis auf 500 Meter würde die Anlage an das Dorf heranrücken, Weinberge und Felder verschlingen. "Das Loch wird fast doppelt so groß", sagt Boesen, der das nicht hinnehmen will.
Und damit ist er nicht alleine. Fast 100 Einwohner aus Kreuzweiler haben sich zusammengeschlossen, um sich gegen die Erweiterung des Steinbruchs zu wehren. "Ich kenne niemanden im Ort, der dafür ist", sagt Boesen: "Die Erweiterung darf nicht kommen, da gibt es keinen Kompromiss." Die Bürgerinitiave hat daher eine Stellungnahme aufgesetzt, in der sie fordert, die Pläne zu stoppen.
Viele Häuser in Kreuzweiler sind beschädigt
Vor allem sorgen sich die Bürger aus Kreuzweiler um ihre Häuser. Wer durch den Ort spaziert, sieht viele Risse an den Fassaden. Sie reichen oft vom Dach bis zum Boden. Die Anwohner glauben, dass sie von den Sprengungen herrühren. "Und wir haben natürlich die Befürchtung, dass, wenn die Sprengungen näher kommen, die Erschütterungen natürlich auch stärker werden", sagt Boesen.
Firma Hippert: "Wir nehmen die Einwendungen der Bürger sehr ernst"
Die Kritik der Bürger ist inzwischen auch im saarländischen Perl angekommen, wo die Firma Hippert ihren Sitz hat. In einer Presseerklärung schreibt die Geschäftsführung, sie nehme die Bedenken der Bürger "sehr ernst" und wolle eine "minimale Beeinträchtigung" der Nachbarn und Natur erreichen.
Dazu wolle man in Palzem die neueste Spreng- und Bohrtechnik zum Einsatz bringen. Zudem versichert die Firma, dass der Steinbruch nicht näher als 500 Meter an Kreuzweiler heranrücken wird. Jürgen Boesen traut diesen Aussagen allerdings nicht: "Woher sollen wir wissen, dass dann wirklich Schluss ist?" Außerdem wäre bereits der geplante Ausbau nach seiner Ansicht eine Zumutung für die Bürger, die ohnehin schon unter den Sprengungen zu leiden hätten.
Protest auch in der luxemburgischen Stadt Remich
Die Erschütterungen spüren und hören auch die Menschen auf der anderen Seite der Mosel. Dort liegt nur etwa 500 Meter Luftlinie vom Steinbruch entfernt die luxemburgische Stadt Remich. Wer sich dort auf den Straßen umhört, bekommt ebenfalls nichts Gutes über die Pläne der Firma Hippert zu hören.
Auch der Schöffenrat und der Bürgermeister von Remich sprechen sich gegen die Erweiterung des Steinbruchs aus. In einer schriftlichen Stellungnahme der Stadt heißt es, "die Lebensqualität der Bürger" werde durch Lärm und Staub verschlechtert. Zudem beklagten insbesondere Einwohner der Siedlung "Buschland" Risse an ihren Häusern.
Firma müsste ohne Erweiterung 30 Mitarbeiter entlassen
Die Stellungnahmen von Remich und Kreuzweiler werden nun ab kommender Woche von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord geprüft. Und auch Verbände wie der Bund für Umwelt- und Naturschutz haben einige kritische Worte zur Erweiterung des Steinbruchs geschrieben. Die Umweltschützer sehen zum Beispiel Kröten und Fledermäuse gefährdet.
Doch auch die Firma Hippert hat Argumente. Wenn das Unternehmen den Steinbruch nicht erweitern und weiterbetreiben kann, müsste es bis zu 30 Mitarbeiter entlassen, heißt es in einer Presseerklärung: "Zum einen wären die Mitarbeiter im Steinbruch betroffen. Zum anderen wäre auch der betriebseigene Lkw-Fuhrpark betroffen, weil wir vorwiegend unsere eigenen Produkte aus dem Steinbruch transportieren."
Bürgerinitiative will weiterkämpfen
Welche Interessen überwiegen - auch das ist nun Gegenstand des sogenannten Raumordnungsverfahrens, das derzeit läuft. Anschließend muss auch die Kreisverwaltung Trier-Saarburg die Erweiterung des Steinbruchs genehmigen.
Hierzu teilte ein Pressesprecher mit: "Ziel des Genehmigungsverfahrens ist es, Mensch und Umwelt vor unzumutbaren Auswirkungen der Anlage zu schützen." Auch hier haben Behörden, Bürger und Verbände die Möglichkeit, Einwände vorzubringen. Bis die Bagger einmal rollen, dürften also noch Jahre vergehen.
Für Jürgen Boesen und die Bürgerinitiative ist klar: Sie wollen weiterkämpfen. "Wir haben große Hoffnungen, dass die Behörden unsere Bedenken berücksichtigen und das Projekt ablehnen."