Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 63-jährige Angeklagte in den vergangenen zwei Jahren im Messengerdienst Telegram in Posts und Sprachnachrichten immer wieder gegen Juden gehetzt, den Holocaust verharmlost und mehrere Personen des öffentlichen Lebens beleidigt und verleumdet hat.
Ein Sachverständiger hatte vor Gericht zudem ausgesagt, dass die Angeklagte zumindest teilweise im Wahn gehandelt habe und deshalb nur eingeschränkt schuldfähig sei.
Gericht sieht keine Chance auf Besserung
Diesen Umstand berücksichtigte das Gericht beim Urteil. Die Staatsanwaltschaft hatte mehr als vier Jahre Freiheitsstrafe gefordert, die beiden Verteidiger plädierten dagegen auf einen Freispruch. Für sie sei nicht ausreichend bewiesen worden, dass die Angeklagte tatsächlich die Telegram-Kanäle erstellt und betrieben habe.
Weil die Angeklagte bereits vorbestraft ist und das Gericht auch keine Chance auf Besserung sieht, wird diese Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt. Die Verteidiger haben bereits angekündigt, Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen zu wollen und gegebenenfalls in Berufung oder Revision zu gehen.
Kein einfacher Prozess
Der Prozess galt als schwierig. Bereits am ersten Verhandlungstag gab es Verzögerungen, weil die Angeklagte nicht rechtzeitig im Gerichtssaal erschienen war. Später wurde sie für verhandlungsunfähig erklärt. Am Tag der Urteilsverkündung äußerte sich die Angeklagte in einem mehr als einstündigen eigenen Plädoyer zu den Vorwürfen. Dabei bezog sie sich auch immer wieder auf bekannte Gerichtsprozesse und Ermittlungsverfahren, bei denen es sich ihrer Meinung nach um Justizirrtümer handelt.
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Angeklagte spricht von Verschwörungstheorien
In ihren Aussagen fanden sich auch immer wieder verschiedene Verschwörungstheorien wieder. Dabei rief die Angeklagte auch die Zuschauerinnen und Zuschauer auf, sie bei ihren Ausführungen zu bestätigen. Das Publikum, das offenbar überwiegend aus Bekannten der Angeklagten bestand, reagierte immer wieder mit Zwischenrufen.
Lange Anklageschrift
Die Frau musste sich seit Mitte September unter anderem wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Verleumdung vor dem Amtsgericht in Bernkastel-Kues verantworten. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat ihr vorgeworfen rund 30 Straftaten begangen zu haben.
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Antisemitische Inhalte verbreitet
Die Taten sollen sich im Zeitraum von etwa Mitte Mai 2021 bis Mitte März 2023 ereignet haben. Die 63-jährige Angeklagte soll laut Generalstaatsanwaltschaft vor allem über einen Kanal auf dem Internetnachrichtendienst Telegram unter anderem antisemitische Inhalte veröffentlicht haben. Dabei soll sie in mehreren Fällen zu Hass gegen in Deutschland lebende Juden aufgestachelt und falsche Tatsachen über Amtsträger und Politiker verbreitet haben.
Frau als Querdenkerin bekannt
Die Angeklagte ist laut Gericht in der Region Trier als sogenannte Querdenkerin bekannt und vorbestraft. Zuletzt wurde sie nach Angaben des Amtsgerichts Bernkastel-Kues zu einem Jahr und zwei Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt, davor in einem anderen Verfahren zu einer Geldstrafe. Die Frau saß bereits seit April in Untersuchungshaft.