Wenn Winzer Felix Hemer durch die neuen Baumreihen im Weinberg seines Weinguts in Worms-Abenheim läuft, reißt er hier und da verwelkte Blätter ab. Ansonsten ist er aber sichtlich stolz. Schließlich spricht er selbst von einem "Pionierprojekt".
Etwa 85 Bäume hat das Weingut Hemer im letzten Jahr auf diesem neu angelegten Weinberg gepflanzt. Zwischen den zahllosen Rebzeilen, die hier ansonsten die Landschaft prägen, wachsen jetzt also in insgesamt fünf Reihen zum Beispiel Maulbeer-, Pfirsich- und Feigenbäume.
Monokultur Weinbau aufbrechen
"Die erste Intention war, die Monokultur Weinbau hier so ein bisschen aufzubrechen", sagt Hemer. Er ist der Meinung, dass Weinberge im Sommer natürlich auch eine schöne Landschaft seien. "Aber trotzdem fehlen so ein bisschen auch Landschaftselemente." Beispielsweise für Touristen, die durch die Weinberge laufen und einen Baum zum Hinsetzen suchen, so Hemer.
Mehr Schatten und mehr Biodiversität im Weinberg
Er und seine Onkel hätten aber auch schnell bemerkt, welche Vorteile die Bäume im Weinberg haben können, um die Folgen des Klimawandels zumindest etwas abzufedern.
Die Schatten der Bäume könnten das verhindern, so Hemer. Zusätzlich würden die Bäume die Biodiversität im Weinberg verbessern. Und was die Wasserversorgung der Reben angeht, könnten die Bäume laut Hemer eine Art "Pumpstation" sein. Durch ihre Wurzeln könnten sie nämlich Wasser aus den tieferen Erdschichten hochpumpen. Von diesem Wasser könnten dann auch die Reben profitieren.
Erstmal müssen die Bäume aber noch größer werden. Bis die ersten Effekte zu beobachten sind, könnte es noch etwa zehn Jahren dauern, schätzt der Winzer.
DLR in Oppenheim will mit Versuchsanlage Potential untersuchen
Das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum - kurz DLR - in Oppenheim (Kreis Mainz-Bingen) beobachtet auch, dass immer mehr Winzer Interesse an den sogenannten Vitiforst-Anlagen haben ("vitis" bedeutet "Weinrebe" auf Latein).
"Es ist schließlich eine Überlegung, wie man sich im Klimawandel aufstellt", sagt Beate Fader vom DLR. "In Frankreich, Italien und Spanien gibt es zum Beispiel schon etablierte Anlagen."
Das DLR will deshalb demnächst auch das Potential von Bäumen im Weinberg genauer untersuchen. Ab nächstem Jahr sollen auf einer Versuchsanlage in Nierstein zum einen die positiven Effekte nachgewiesen werden - zum anderen soll aber auch überprüft werden, ob es negative Effekte gibt.
Konkurrieren die Bäume mit den Reben um Wasser?
Laut Beate Fader wird zum Beispiel aktuell kontrovers diskutiert, ob die Bäume tatsächlich einen positiven Einfluss auf die Wasserversorgung der Reben haben. "Generell ist die Befürchtung, dass ein Baum im Weinberg eine Wasserkonkurrenz sein könnte." Genauso sei es aber auch möglich, dass die Reben - wie auch Winzer Felix Hemer hofft - von den Bäumen Wasser zu Verfügung gestellt bekommen und es die befürchteten Nachteile gar nicht gibt.
Klar ist aber, dass Vitiforst-Anlagen laut Fader vor allem für Weinberge interessant sind, die neu angelegt werden und weniger für bereits bestehende Weinberge. Schließlich müsse man mehr Platz zwischen den Reben und Bäumen einplanen, um auch weiterhin mit Maschinen und Traktoren die Reben bewirtschaften zu können.
Weingut Hemer will noch Schafe zwischen den Bäumen halten
Das ist ein Problem, das auch Felix Hemer vom Weingut Hemer in Worms-Abenheim betrifft. Er erzählt, dass die Rebzeilen direkt neben den Bäumen nicht mit dem Vollernter gelesen werden können. Außerdem muss die Grasfläche zwischen den Zeilen händisch gemäht werden.
Dafür soll es aber auch eine ökologische Lösung geben: "Da ist in naher Zukunft unser Ziel, dass wir das von Schafen beweiden lassen", sagt Felix Hemer. Wenn alles klappt, soll es also schon im kommenden Jahr in Worms-Abenheim zwischen den Reben nicht nur Bäume geben, sondern auch die ersten Schafe.