Der Chemiekonzern BASF schließt eine mögliche Stilllegung weiterer Anlagen am Stammwerk Ludwigshafen nicht aus. "Weitere Maßnahmen zur Anpassung von Anlagen werden derzeit geprüft und soweit erforderlich schrittweise umgesetzt", teilte Standortleiterin Katja Scharpwinkel am Donnerstag mit, ohne Details zu nennen.
Die Mehrzahl der Anlagen sei in ihren jeweiligen Märkten wettbewerbsfähig, so Scharpwinkel. "Unsere Ergebnisse zeigen aber auch, dass einzelne Anlagen und Produktionslinien aufgrund von mangelnder Wettbewerbsfähigkeit oder struktureller Unterauslastung keine ausreichenden Erträge mehr erzielen." Erste Maßnahmen seien bereits umgesetzt, etwa die Schließung der Anlagen für Adipinsäure, Cyclododecanon (CDon) und Cyclopentanon (CPon), die Ende August angekündigt worden seien.
Kosten durch "Maßnahmenpaket erheblich senken"
Zielsetzung für Ludwigshafen sei, "ein führender, nachhaltiger Chemiestandort für Europa und ein starker Eckpfeiler für den Erfolg von BASF" zu sein. Darüber hinaus werde der Konzern seine Strukturen außerhalb der Produktion in Ludwigshafen anpassen und die Kosten durch ein umfassendes Maßnahmenpaket erheblich senken, betonte Scharpwinkel. Wie bereits angekündigt, strebe BASF bis Ende 2026 jährlich fortlaufende Gesamteinsparungen von rund 2,1 Milliarden Euro an.
Gewerkschaft kritisiert verkündete Strategie
Die Chemiegewerkschaft IGBCE und der BASF-Betriebsrat kritisieren die vorgestellte neue Unternehmensstrategie. Es gehe nur darum, Kosten einzusparen. Das sei für die Zukunft zu wenig, hieß es in einer Pressemitteilung.
BASF-Betriebsratschef Sinisha Horvat sprach von "einer Zeit großer Ungewissheit". Er forderte, den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen von Ende 2025 auf 2030 zu verlängern. "Durch die vielen Sparprogramme fühlen sich die Beschäftigten ohnmächtig", so Horvat. Der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis bezeichnete das Zukunftskonzept der BASF als "ungenügend". Er vermisse Investitionszusagen in die Entwicklung neuer Produkte und Technologien.
Aktionäre bekommen erstmals seit 2010 weniger Dividende
Nicht nur auf die weltweit rund 112.000 Beschäftigten kommen härtere Zeiten zu, auch die Aktionäre müssen bluten. Die Dividende bei BASF wird erstmals seit 2010 gekürzt. Die direkte Gewinnbeteiligung solle in den kommenden Jahren bei mindestens 2,25 Euro je Aktie liegen, teilte der Konzern mit. Für 2023 hatte BASF noch 3,40 Euro je Aktie gezahlt. Bisher war erklärtes Unternehmensziel, die Dividende zu steigern oder zumindest zu halten.
Unklar, wie viele Stellen wegfallen
Der Chemieriese leidet unter Kostendruck und hohen Energiepreisen. Als Konsequenz hatte der Konzern bereits im Februar ein weiteres milliardenschweres Sparprogramm samt Stellenabbau und dem Schließen von Anlagen aufgelegt.
Für mehr Profitabilität soll insbesondere das Stammwerk Ludwigshafen als größter Produktionsstandort des Konzerns neu aufgestellt werden. Hier sollen laut dem jüngsten Sparprogramm bis Ende 2026 zusätzlich jährlich Kosten von einer Milliarde Euro eingespart werden. Wie viele Stellen in Ludwigshafen wegfallen werden, ist noch unklar. In dem Stammwerk arbeiten rund 38.000 Menschen.
Agrargeschäft soll an die Börse
Vorstandschef Markus Kamieth will den angeschlagenen Chemieriesen profitabler machen. So sollen Geschäftsteile an die Börse gebracht (Agrargeschäft) oder verkauft werden. Die neue Strategie sieht zudem eine stärkere Fokussierung auf das Kerngeschäft vor, wie Kamieth erläuterte. Er kündigte zudem flachere Hierarchien und weniger Bürokratie an.
Laut der Agentur Reuters ist die Sparte Agricultural Solutions unterbewertet, ein Teilbörsengang sei geplant, um deren Unternehmenswert zu steigern.
Landesregierung steht im Austausch mit BASF - CDU sieht Standortkrise
Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) betonte, die Landesregierung stehe in engem Austausch mit den energieintensiven Unternehmen des Landes und "selbstverständlich auch mit der BASF". Der Sparkurs des Konzerns verdeutliche, vor welchen Herausforderungen die Unternehmen in Deutschland derzeit stünden. "Es ist ganz klar: Jede weitere Belastung für unsere Wirtschaft ist eine zu viel. Wir müssen Auflagen und Regelungen abbauen und erleichtern", so Schmitt.
Für die CDU-Landtagsfraktion sind die Schwierigkeiten der BASF "ein bedrückender Beleg dafür, dass Deutschland längst in einer Standortkrise und nicht nur in einer Konjunkturkrise steckt“. Die Ursachen für diese Krise lägen in den nicht mehr wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen bei Bürokratie, Fachkräften und Energie, so der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Helmut Martin. "Hierfür tragen die Ampel-Regierungen in Bund und Land die Hauptverantwortung."
Trotz Sparkurs: erneuerbare Energien im Fokus
Trotz Sparkurses setzt der Chemiekonzern weiter auf den grünen Umbau für eine stärkere Nutzung von erneuerbaren Energien und Rohstoffen. Bis 2050 strebt das Unternehmen Netto-Null-Treibhausgasemissionen für die Produktion, den Energieeinkauf und den Rohstoffbezug an.