Die weiße Kapuze hat er sich tief in die Stirn gezogen. Oleg Zernikel erinnert an einen Astronauten, der sich auf seinen Flug ins All vorbereitet. Er steht in einem kleinen Labor auf dem Gelände der Kläranlage Landau.
Gerade hat er eine Wasserprobe aus dem Nachklärbecken entnommen und filtert nun die entnommene Probe. Ziel ist es, das Mikroplastik im Wasser mit einer chemischen Substanz sichtbar zu machen.
Zwischen Labor, Hörsaal und Trainingshalle
Oleg Zernikel ist ein vielbeschäftigter Mann. Sein Leben spielt sich derzeit zwischen Labor, Hörsaal und Trainingshalle ab. Sein Engagement im Umweltschutz ist ihm wichtig, er arbeitet etwa acht Stunden in der Woche für "Wasser 3.0". Das gemeinnützige Unternehmen entwickelt in verschiedenen Bereichen Lösungen für Wasser ohne Mikroplastik, etwa in der Forschung, Entwicklung und Bildung.
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Ein Karlsruher Start-Up-Unternehmen hat ein einfaches Verfahren entwickelt, um Mikroplastik aus dem Abwasser zu entfernen. Dafür gab es im vergangenen Jahr den Landesinnovationspreis.
Leistungssport und Umweltschutz
Sein Leistungssport und der Umweltschutz seien leider oft nicht so gut miteinander vereinbar, sagt Zernikel, der in Kasachstan geboren wurde. "Ich fahre mit dem Auto zu Wettkämpfen, weil ich meine Stäbe so am besten transportieren kann, das erzeugt natürlich Reifenabrieb. Ich muss auch oft meine Sportklamotten waschen", meint der 29-Jährige.
Straßenverkehr - nicht nur Abgase Mikroplastik: So gefährlich ist Reifenabrieb
Autoreifen sind für tonnenweise Abrieb verantwortlich. Das Material landet dabei oft in Gewässern und auf Äckern - und so möglicherweise auch im menschlichen Organismus.
Jedoch versuche er dann an anderen Stellen, mehr auf den Umweltschutz zu achten, etwa bei der Mülltrennung. Er versuche auch, öfter mit dem Fahrrad zu fahren. Mit seiner Arbeit in der Kläranlage, erzählt er, wolle er das globale Problem Mikroplastik den Menschen zugänglicher machen. Außerdem mache ihm die wissenschaftliche Arbeit Spaß.
Auf der Spur von Mikroplastik
"Eine Kläranlage ist ein Hotspot für Mikroplastikansammlungen", erklärt Zernikel. "Typische Haushaltsabwasser oder Abwässer aus industriellen Prozessen enthalten Mikroplastik und diese Abwässer werden über die Kanalisation in die Kläranlage abtransportiert."
Ein Teil werde hier innerhalb der drei Reinigungsstufen entfernt, ein Teil Mikroplastik gehe mit dem gereinigten Abwasser zurück in die Umwelt. "Um herauszufinden, wie viel das ist, nehmen wir Wasserproben und untersuchen sie auf Mikroplastik, um Datentransparenz zu schaffen", sagt Zernikel.
Bronze in Rom
Ortwechsel - eine Sporthalle in Landau. Oleg Zernikel im Trainingsanzug. Er ist konzentriert, ein Stab liegt fest in seinen Händen. Der Athlet bereitet sich auf seine nächsten Wettkämpfe vor. Seinen größten sportlichen Erfolg feierte Zernikel bei der Leichtathletik-Europameisterschaft in Rom in diesem Jahr.
Jubel in Landau Leichtathletik-EM: Landauer Zernikel holt Bronze in Rom
Toller Erfolg für Oleg Zernikel bei der Leichtathletik-EM in Rom: Der Stabhochspringer holte überraschend Bronze. Der Sieg ging - natürlich - an den schwedischen Überflieger Armand "Mondo" Duplantis, wenn auch ohne Weltrekord.
Enttäuschung in Paris
Auch bei den Olympischen Spielen in Paris war er dabei. Hier reichte es nur für den neunten Platz. "Als ich nach dem Sprung auf der Matte lag, habe ich eine Leere gespürt. Mein Gedanke war: Jetzt ist es vorbei. Es ist eine große Enttäuschung", sagt er immer noch nachdenklich.
Sportsoldat bei der Bundeswehr
Der Terminkalender von Oleg Zernikel ist immer voll. Neben dem Leistungssport und dem Umweltschutz ist er Sportsoldat und Student. "Die Bundeswehr erleichtert mir meinen Sport", erzählt er. "Ich bekomme im Monat finanzielle Unterstützung. So kann ich mich besser fokussieren. Vor etwa vier Jahren habe ich auf Minijobbasis im Baumarkt Paletten geschleppt und Lagerarbeiten gemacht." Gleichzeitig habe er versucht, sich für die Olympiade zu qualifizieren und sein Studium nebenbei durchzuziehen.
Zernikel studiert Umweltwissenschaften an der RPTU Landau (Rheinland-Pfälzische Technische Universität in Landau). Der Studiengang reize ihn, weil er viele spannende Fächer kombiniert - wie Physik, Ökologie und Genetik.
"Meine Zeit ist begrenzt"
Das Trommeln seiner Schuhe klingt durch die Halle. Mit dem Sprungstab fest in den Händen rennt er los, Trainingsroutine. Nach der Olympia-Enttäuschung in Paris sei er frustriert gewesen, erzählt der Athlet. Doch er habe sich wieder gefangen. Zernikel trainiert aktuell sechsmal die Woche und ist motiviert. Er weiß: "Meine Zeit ist begrenzt, ich bin 29. Vielleicht schaffe ich es noch bis Olympia in Los Angeles, wenn mein Körper mitmacht."
Wie es nach dem Ende seiner sportlichen Karriere weitergeht, ist noch offen. Aber klar ist: Oleg Zernikel ist ein Mensch, der sich die Latte immer hochlegt.