Für die Angehörigen der beiden ermordeten Männer ist es ein schwerer Gang in den Gerichtssaal: Viele von ihnen sind zum Prozessauftakt gegen den verurteilten Doppelmörder nach Frankenthal gekommen. Fünf Nebenklage-Anwälte vertreten ihre Interessen. Und die sind klar: Die Familien wollen, dass der Mann, der ihre Väter oder Ehemänner getötet hat, in Sicherungsverwahrung bleibt. Also lange im Gefängnis.
Die Tochter von einem der getöteten türkischstämmigen Unternehmer ruft dem Angeklagten in der Prozesspause auf türkisch etwas zu - und wird vom Justizbeamten verwarnt. Der Prozess reiße alte Wunden auf, sagt sie dem SWR am Rande der Verhandlung.
Entscheidung über Sicherungsverwahrung
Warum wird neu verhandelt? Im sogenannten Doppelmord-Prozess wird nach einem Entscheid des Bundesgerichtshofs (BGH) neu über eine mögliche Sicherungsverwahrung für den 56 Jahre alten Angeklagten verhandelt. Das heißt: Es geht nur um die Sicherungsverwahrung - ob sie bestehen bleibt oder nicht.
Der Mann war im September 2018 unter anderem wegen Mordes und erpresserischen Menschenraubs mit Todesfolge rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Landgericht sah es als erwiesen angesehen, dass der Mann mit türkischer Staatsbürgerschaft mit einer Komplizin und einem Komplizen am Tod der beiden Unternehmer beteiligt war. Sie waren 2016 unter einem Vorwand in eine Lagerhalle in Mannheim gelockt worden, dann wurde ihnen Geld abgepresst und sie wurden erdrosselt.
Bundesgerichtshof (BGH) sah "gravierende Mängel"
Alle drei Täter - die Frau und zwei Männer - waren 2018 zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden. Das Landgericht Frankenthal hatte für den Haupttäter auch eine anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet. Der Mann legte allerdings Revision ein. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits im März 2020 entschieden, dass die lebenslange Haftstrafe bestehen bleibt. Jetzt soll aber erneut über die Sicherungsverwahrung entschieden werden.
Alle drei Täter verbüßen zurzeit ihre Haftstrafen. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen den jetzt Angeklagten war vom Bundesgerichtshof (BGH) wegen "gravierender Mängel" zurückverwiesen worden - deshalb muss sie neu geprüft werden.
Angeklagter: "Unschuldig hineingeraten"
Der Angeklagte behauptete am Dienstag, er sei unschuldig an den Morden. Er sei von dem anderen Mittäter vergewaltigt und dabei gefilmt worden. Der andere habe ihn erpresst, nur deshalb habe er bei den Taten mitgemacht.
Der Vorsitzende Richter wendet sich direkt an den Angeklagten und mahnt, dass Gefangene mit Sicherungsverwahrung bis zu 29 Jahre im Gefängnis verbringen. Er fordert den Angeklagte auf, zu sagen, was mit den Rest des Lösegeldes von einer Millionen Euro passiert ist - rund 600.000 Euro, die verschwunden sind. Außerdem soll er berichten, was in den letzten Minuten vor dem Tod der beiden entführten Unternehmer passiert ist. Nur so bestehe Aussicht, dass die Sicherungsverwahrung aufgehoben werde.
Zu Beginn der Verhandlung hatte der Angeklagte behauptet, seine Pflichtverteidigerin habe sich ihr Mandat "erschlichen", deshalb müsse sie ausgetauscht werden. Der Richter sagte, es stehe dem Angeklagten frei, zu "lügen". Aber in diesem Verfahren gehe es hauptsächlich darum, zu sehen, ob der Angeklagte sich wandele und es verdiene, dass seine Sicherungsverwahrung aufgehoben wird.
Doppelmord an Unternehmern aus der Region
Der Doppelmord hatte damals in der Region für großes Aufsehen gesorgt: Eine Mittäterin des Angeklagten hatte Ende im November 2016 den wohlhabenden Bauunternehmer Ismael Torun aus Mutterstadt (Rhein-Pfalz-Kreis) und im Januar 2017 einen weiteren Unternehmer aus Brühl (Rhein-Neckar-Kreis) in einen Hinterhalt gelockt. Beide Männer wurden in einer Halle in Mannheim zunächst festgehalten, ihre Familien erpresst und die beiden Opfer schließlich erdrosselt. Das Trio hatte damals bei den Erpressungen knapp eine Million Euro erbeutet. Die Leichen der Opfer wurden in Ludwigshafen und in Bad Dürkheim gefunden.
Revisionsprozess von Komplizin erfolglos
Auch die Komplizin der beiden Männer aus Stuttgart hatte Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof hatte verfügt, dass das Landgericht Frankenthal auch ihren Fall neu verhandeln muss. Sie wurde im April 2021 erneut zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Bei allen drei Angeklagten wurde außerdem die besondere Schwere der Schuld festgestellt.
Für den aktuellen Prozess sind sechs Verhandlungstermine anberaumt.