Die ruhige Stimme von Yogatrainer Dieter Gurkasch klingt durch die holzgetäfelte Turnhalle der Justizvollzugsanstalt Frankenthal. Vor ihm sitzen rund 25 Häftlinge, die meisten haben die Augen geschlossen. "Tief einatmen", sagt Gurkasch, die Häftlinge folgen seinen Anweisungen und atmen tief ein. "Lange ausatmen", fährt Gurkasch mit dem spontanen Atemtraining fort.
Yogatrainer war schwer kriminell
Zuvor liest Trainer Gurkasch aber aus seiner Biografie vor: "Leben Reloaded: Wie ich durch Yoga im Knast die Freiheit entdeckte". Schon in den Auszügen wird schnell klar, Gurkasch war einer von den ganz harten Jungs.
Die Liste seiner Verbrechen ist lang: Raubmord, mehrfache räuberische Erpressung und eine Schießerei mit der Polizei gehören dazu. Auch aus dem Gefängnis ist er einmal ausgebrochen und einen Gefangenenaufstand hat er auch schon mitangezettelt. Insgesamt 25 Jahre saß er ein, berichtet er den Häftlingen, einige verbrachte er in Isolationshaft.
Schwerverbrecher hat sich durch Yoga stark verändert
Damals muss Gurkasch einschüchternd und aggressiv gewirkt haben. Alleine in der Zelle plagten ihn schwere Schuldgefühle. Er sah sich im ständigen Konflikt mit seiner Außenwelt, die Welt war für ihn Feindesland. Erst das Yoga habe ihn verändert, sagt er. Heute ist von seiner früheren Persönlichkeit nichts mehr zu spüren. Gurkasch strahlt Ruhe und Zuversicht aus.
Man merkt ihm an, er ist mit sich selbst im Reinen und hat mit seiner Vergangenheit abgeschlossen. Das gilt auch für den Mord, den er 1985 bei einem Raubüberfall begangen hat. Dabei verletzte er die Angestellte eines Geschäfts so schwer, dass sie im Krankenhaus an den Verletzungen starb. Gurkasch sagt, dass er bis heute keinen Kontakt zu den Angehörigen aufgenommen hat, weil das deren Wunden nur neu aufreiße. Und Kontakt zu suchen, nur damit es ihm selbst besser gehe, das sei egoistisch.
Erste Yoga-Übungen zeigen schon im Knast Wirkung
Die ersten Yoga-Übungen machte Dieter Gurkasch noch heimlich. Yoga galt als "Mädchensport", der nichts für harte Männer wie ihn war, sagt er heute. Doch die Übungen zeigten schnell Wirkung. Als erstes fiel das einem Mithäftling auf: Welche Drogen er nehme, dass er immer so grinse. Die einzige Droge von Gurkasch war da schon Yoga.
In den folgenden Monaten änderte er sich immer mehr, wurde ausgeglichener und ruhiger. Und ließ langsam seine lang gehegten Pläne los, erneut aus dem Gefängnis auszubrechen. Schließlich gründete er im Gefängnis eine erste Yoga-Gruppe.
Auch in JVA Frankenthal gibt es Yoga-Gruppe
Als er schließlich 2011 aus der Haft entlassen wurde, machte er seine Passion zum Beruf und gründete einen Yoga-Verein, der Training für Häftlinge anbietet. Jetzt reist er durch Justizvollzugsanstalten, erzählt seine Geschichte und macht Yoga, um so das Leben der Häftlinge zum Positiven zu ändern.
Auch in der JVA Frankenthal zeigt das Yoga Wirkung. Dort gibt es bereits eine Gruppe, die sich regelmäßig zu Übungseinheiten trifft. Die Häftlinge schildern, dass sie dadurch ins Nachdenken kommen und sich danach besser fühlen. Dass Gurkasch das Gefängnis in der Pfalz besucht, geht auf die Initiative der Yoga-Trainerin in der JVA zurück.
"Selbstwirksamkeit ist für viele Menschen der Schlüssel zum Glück"
Durch die Übungen werde man entspannter und hätte die Möglichkeit, über sich selbst nachzudenken, so Gurkasch. "Weil sie plötzlich merken, ich kann auch Entscheidungen für mich treffen. Ich bin nicht gezwungen, Entscheidungen zu folgen, die um mich herum getroffen werden". Das nenne sich Selbstwirksamkeit und die sei für viele Menschen der Schlüssel zum Glück.