Gericht vernimmt Ex-Partnerin über neun Stunden lang

Messerangriff Ludwigshafen-Oggersheim: "Nach der Tat war mir klar, dass er wirklich krank ist"

Stand

Im Prozess um den tödlichen Messerangriff hat am Mittwoch die Ex-Partnerin des angeklagten Somaliers stundenlang über ihre Beziehung zu dem Mann ausgesagt. Sie schilderte psychische Probleme und Stalking.

Der Prozess hatte am Mittwoch um 9 Uhr vor dem Landgericht Frankenthal begonnen - um 19 Uhr war die Vernehmung der jungen Frau noch immer nicht beendet. Gleich zu Anfang ihrer Befragung, die per Video aus einem anderen Gerichtssaal übertragen wurde, sagte die Ex-Partnerin: "Mir gehts seit Monaten schlecht. Ich bin traumatisiert durch diese Tat."

Hintergründe zur Anklage

Der 26-jährige Angeklagte, der aus Somalia stammt, soll am 18. Oktober 2022 mitten in einem Wohngebiet im Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim einen jungen Handwerker mit einem Küchenmesser mit einer 20 Zentimeter langen Klinge erstochen haben. Danach soll er den Arbeitskollegen des jungen Mannes getötet haben. Den abgetrennten Arm eines der Opfer warf er seiner Ex-Freundin in dem Wohngebiet auf den Balkon. Außerdem wird dem Angeklagten vorgeworfen, dass er im Anschluss in einer Drogeriemarkt-Filiale unvermittelt einen weiteren Mann lebensgefährlich verletzt haben soll. Der 27-Jährige wartete an der Kasse. Die Polizei schoss den Angreifer in dem Drogeriemarkt nieder. Die Anklage lautet unter anderem auf zweifachen Mord sowie versuchten Mord.

SMS vom Angeklagten: "Geschenk auf dem Balkon"

In einer WhatsApp, die vor Gericht präsentiert wurde, schrieb der Angeklagte seiner Ex-Freundin drei Tage vor der tödlichen Messerattacke: "Ich werde dir ein Geschenk auf den Balkon legen." Sie antwortete ihm: "Lass mich in Ruhe und mich mit meinem neuen Freund vergnügen." Auf die Frage der Vorsitzenden Richterin, ob es diesen Freund gab, antwortete die 34-jährige Frau: "Nein, den gab es nicht."

Sie kenne den Angeklagten seit 2016, sagte sie. Sie hätten sich über Facebook kennengelernt. 2019 habe sie ihn persönlich getroffen und sie seien ein Paar geworden. Der Angeklagte habe damals eine "positive, aufmerksame Art" gehabt. "Später wurde er besitzergreifender. Er hat zum Beispiel mein Handy kontrolliert."

Ex-Freundin: Angeklagter ohrfeigte und würgte sie

Außerdem habe er Druck auf sie ausgeübt. Sie sei noch in Somalia verheiratet gewesen und er habe auf eine Scheidung gedrängt, weil er sie heiraten wollte. Im Juni 2019 sei er dann handgreiflich geworden. Die Ex-Partnerin sagte, der Angeklagte habe sie geohrfeigt und gewürgt. Er soll wütend darüber gewesen sein, dass sie mit einem Freund telefoniert und Witze gemacht habe. Nach dem Vorfall habe sie sich von ihm getrennt und habe ihn bei der Polizei angezeigt.

"Das Unberechenbare bei ihm hat mir Angst gemacht."

Heirat nach muslimischem Ritus

Der Angeklagte habe immer wieder bei der 34-Jährigen angerufen und wollte sich versöhnen. Das habe sie zwar zunächst nicht gewollt, später hätten sie sich dann aber doch öfters getroffen. Ab 2020 sei es dann in Stalking umgeschlagen. Er habe immer wieder unangemeldet vor der Tür gestanden. Die Richterin fragte die Zeugin: "Hatten Sie Angst?" Die Zeugin antwortete: "Ja, das Unberechenbare bei ihm hat mir Angst gemacht." Ab Mai 2022 sei sie wieder mit dem Angeklagten zusammengewesen, allerdings meist nur freundschaftlich, so die Zeugin. Dennoch habe sie ihn im August 2022 - drei Monate später - nach muslimischem Ritus geheiratet.

Der Angeklagte sei öfters psychisch auffällig gewesen: "Er hatte Halluzinationen und war oft mit sich in einem inneren Dialog." Kurze Zeit vor den Taten in Oggersheim habe er von Dämonen und Geistern gesprochen, die bei ihm seien. Er höre Stimmen, die ihn ermahnt hätten, auf sie und die Kinder aufzupassen, weil sie ansonsten vergewaltigt würden. Sie selbst habe der Angeklagte aber nie bedroht. Darüber hinaus habe er sich von Menschen "in einem schwarzen Minibus" verfolgt gefühlt. Einen Psychologen aufzusuchen, habe er abgelehnt.

Zeugin holte Polizei, weil Angeklagter Messer aufbewahrte

Nach Angaben der Zeugin glaubte der Angeklagte, dass sie sein Essen vergiftet habe und unterstellte ihr eine Affäre mit dem Nachbarn. Allerdings kenne sie ihre Nachbarn gar nicht. Im August habe sie dann ein großes Küchenmesser unterm Bett des Angeklagten gefunden und die Polizei gerufen. Daraufhin hätten sie ihn aus der Wohnung gebracht. Danach habe er das Messer oft in seinem Rucksack dabei gehabt.

Am Mittwoch wurden im Gerichtssaal Mail- und WhatsApp-Nachrichten verlesen. Daraus wurde ersichtlich, dass die Ex-Partnerin den Angeklagten mehrfach gebeten hatte, sie in Ruhe zu lassen. Per WhatsApp habe sie ihn um Scheidung gebeten.

Im Stadteil Oggersheim ist eine Straße abgesperrt. Bei einem Messerangriff sind dort zwei Menschen getötet und ein weiterer schwer verletzt worden.
Die Straße in Ludwigshafen-Oggersheim wurde nach der Tat abgesperrt

Messerangriff in Oggersheim: Wie verlief der Tattag?

Die stundenlange Befragung am Mittwoch nahm die Frau sichtlich mit. Bei der Frage nach dem Tattag am 18. Oktober brach sie schließlich in Tränen aus: " Da war ich daheim. Ich hatte Angst, er würde mir was antun."

Beim Mittagsschlaf hörte sie Schreie des Angeklagten auf der Straße, erzählt sie. "Ich rief die Polizei und da hörte ich, wie irgendwas auf den Balkon klatschte. Zwei Nachbarinnen kamen und sagten: Da ist dein Ex. Dann sah ich den Arm und hielt es für eine Attrappe von Halloween. Ich hob ihn auf und merkte, dass das ein echter Arm ist." Der Angeklagte habe auf Somali gerufen: "Hier ist deine Brautgabe!" Sie habe mehrfach die Behörden auf seinen geistigen Zustand hingewiesen. "Nach der Tat war mir klar, dass er wirklich krank ist", so die Ex-Partnerin.

Messerangriff in Oggersheim: Was war das Motiv?

Der Angeklagte hat die Tatvorwürfe eingeräumt. Sein Motiv: Er will den 27-Jährigen angegriffen haben, weil er ihn für einen Nachbarn hielt, der seine Ex-Freundin und ihre Kinder bedrohte. Am ersten Prozesstag hatte er behauptet, das erste Opfer, dass er getötet und dem er den Arm abgetrennt hatte, für den Nachbarn gehalten zu haben. Den zweiten Mann habe er erstochen, weil er ihn für einen Verwandten des Nachbarn gehalten habe.

Ein Urteil wird frühestens im Mai erwartet. Dem Angeklagten droht eine lebenslange Haftstrafe sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und Unterbringung mit Sicherungsverwahrung.

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SWR