Der Autor dieses Artikels ist selbst Augenzeuge. Ich war einer der ersten Reporter vor Ort - bekleidet mit Jeans und leichten Turnschuhen - um mich herum nur Feuerwehrleute in voller Schutzkleidung. Als ich am 23. Oktober 2014 um kurz nach 13 Uhr auf einem Supermarktparkplatz ankomme, kann ich die riesige Feuersäule noch mit eigenen Augen sehen.
Und obwohl der Parkplatz einige Hundert Meter von der Unglücksstelle entfernt ist, sind bei mehren Autos die Rücklichter geschmolzen wie Wachs - wegen der enormen Hitze. Auch Plastik-Mülleimer sehen aus wie moderne Kunstwerke - völlig verformt liegen sie am Boden.
Auch Karsten Sans von der Berufsfeuerwehr Ludwigshafen hat die riesige Flamme damals selbst gesehen. Und auch er hörte das Gas noch zischen. "Man fühlte sich schon wie in so einem Kriegsgebiet: Ausgebrannte Autowracks, die Geräuschkulisse dazu - das war schon beklemmend", erzählt er einer Fernseh-Kollegin.
Menschen hatten Angst, Gebäude zu verlassen
Die erste Aufgabe damals für die Feuerwehrleute: Ein Mehrfamilienhaus direkt an der Unglücksstelle musste evakuiert werden. Der Grund, sagt Karsten Sans heute: Man habe damit gerechnet, dass das Gebäude als nächstes in Flammen steht wegen der brennenden Autos vor dem Haus. Karsten Sans erinnert sich: "Wir haben dann teilweise Gebäude aufgebrochen. Wir haben auch Wohnungen vorgefunden, wo noch Leute drin waren, die sich einfach nicht trauten, raus zu gehen."
Bauarbeiten lösten die gewaltige Gasexplosion aus
Ursache für die gewaltige Explosion waren Bauarbeiten an einer Hochdruck-Gasleitung der Firma Gascade am 23. Oktober 2014. Eine Schwachstelle der Leitung sollte repariert werden. Durch eine sogenannte Spundwand, die in den Boden getrieben wurde, kam es zur Explosion mit den verheerenden Folgen und der rund 100 Meter hohen Feuersäule.
Christa Beyersdörfer kann noch heute von ihrem Balkon aus auf die damalige Unglücksstelle schauen. Sie und ihr Mann saßen am 23. Oktober 2014 gerade beim Mittagessen, als sie einen ohrenbetäubenden Knall hörten. Ihr Mann öffnete nur ganz kurz die Balkontür, erzählt Christa Beyersdörfer: "Da hat schon die Markise gebrannt." Ihr Mann habe die Balkontür dann schnell wieder geschlossen und gesagt: "Wir müssen raus", erinnert sich die Rentnerin, "so wie wir waren, mit Hausschuhen, sind wir dann runter. Und als ich unten ankam, saß ein Arbeiter am Baum, total verbrannt."
Ein Bauarbeiter starb direkt an der Unglücksstelle, ein weiterer später im Krankenhaus. Mehr als 20 Menschen wurden verletzt. Es entstand ein Schaden in Millionenhöhe.
Oberlandesgericht hat entschieden Nach Gasexplosion von Oppau-Edigheim 2014: Gasleitungs-Firma haftet
Zwei tote Bauarbeiter und mehr als 20 Verletzte: Es war eine verheerende Gasexplosion im Oktober 2014. Jetzt hat ein Gericht entschieden, wer für das Unglück haften muss.
Juristische Aufarbeitung dauerte mehrere Jahre
Die juristische Aufarbeitung des Unglücks dauerte mehrere Jahre: Die Gastransport-Firma Gascade und die beteiligten Baufirmen mussten sich nie strafrechtlich verantworten. Aber: Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat im vergangenen Jahr entschieden, dass Gascade voll für die verletzten und getöteten Bauarbeiter finanziell haften muss – also Verletztenrente und Hinterbliebenengeld an die Bauarbeiter bzw. deren Angehörige bezahlen muss. Und dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof in diesem Jahr auch bestätigt.
Wer sorgt für sichere Gashochdruckleitungen?
Bleibt die Frage: Wer ist eigentlich dafür zuständig, dass solche Gashochdruckleitungen nicht in die Luft fliegen? Dazu schreibt das Wirtschaftsministerium (MWVLW) in Mainz: "Die Gewährung der technischen Sicherheit und der Betriebssicherheit von Energieanlagen nach der Definition des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) obliegt in Deutschland eigenverantwortlich den jeweiligen Betreibern dieser Anlagen." Sprich: Die Betreiber selbst müssen für die Sicherheit sorgen und die Vorgaben der "Gashochdruckleitungsverordnung" eingehalten werden.
Dazu müssten sie "eigenes Fachpersonal und Sachverständige beschäftigen". Und weiter schreibt das Wirtschaftsministerium dem SWR: "Die technische Energieaufsicht des MWVLW hat in Einzelfällen die Möglichkeit, die zur Sicherstellung der Anforderungen an die technische Sicherheit von Energieanlagen erforderlichen Maßnahmen zu treffen (nach § 49 Abs. 5 EnWG). Solche Fälle beschränken sich auf tatsächliche Schadensfälle bzw. konkrete Hinweise auf ein fehlerhaftes Verhalten eines Anlagenbetreibers."
Fazit: Für viele Anwohner und auch für mich als Reporter bleibt eines: Das mulmige Gefühl, wenn ich rund um die damalige Unglücksstelle unterwegs bin. Denn die Hochdruck-Gasleitung ist immer noch da - genauso wie die vielen Bilder in meinem Kopf.