Beim Gesundheitsausschuss in Mainz sprachen die Fachleute unter anderem über die Bewertung der Corona-Maßnahmen sowie psychische und gesundheitliche Folgen der Pandemie. "Aus ethischer Sicht würde ich sagen, haben wir meistens richtig gehandelt unter Unsicherheit", sagte der Medizinethiker Norbert W. Paul von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Unter großer Unsicherheit sei vor allem zu Beginn der Pandemie ein Handeln nach einem Vorsichtsprinzip erforderlich gewesen, erklärte Paul.
Fred Zepp, ehemaliger Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin der JGU, betonte, dass viele Maßnahmen sinnvoll, manche aber auch überbordend gewesen seien: "Wir hätten keine Schulen schließen müssen", sagte der Mediziner. Auch Begegnungen von Menschengruppen an der frischen Luft seien nicht so gefährlich gewesen, wie zunächst angenommen. Während der Pandemie sei es aber notwendig gewesen, mit Unkenntnis von Daten Entscheidungen zu treffen.
Der Sanitätsrat Karl Heinz Kienle aus Koblenz kritisierte, dass sterbende Covid-Patienten während der Pandemie weiterhin in einer Isolation gelassen wurden: "Beim Sterben allein gelassen zu werden, widerspricht eigentlich allen ethischen Normen", sagte der Mediziner.
Kommunikation und digitale Vernetzung waren nicht ausreichend
Er kritisierte ebenfalls die Kommunikationsstrategie der Behörden als zu unkoordiniert. Auch die digitale Vernetzung zwischen verschiedenen Institutionen - etwa zwischen Ärzten und Gesundheitsämtern - sei nicht immer optimal gewesen, wie verschiedene Experten betonten.
Anke Wenzel, stellvertretende Vorsitzende des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen Rheinland-Pfalz, kritisierte die Übermittlung von Daten an Gesundheitsämter per Fax. "Das ist eine Technologie aus den Sechzigerjahren." Dass Corona-Impfungen derart schnell zur Verfügung standen, bezeichnete Bodo Plachter, kommissarischer Direktor des Instituts für Virologie der JGU Mainz, als ein großes Glück.
Anhörungen von Experten von fast allen Parteien beantragt
Beantragt worden war die Anhörung von den drei Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP sowie den Oppositionsparteien CDU und Freie Wähler, nicht aber von der AfD. Am Mittwoch und Donnerstag sollen insgesamt 18 Expertinnen und Experten aussagen, darunter Virologen, Mediziner, Pflegefachleute sowie Psychotherapeuten aus ganz Deutschland. Ausgewertet wird die Anhörung im Gesundheitsausschusses am 12. Juli. Die Sitzungen sind öffentlich und können auch über die Website des Landtags live verfolgt werden.