Im rheinland-pfälzischen Landtag wird am Montag 75 Jahre Israel gefeiert.

Landtag RLP feiert Staatsgründung Israels

75 Jahre Israel: "Schulklassen müssten öfter nach Israel reisen"

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Rheinland-Pfalz feiert am Abend 75 Jahre Israel. Seit Jahrzehnten gibt es enge Verbindungen und das Judentum hat einen festen Platz. Wie leben junge Juden in Rheinland-Pfalz?

David Rosenberg ist 27 Jahre alt, lebt in Speyer und studiert ab Oktober interkulturelle Bildung. Seine Mutter ist Jüdin und kommt aus Israel, sein Vater ist Christ. Er habe schon immer in zwei Welten gelebt, sagt Rosenberg.

"Die anderen Schulkinder sind in den großen Ferien nach Spanien, in die Türkei oder Griechenland gefahren und ich fast jeden Sommer nach Israel." Noch heute sei es so, dass eine Reise nach Israel sich wie "nach Hause kommen" anfühle, aber nach zwei Monate habe er dann wieder Sehnsucht nach der Pfalz. David Rosenberg ist einer der jungen, deutschen Juden, die auch bei den Veranstaltungen zur 75-Jahr-Feier im Landtag sein werden.

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Jüdische Glaube als wichtiger Teil der Identität

"Der jüdische Glaube gehört zu mir und macht einen großen Teil meiner Identität aus", sagt Rosenberg. Vor dem Hintergrund des Holocaust empfindet er einen Auftrag, seinen Glauben zu leben und dafür einzustehen. Er ist in der jüdischen Gemeinde in Speyer aktiv und will wieder mehr junge Leute in die Synagoge holen. Seine Kippa trägt er im Alltag nicht, sagt er, das sei in manchen Gegenden zu gefährlich. "Es gibt noch einiges zu tun, aber die Situation ist besser als vor 70 oder 80 Jahren", meint er.

Auf die aktuelle Situation in Israel blickt er mit Sorge. Viele seiner Freunde gingen gegen die Justizreform, die die rechtsgerichtete, ultraorthodoxe Regierung anstrebt, auf die Straße. "Ich hoffe, dass Regierung und Opposition sich auf einen Kompromiss einigen und dass das Oberste Gericht nicht komplett entmachtet wird. Wir müssen weiterhin hoffen, dass die Demokratie am Ende siegt."

David Rosenberg ist Jude und aktiv in der jüdischen Gemeinde Speyer. Er wünscht sich mehr Austausch zwischen Jugendlichen in Rheinland-Pfalz und Israel.
David Rosenberg, 27 Jahre alt, ist Jude und aktiv in der jüdischen Gemeinde Speyer. Er wünscht sich mehr Austausch zwischen Jugendlichen in Rheinland-Pfalz und Israel.

Israelisch kochen und diskutieren

Leicht können Gedenkveranstaltungen zu leeren Ritualen verkümmern, mit denen kaum noch jemand etwas Emotionales verbindet. Bei der Feier im Landtag zur Staatsgründung Israels vor 75 Jahren sollte es keine langen staatstragenden Reden geben, sondern die Landesregierung wollte die Menschen zusammenbringen. Und wo könnte man besser ins Gespräch kommen als bei einem guten Essen, das auch noch gemeinsam zubereitet wird.

Der deutsch-israelische Starkoch Tom Franz kochte am Montagnachmittag zusammen mit jungen Menschen aus Deutschland und Israel ein typisch israelisches Gericht. Mit am Herd standen die israelische Generalkonsulin Carmela Shamir und Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD). Am Abend diskutierten Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) und Johannes Becke, Professor für Israel und Nahoststudien an der Uni Heidelberg, mit jungen Menschen über den Wert von Verbindungen beider Länder außerhalb der Regierungspolitik.

Dabei war sicher die enge Partnerschaft von Rheinland-Pfalz mit der jüdisch-arabischen Bildungs- und Begegnungsstätte Givat Haviva ein Thema. Dort wird seit Bestehen des Staates Israel daran gearbeitet, dass es ein friedliches Miteinander von jüdischen und arabischen Israelis und Palästinenserinnen und Palästinensern geben kann.

Mehr Austausch, das wünscht sich auch David Rosenberg. "Ich wünsche mir, dass deutsche Schulklassen mehr nach Israel gehen, um unsere Holocaust-Gedenkstätte, um Yad Vashem, zu sehen. Gerade Kinder mit Migrationshintergrund kennen das halt auch nicht, die wissen nichts über die Sensibilität dieses Thema: Wie geht man mit Juden um?" Für sie wären Erfahrungen in Israel förderlich, sagt er.

Israelischer Unabhängigkeitstag

Israel hatte seinen 75. Unabhängigkeitstag schon im April gefeiert. Die rheinland-pfälzische Landesregierung hatte sich damals zutiefst dankbar erklärt, dass Israel den Deutschen nach dem Menschheitsverbrechen der Shoa die Hand gereicht habe. "Aus unserer historischen Verantwortung erwächst unsere bleibende Pflicht, all denjenigen deutlich und klar zu widersprechen, die das Existenzrecht und die Sicherheit Israels in Frage stellen", betonte damals Monika Fuhr, Beauftragte für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen.

"Dazu gehören auch die entschiedene Bekämpfung jeder Form von Antisemitismus und der Schutz jüdischen Lebens. Die Anschläge von Halle und Hanau und viel zu viele Vorfälle im Alltag unseres Landes zeigen, dass Judenhass, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht überwunden sind. Wir alle sind gefordert, dagegen Gesicht zu zeigen."

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