Mit dem Ende fast aller Corona-Einschränkungen geht das öffentliche Leben wieder seinen gewohnten Gang. Auch die Zahl der Straftaten, die zwischenzeitlich auf historische Tiefstände gefallen war, hat sich wieder auf dem Vor-Pandemie-Niveau eingependelt. Das hat Innenminister Michael Ebling (SPD) bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2022 mitgeteilt.
Demnach lag die Zahl der registrierten Straftaten im vergangenen Jahr bei 241.779. Das sind 250 Fälle mehr als im Jahr 2019. Verglichen mit 2021 wurden 11 Prozent mehr Straftaten registriert.
Mehrzahl der Tatverdächtigen sind Deutsche
Angesichts der gestiegenen Straftaten ist entsprechend auch die Zahl der Tatverdächtigen gestiegen und zwar um 9,7 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021. 66,2 Prozent von ihnen hatten einen deutschen Pass, 33,8 Prozent der Tatverdächtigen hatten eine andere Nationalität. Etlich Ausländer werden aber auch nur deshalb zu Tatverdächtigen, weil gegen sie wegen ausländerrechtlicher Verstöße ermittelt wird. Zum Beispiel, wenn sie gegen Einreisebestimmungen verstoßen.
Mehr Körperverletzungen
Besonders stark gestiegen im Vergleich zu 2021 ist die Zahl der sogenannten Rohheitsdelikte wie Körperverletzungen, nachdem Großveranstaltungen und Volksfeste wieder stattfinden durften. Von ihnen gab es 44.500 im vergangenen Jahr. Gestiegen ist auch die Zahl der Verstöße gegen ausländerrechtliche Bestimmungen. So wird zum Beispiel fast immer förmlich wegen illegaler Einreise gegen Flüchtlinge aus visumpflichtigen Ländern ermittelt.
Kriminalität verlagert sich zunehmend in den digitalen Raum
Abgesehen davon verzeichnet die Statistik vor allem eine Zunahme von Straftaten im digitalen Raum. So haben etwa "Schockanrufe" aus internationalen Call-Centern, bei denen vor allem ältere Leute um ihr Geld gebracht werden sollen, deutlich zugenommen.
Innerhalb eines Jahres stieg die Zahl der Fälle von 222 auf 1.227. Dabei seien rund zehn Millionen Euro erbeutet worden - etwa doppelt so viel wie im Vorjahr, sagte der Vizepräsident des Landeskriminalamts, Achim Füssel. Ein Grund für den drastischen Anstieg seien Nachrichten der Kriminellen über WhatsApp ("Hallo Papa"). Auch am Telefon würden Angehörige mitunter stundenlang unter Druck gesetzt und zahlten, weil sie Angehörige in Not sähen.
Zugenommen haben auch Cyberattacken aus dem Ausland wie auf die Verwaltung des Rhein-Pfalz-Kreises im Oktober 2022.
Geldautomatensprengungen mit Explosivstoffen
Sorge bereiten den Ermittlern nach Angaben von Ebling auch die zunehmenden Geldautomatensprengungen. 56 Fälle wurden 2022 registriert, so viele wie nie zuvor. 31 davon seien vollendet worden, sagte Füssel.
Im laufenden Jahr seien bereits 13 Geldausgabeautomaten gesprengt worden. Die Täter setzten inzwischen in mehr als 80 Prozent der Fälle Explosivstoffe ein (2018: 8 Prozent). Dies sei für Unbeteiligte gefährlicher als das zuvor verwendete Gas-Gemisch, führe zu höheren Gebäudeschäden und einer höheren Aussicht auf Beute.
Sexualstraftaten in Chatgruppen verbreitet
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung stiegen erneut, um rund 400 auf fast 5.600 Fälle. "Besonders schwer wiegt hier die Zunahme bei der sexuellen Belästigung um 179 auf nunmehr 760 Fälle und ein Anstieg bei der Verbreitung pornografischer Inhalte um 163 auf 2.792 Fälle", sagte Ebling.
Seit 2018 würden jedes Jahr mehr Bilder von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen verbreitet, oft auch unbedacht in Chatgruppen oder auf dem Schulhof von Minderjährigen weiter gegeben.
99 Fälle von Straftaten gegen das Leben
Mord und Totschlag machen nur einen sehr kleinen Teil der 2022 registrierten Straftaten aus. Im Jahr 2022 hat es 99 Fälle von sogenannten Straftaten gegen das Leben gegeben, darunter werden auch versuchte Taten gezählt. Darunter war 16 Mal Mord, dazu gehört auch der Mord an den beiden jungen Polizisten nahe Kusel. Im Jahr 2021 gab es 21 Mordfälle.
Ebling: Rheinland-Pfalz ist eines der sichersten Bundesländer
Bei fast allen Straftaten gegen das Leben konnten die Täter dingfest gemacht werden. Die Aufklärungsquote lag bei 97 Prozent.
Als bedenklich bezeichnete Ebling einen Anstieg bei den Gewaltdelikten gegen Polizisten und Angehörige von Feuerwehrleuten und Rettungsdiensten. Die meisten Delikte hätten aufgeklärt werden können. Dennoch sei die Entwicklung ebenso besorgniserregend wie unerträglich, sagte Ebling.
Insgesamt betrug die Aufklärungsquote bei den registrierten Straftaten im vergangenen Jahr 64,5 Prozent. Ebling sprach von einem hohen Niveau. "Wir leben in einem der sichersten Bundesländer", so der Innenminister. Dies sei auch auf die professionelle Arbeit der Polizei zurückzuführen.