Immer wieder haben Passanten Fragen - unzählige Male erklärt Heinz Werner Kleine-Natrop beim Tag der Bundeswehr in Mayen seine Erfindung: Das ist ein ausklappbarer Container, der im Katastrophenfall mit einem Lastwagen zum Einsatzort gebracht und dort mit einer Fernbedienung zur Intensivstation wird. Wenn die Wände ausgefahren und ausgeklappt sind, ist das System in wenigen Minuten einsatzbereit. "Das könnte selbst meine elf Jahre alte Enkelin", sagt der Erfinder: "Das ist neu."
Auf 83 Quadratmetern können dann 16 Betten aufgestellt und sofort Notfall-Patienten behandelt werden. Der Erfinder aus dem Kreis Mayen-Koblenz nennt den Container "Rolling Multi Rescue Health System". Er hat dafür ein Patent beantragt und in kürzester Zeit auch bekommen.
Erfinder aus der Eifel will mit dem System Leben retten
Das Motto des Ettringers lautet "Leben retten mit System". Er erzählt, dass er seinen Vater verloren hat, als er gerade zehn Jahre alt war. Seitdem setze er sich dafür ein, anderen Menschen zu helfen. Er habe über 50 Jahre lang als Notfallsanitäter und bei der Feuerwehr gearbeitet. Dabei sei ihm vieles aufgefallen, was man besser machen könnte.
Bislang gehe zu Beginn eines Notfalleinsatzes - wenn jede Sekunde zählt - einfach zu viel Zeit verloren, fasst Kleine-Natrop seine Erfahrungen zusammen: "In der ersten Stunde sterben etwa ein Drittel der Schwerverletzten." Denn die Einsatzkräfte seien erst einmal damit beschäftigt, ihre Zelte aufzubauen, obwohl sie sich eigentlich um die Patienten kümmern müssten.
Patent für innovatives System Animation zeigt: So funktioniert die rollende Intensivstation
Diese Erfindung soll helfen, Leben zu retten: Dieses Video erklärt, wie der ausklappbare Container funktioniert, der im Notfall im Handumdrehen zu einer Intensivstation wird.
Zusammenarbeit von Rettungskräften erleichtern
Auch um kleine Details hat sich Kleine-Natrop gekümmert. In seinem ausklappbaren Container hat er etwa die Materialkisten farblich gekennzeichnet: Die rote enthält alles, was man braucht, um Blutungen zu stillen. In der blaue Kiste sind Hilfsmittel, um Menschen beatmen zu können. Da müsse man nicht viel erklären und die klare Kennzeichnung mache die Zusammenarbeit von Medizinern aus verschiedenen Ländern leichter, sagt der Notfallsanitäter.
Praxiserfahrung für bessere Notfallversorgung
Er habe lange über seine Idee für eine bessere Notfallversorgung bei Katastrophen nachgedacht, sagt Kleine-Natrop. Der Terroranschlag vor acht Jahren auf dem Berliner Breitscheidplatz sei dann für ihn der Anstoß gewesen, sie auch umzusetzen und einen Prototypen zu bauen.
Seine Erfahrungen beim Katastropheneinsatz während der Ahrflut hätten ihm dann gezeigt, dass er auf dem richtigen Weg sei. "Wir haben im Ahrtal mit Rollcontainern wie man sie aus den Supermärkten kennt, Material zum Einsatzort geschoben. Die sind aber ständig im Matsch versunken. Das kann mit dem neuen System nicht passieren."
Container auch als Impf- oder Verpflegungsstation einsetzbar
Beispiele, wo das Container-System schon hätte helfen können, kann auch Wolfgang Herz aus dem Kreis Ahrweiler beisteuern. Er unterstützt als Planer und Berater im Gesundheitswesen den Erfinder aus der Eifel.
Herz erinnert sich etwa an ein Düsseldorfer Krankenhaus, das wegen eines Feuers evakuiert werden musste. Die Notfallpatienten standen danach mit ihren Betten auf der Straße: "So eine wind- und wetterfeste Einheit, wie wir sie hier haben, ist dann natürlich eine ganz große Hilfe."
Aber nicht nur als Krankenstation kann das "Rolling Multi Rescue Health System", genutzt werden. Der Name deutet schon darauf hin, dass es in vielen Situationen multifunktional einsetzbar ist. Je nach Bestückung des Containers könnten hier auch eine Impfstation, eine Einsatzzentrale oder eine Verpflegungsstation eingerichtet werden.
Katastrophenschutz-System vom Kreis Mayen-Koblenz bestellt
Jetzt gibt es den Prototypen, der erstmals in Mayen gezeigt wurde. Und es ist der Kreis Mayen-Koblenz, der ihn überhaupt möglich gemacht hat: Denn der Kreis hat diesen Prototypen bestellt und auch zum größten Teil finanziert. In Zukunft soll er bei Großereignissen oder in Katastrophenfällen zum Einsatz kommen.
Darüber freut sich der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Kreises Mayen-Koblenz, Rainer Nell. Er kennt einige Situationen, bei denen er den Container schon sehr gut hätte gebrauchen können. "Zum Beispiel als es 2016 bei Rock am Ring in Mendig Schwerverletzte bei Blitzeinschlägen gegeben hat. Oder bei einem Planwagen-Unfall an der Burg Eltz, als viele lebensgefährlich Verletzte auf einmal behandelt werden mussten."
Interesse von Feuerwehren und Bundeswehr
Kein Wunder, dass die Erfindung Aufsehen erregt hat, noch bevor Heinz Werner Kleine-Natrop sein rollendes System überhaupt in der Praxis zeigen konnte. Vertreter von Feuerwehren und Katastrophenschutz seien bereits interessiert, sagt der Notfallsanitäter, aber auch ein Bundeswehrzulieferer könne es sich für den Sanitätsdienst der Bundeswehr vorstellen.
Alle wollen aber erstmal sehen, wie der Prototyp in der Praxis funktioniert. Wenn sie ihn bestellen, stehen laut Kleine-Natrop in der Region schon Firmen bereit, die das Container-System produzieren könnten.