Die Studie über die nationalsozialistische Vergangenheit des Unternehmers Günter Leifheit hat in Nassau (Rhein-Lahn-Kreis) große Wellen geschlagen. Die Untersuchung belegt, dass der Nassauer Ehrenbürger und Großspender Mitglied der Waffen-SS und ein treuer Anhänger Hitlers war. Stadtbürgermeister Manuel Liguori hat nach eigener Aussage die etwa 50-seitige Untersuchung Anfang Juli erhalten. Er sei dann aber in den Urlaub gefahren und habe sich erst mal nicht intensiv damit befassen können.
Außerdem habe die Stadt erst einen gemeinsamen Termin mit der G. und I. Leifheit-Stiftung und dem Leifheit-Campus abwarten wollen, bevor er sich öffentlich äußere, so der Bürgermeister weiter. Auch der Ältestenrat habe noch informiert werden müssen.
Stadt wurde von Entwicklung überrollt
Nachdem die Inhalte der Studie Ende August medial bekannt wurden, sei die Stadtspitze quasi von der Entwicklung überrollt worden. Im Nachhinein hätte man schneller reagieren müssen, räumt der Bürgermeister ein.
Jetzt müsse die SS-Vergangenheit von Unternehmensgründer Günter Leifheit umfassend aufgearbeitet werden, sagt Liguori. Er habe inzwischen erfahren, dass die Rolle Leifheits während der NS-Zeit schon einmal in den 90er Jahren Thema im Stadtrat gewesen sei, so der Nassauer Bürgermeister im SWR-Interview. Offenbar aber ohne weitere Nachforschungen.
Das Gutachten zeige aber viele neue Aspekte: "Das Ganze wird ja jetzt zum ersten Mal systematisch aufgearbeitet und bringt viele Neuerungen für uns ans Licht, die uns so natürlich nicht bekannt waren. Und da macht man sich schon seine Gedanken und reflektiert, was da so in der Vergangenheit passiert ist. Und das ist natürlich kein schönes Kapitel unserer Geschichte."
Auch Leifheit Campus beschäftigt sich mit Studie
Betroffen zeigt sich auch der Leifheit Campus - ein privates Gymnasium in Nassau. Er habe die Studie ebenfalls im Juli erhalten, so Schulleiter Martin Ufer. Aufgrund von Abiturstress und Sommerferien habe man sich aber erst jetzt intensiver damit beschäftigt.
Leifheit soll im Geschichtsunterricht behandelt werden
Bislang sei der Schulnamensgeber und finanzielle Förderer Leifheit an der Schule rein positiv besetzt gewesen. Das könne natürlich so nicht mehr bleiben: "Günter Leifheit hat viele Verdienste als Unternehmer und als Mäzen. Ohne ihn gebe es unsere Schule nicht. Nur diese nationalsozialistische Vergangenheit ist schlimm und das muss jetzt eben in den Gesamtzusammenhang eingeordnet werden."
In Zukunft müsse der nationalsozialistische Teil der Biographie des Unternehmers an der Schule thematisiert werden. Geschichtslehrer Jan-Niklas Fischer will die Chance ergreifen, das ganze für den Geschichtsunterricht zu nutzen: "Ich denke, es ist wichtig für die Region, dass die Kinder sich auch kritisch mit der Vergangenheit der Region und unserer Schule auseinandersetzen können."
Studie offenbart nationalsozialistische Vergangenheit Nazi-Vergangenheit von Leifheit - das sagen Menschen in Nassau
Die Stadt Nassau muss sich der nationalsozialistischen Vergangenheit ihres Gönners Günter Leifheit stellen. Ein Historiker hat dazu eine Studie veröffentlicht. So reagieren Menschen vor Ort.
Namensänderungen werden noch nicht diskutiert
Ob die Schule ihren Namen ändere, sei aktuell nicht das Thema, betont Schulleiter Ufer. Dieser Meinung ist auch Stadtbürgermeister Liguori. Es sei noch zu früh, um etwa darüber zu reden, ob Straßennamen in Nassau geändert werden. Das könne erst diskutiert werden, wenn weitere umfassendere Forschungsergebnisse vorlegen.
Klar sei aber, dass in der Ausstellung über Günter Leifheit im Kulturhaus der Stadt der Aspekt der Vergangenheit des Unternehmers in der Waffen-SS thematisiert werden müsse.