Michael Pauly schaut den alten, kaputten Karnevalswagen an. "Den haben wir ein Jahr vor der Flut noch für rund zehntausend Euro fit gemacht", erzählt der erste Vorsitzende der Karnevalsgesellschaft Rot-Weiss Hönningen. Der Karnevalswagen, der an eine kleine, rollende Burg erinnert, steht auf dem Schotterplatz direkt an der Ahr - dort, wo vor der Flut auch das Vereinsheim stand. Das wurde bei dem Hochwasser ganz zerstört.
Der Wagen hat auch viele Schäden, die Felgen sind rostig und alles ist mit Schlamm beschmutzt. "Wir haben bei der Flut alles verloren. Vereinsheim, Lagerhalle, Festzelt. Wir mussten wieder bei null anfangen", erinnert sich Pauly. 180.000 Euro Verlust sei die Schätzung der Investitions- und Strukturbank ISB.
Vereinsleben in Hönningen hat lange nicht stattgefunden
Bis die KG Rot-Weiss Hönningen aber wieder richtig mit Planungen für den Straßenkarneval anfangen konnte, hat es gedauert. "Im ersten Jahr hat das Vereinsleben quasi nicht stattgefunden. Da war die Stimmung im ganzen Ahrtal ja sehr schlecht", so der erste Vorsitzende. Erst mit einem Benefiz-Konzert im Sommer 2022 sei dann wieder Bewegung in die Sache gekommen. "Das war so ein bisschen wie ein Anfang."
Die KG hat viele Spenden bekommen, darunter auch zwei große Geldspenden von 10.000 Euro und mehr. Ein befreundeter Karnevalsverein aus Mainz hat den Hönningern außerdem einen Karnevalswagen für den Elferrat gespendet. Mit dem fährt die Gruppe in diesem Jahr auf dem Rosenmontagszug in Hönningen mit. "Wenn wir den nicht bekommen hätten, dann wären wir in diesem Jahr wohl als Fußgruppe mitgelaufen", so Pauly. Der eigene Karnevalswagen soll trotzdem für die nächsten Jahre wieder aufgebaut werden.
Vieles muss kurzfristig geplant werden
Abseits vom Wagen ist noch fast alles improvisiert, erzählt Pauly. Die traditionelle Karnevalsparty findet in diesem Jahr in einer gemieteten Halle statt, denn das Festzelt gibt es ja nicht mehr. In die Halle passen allerdings wesentlich weniger Leute. Heizung, Bühne, Theke - das alles ist improvisiert, sagt Pauly. Vor allem mit viel Hilfe durch Freunde und Bekannte des Vereins.
Vor der Flut und vor Corona hatte die KG Rot-Weiss Hönningen mehrere Sitzungen in der Karnevalszeit: Eine Damensitzung, eine Herrensitzung, eine Sitzung für Kinder und eine Prunksitzung. "In diesem Jahr gab es zumindest schon wieder die Kinder- und die Prunksitzung. Vor allem bei den Kindern hat man gemerkt, wie viel Lust sie darauf hatten", erzählt der Hönninger. Die Prunksitzung war ausverkauft.
Karnevalslaune ist im Ahrtal groß
Dass viele Menschen im Ahrtal Lust auf Karnevalssitzungen haben, das hat auch Willi Fuhrmann beobachtet, Mitglied im Ehrenrat der Rheinischen Karnevals Korporationen. Er ist Regionalbeauftragter für den Kreis Ahrweiler. Der Kartenvorverkauf für Sitzungen sei hervorragend gelaufen, meist über Vor-Corona-Niveau. Er führt als Beispiel seine Heimat-KG, die "Zesse Jecke" aus Niederzissen an: "Innerhalb einer Stunde war die erste Prunksitzung nahezu ausverkauft, bis auf wenige Einzelplätze, die im Laufe der nachfolgenden Woche ebenfalls weggingen."
Viele Motivwagen dürfen nicht mitfahren Aufregung um Rosenmontagszug in Andernach
Der erste Rosenmontagszug nach der Pandemie steht bevor. Doch in Andernach ist die Stimmung gedrückt. Wegen fehlender Genehmigungen müssen viele Wagen in der Halle bleiben.
Die gleiche erfreuliche Situation sei bei allen Karnevalsgesellschaften im Ahrkreis festzustellen. Es sei sehr einfach gewesen, die Menschen für den Karneval zu begeistern, die Freude sei groß und spürbar, endlich wieder unbeschwert feiern zu können. Das gelte auch für die Menschen an der Ahr, die froh seien, wenigstens für einige Stunden die schrecklichen Ereignisse der Flut in den Hintergrund zu stellen. Fuhrmann geht davon aus, dass diese Freude und Feierlaune auch bis zum Aschermittwoch anhält.
Auch Pauly hofft auf eine erfolgreiche Zeit für den Straßenkarneval. Der Hönninger Zug falle in diesem Jahr etwas kleiner aus, einige Gruppen hätten abgesagt. "Ich hoffe aber, dass wir sie trotzdem als Zuschauer beim Zug begrüßen können!" Wie es danach für den Verein weitergeht, ist aktuell noch komplett offen. Ideen für ein neues Vereinsheim gibt es aber bereits. "Das wird sich zeigen. Aber der Karnevalist an sich ist ja optimistisch."