Prozess wegen Terrorfinanzierung

Mutmaßlicher IS-Unterstützer aus Neuwied in Düsseldorf angeklagt

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Autor/in
Eric Beres (SWR)
Joseph Röhmel (BR)

Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf muss sich ab heute ein Mann aus dem Landkreis Neuwied wegen mutmaßlicher Terrorfinanzierung verantworten. Nach Recherchen von SWR und BR zeigen Ermittlungen, dass er eine fünfstellige Summe an eine szenebekannte Dschihadistin in Syrien transferierte.

Die Razzia im Mai vergangenen Jahres sorgte bundesweit für Aufsehen: Hunderte Polizeikräfte durchsuchten rund 100 Objekte in zehn Bundesländern. Mehrere Personen kamen in Untersuchungshaft. Der Verdacht: Unterstützung der Terrormiliz IS.

Durch ein ausgeklügeltes Spendensystem soll ein Unterstützernetzwerk zwischen 2020 und 2022 mehr als 250.000 Euro von Deutschland nach Syrien transferiert haben. Damit sollten in Lagern in Nordostsyrien inhaftierte Angehörige der Vereinigung freigekauft werden oder ein "den Vorgaben des IS entsprechender Lebensstil innerhalb der Lager" finanziert werden, so der Vorwurf der Bundesanwaltschaft. Ende November erhob sie Anklage gegen fünf Beschuldigte.

Kontakt zu Dschihadistin in Syrien

Einer von ihnen ist Kujtim B., kosovarischer Staatsbürger aus dem Landkreis Neuwied. Er muss sich nun vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verantworten. Nach Informationen des SWR und des BR zeigen Ermittlungen, wie er in das Spendennetzwerk eingebunden war. Mit dem Fall betraute Kreise bestätigen, dass der 29-Jährige in Kontakt mit einer ebenfalls angeklagten Spendensammlerin aus Bremennd und mit einer szenebekannten mutmaßlichen Dschihadistin in Syrien stand.

Dabei handelt es sich um Elif Ö. aus Bayern. Ihr Fall machte Schlagzeilen, weil sie sich 2015 als 16-jährige Schülerin dem IS in Syrien anschloss. Als der sogenannte "Islamische Staat" 2019 viele Gebiete verlor und in die Defensive geriet, wurde Ö. von kurdischen Sicherheitskräften festgenommen. In dem Frauen-Lager "Al Hol" soll sie sich Ermittlungen zufolge weiter für die IS-Ideologie eingesetzt und über den Messengerdienst Telegram um Spenden geworben haben. Zudem soll sie an einem tätlichen Angriff auf eine Frau beteiligt gewesen sein, die sich dem IS widersetzte. 

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Auch nach ihrer Flucht in den Westen Syriens, in die von Islamisten kontrollierte Region Idlib, warb sie weiter um Spenden - unter anderem über den Telegram Kanal "Unsere Schwestern". Das Geld soll sie an inhaftierte IS-Frauen weitergegeben haben.    

Als Geld für "Urlaub" getarnte IS-Spenden

Die Rolle von Kujtim B. aus Rheinland-Pfalz: Er sollte eingeworbene Spenden in die Türkei oder in Syrien transferieren. Laut Chatprotokollen soll sich B. mindestens zweimal persönlich mit einer Spendensammlerin aus Bremen getroffen haben. Dabei kam es offenbar auch zu Geldübergaben. Um welche Summen es dabei ging, ist unklar.

Zwischen Januar und September 2021 überwies die Bremerin laut den Ermittlungen zudem über mehrere Bankkonten mehr als 13.000 Euro an Kujtim B. - teils getarnt als Geld für "Urlaub", "Geschenk" oder "Uwe", aber auch mit Verwendungszwecken wie "Lebensmittelpaket" oder "Medizin". Unklar ist, wie das Geld Ö. in Syrien erreichte. Ermittler vermuten, B. könnte diese über Mittelsmänner in die Türkei transferiert haben.  

Ein Jahr später kam es womöglich zu weiteren Geldtransfers nach Syrien. Nach persönlicher Aufforderung von Elif Ö. soll sich der 29-jährige Kosovare 2022 bereit erklärt haben, 1.000 Euro an den Ehemann von Elif Ö. zu spenden. Dieser war den Ermittlern zufolge zu diesem Zeitpunkt als IS-Kämpfer in einem anderen Teil Syriens im Einsatz. Ö. stand mit ihrem Mann via Telegram in Kontakt und versuchte, für ihn finanzielle Mittel zu organisieren. Das Geld von Kujtim B. sollte offenbar für den Kauf eines Motorrads und einen Minen-Detektor eingesetzt werden. Unklar sei, ob das Geld tatsächlich geflossen ist. 

Terrorfinanzierung: Aufwändiger Prozess in Düsseldorf

Für Sofia Koller, die als Analystin bei der Organisation "Counter Extremism Project" unter anderem zu deutschen IS-Dschihadisten forscht, haben solche Spenden-Netzwerke eine hohe Bedeutung für die Szene: "Sie dienen natürlich der Verbreitung und Aufrechterhaltung extremistischer Ideologie. Es wird etwa aktiv darauf hingewiesen, dass die Unterstützung oder Befreiung von Gefangenen eine der größten Pflichten ist und eine der besten Möglichkeiten, Gott näher zu kommen."

Womöglich war Kujtim B. Teil eines noch weitreichenderen Netzwerks. Laut Zeugenaussagen soll er mit mehreren Personen zusammengearbeitet haben. Der Anwalt von Kujtim B. wollte sich auf Anfrage von SWR und BR nicht zu den Vorwürfen äußern. 

Sicherheitsbehörden in RLP kannten Angeklagten bereits

Für die rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden war B. offenbar schon zuvor kein Unbekannter. Er wurde als Salafist eingestuft, weil er unter anderem für die inzwischen verbotene Koran-Verteilaktion "Lies" aktiv gewesen sei. Zudem sei er wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung aufgefallen. 

Nun steht er wegen des Verdachts der Terrorfinanzierung vor Gericht. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat für den aufwändigen Prozess vorerst 18 Verhandlungstage angesetzt. Von einem "spektakulären Fall" spricht Sofia Koller: "Einmal sind es relativ viele Angeklagte, insgesamt fünf Angeklagte, darunter auch drei Frauen. Außerdem natürlich der Umfang. Es geht um mehrere Hunderttausend Euro, was schon eine große Summe ist", so die Analystin. 

Aus dem Ermittlungskomplex hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf zuletzt im März einen Deutschen und eine Türkin wegen ähnlicher Vergehen zu Bewährungsstrafen von bis zu einem Jahr und neun Monaten verurteilt.

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