Kurz vor 17 Uhr. Stefanie Novakowski will mit ihrer Tochter spontan noch eine Runde schwimmen im Freibad Nassau. Am Eingang erfährt sie vom neuen Ticketsystem: Einlass ist nur noch mit einem Online-Ticket möglich, das über die Internetseite des Bades gekauft und nach vorheriger Anmeldung online bezahlt werden kann. "Das finde ich jetzt gar nicht praktisch. Habe ich eine Alternative?," fragt die Besucherin.
Ja, es gebe eine andere Möglichkeit, erklärt eine Mitarbeiterin des Schwimmbades, die zurzeit extra für solche Fragen am Eingang sitzt. Nachdem schon im Mai erste Kritik am neuen Konzept aufkam, reagierte die Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau, der das Bad gehört. Jetzt werden auch Tickets gegen Bargeld verkauft. Allerdings nicht direkt am Bad, sondern im Bürgerbüro und in der Touristinformation, gute fünf Gehminuten entfernt.
"Na dann hoffen wir mal, dass da noch auf ist, " sagt Stefanie Novakowski und fährt davon. So wie ihr geht es immer wieder Besuchern, die noch nichts von der neuen Bezahlmethode gehört haben.
Senioren und Teenager fühlen sich ausgeschlossen
Rentnerin Christel Lau hat eine Saisonkarte und sagt, sie komme selbst gut zurecht mit dem QR-Code-Scanner. "Ich habe mir meine Jahreskarte zuhause am Computer ausgedruckt und finde es gut. Aber ich kenne einige Senioren in meinem Alter, die früher auch immer im Freibad waren und jetzt einfach nicht mehr kommen," sagt die 77-Jährige. Das sei sehr schade.
Aber nicht nur Ältere scheint der digitale Einlass zu stören, auch Teenager, die noch kein eigenes Paypal- oder Kreditkartenkonto haben, beschweren sich am Eingang des Bades: "Wir brauchen jetzt immer unsere Eltern, wenn wir ins Schwimmbad gehen wollen. Die sind leider nicht immer da und dann haben wir Pech gehabt," sagen die 14-jährigen Joy Sophie und Lea Michelle.
FWG Forum: Das ist nicht touristenfreundlich
Kritik kommt auch aus dem Nassauer Stadtrat. Die jetzige Situation schließe spontan-entschlossene Badegäste aus, sagt Christian Danco (FWG Forum). "Für Tagestouristen, die das Bad zum Beispiel vom Wanderweg aus sehen, ist es einfach umständlich, zuerst alle Daten bei einer Online-Anmeldung abzugeben oder an der Touristinfo vorbeizugehen." Das Freibad zeige sich hier nicht touristenfreundlich.
Verbandsgemeinde will EC-Kartenleser im Freibad nachrüsten
In der Verwaltung der Verbandsgemeinde ist die Kritik längst angekommen. Verbandsbürgermeister Uwe Bruchhäuser hat angekündigt, erneut zu reagieren. Es sei allerdings nicht sinnvoll und zu teuer, wieder eine Barkasse einzuführen. Dafür sei unter anderem ein Kassenhäuschen nötig, das es dort nicht mehr gebe. Außerdem habe sich im vergangenen Sommer während der Corona-Pandemie gezeigt, dass die Menschen durchaus bereit seien, sich zu registrieren.
Dennoch werde jetzt geprüft, ob der QR-Code-Scanner am Eingang mit einem EC-Kartenleser erweitert werden könne. "Dann können auch spontane Besucher ähnlich wie im Supermarkt einfach ihre EC-Karte draufhalten und bezahlen."
Ob und wann die Erweiterung des Systems komme, sei allerdings noch nicht klar, sagt der VG-Bürgermeister. Schließlich müsse auch der Verbandsgemeinderat noch zustimmen.