Ärzte protestieren in Lahnstein

Viele Praxen in RLP blieben dicht

Protest in Lahnstein: Ärzte fordern mehr Geld

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Autor/in
Sarah Mauer

Am Mittwoch blieben viele Arztpraxen in Rheinland-Pfalz geschlossen. Grund war eine Protestaktion der Kassenärztlichen Vereinigung in Lahnstein.

Mehrere hundert niedergelassene Ärzte kamen zu der Demonstration nach Lahnstein. Die Mediziner forderten mehr Geld von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und verlangten, dass die festgelegten Budgets für Arztleistungen abgeschafft werden. Die GKV ist zum überwiegenden Teil Geldgeber für die Ärzte.

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Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) sorgt die Budget-Regelung dafür, dass die Ärzte für etwa zehn Prozent ihrer Behandlungen von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt werden. Grund dafür sei, dass die Krankenkassen im Vorfeld festlegten, wie hoch die Budgets für bestimmte Arztleistungen seien. Wenn dieses Geld für ein Quartal aufgebraucht sei, machten die Ärzte alle weiteren Behandlung umsonst.

KV: Ärzte nehmen schon jetzt weniger Patienten an

"Ein Arzt muss auch unternehmerisch handeln und insofern muss er sich auf die begrenzte Menge an Geld einstellen", sagt Andreas Bartels, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz. Manche Ärzte würden ihre Praxen sogar gegen Ende des Quartals schließen, weil ihre Arbeit unter diesen Umständen zu unwirtschaftlich sei.

Nach Angaben der KV ist die vorgegebene Budgetierung gerade in Zeiten der Inflation eine große Belastung für viele Arztpraxen. Deswegen würden manche Ärzte schon jetzt weniger Patienten annehmen. Für die Patienten bedeute das im Zweifel längere Wartezeiten auf einen freien Termin.

Immer weniger junge Ärzte wollen eine Praxis übernehmen

Aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen ist es nach Ansicht der Kassenärzte auch für viele junge Ärzte unattraktiv geworden, eine Praxis zu übernehmen. Besonders im ländlichen Raum verstärke das den Ärztemangel weiter.

Viele Mediziner würden lieber in einem Angestelltenverhältnis in einem Krankenhaus oder Medizinischen Versorgungszentrum arbeiten. Für Patienten werde es deshalb voraussichtlich immer schwieriger einen neuen Arzt zu finden, wenn der alte aufhört.

Zweites Problem der Ärzte: Die Bedarfsplanung

Die Bedarfsplanung soll regeln, dass Deutschland gleichmäßig gut mit Ärzten versorgt ist. Jeder Region wird eine bestimmte Anzahl an Ärzten mit unterschiedlichen Fachgebieten zugewiesen - sogenannte Kassensitze. Das sind Arztpraxen, die ihre Leistungen den gesetzlichen Krankenkassen in Rechnung stellen dürfen. Bei der Verteilung orientiert sich die KV nach eigenen Angaben unter anderem an der Bevölkerungszahl.

Diese "Kassensitze" sind allerdings begrenzt. Das kann nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung besonders in ländlichen Regionen, wie dem Westerwald oder der Eifel, in der wenige Menschen auf einer großen Fläche verteilt leben, zu Problemen führen. Beispielsweise müssten Patienten mitunter sehr weit fahren, wenn sie einen Spezialisten brauchen.

Grundsätzlich stehen nach Ansicht der Kassenärztlichen Vereinigung für einige Fachgebiete zu wenig Kassensitze zur Verfügung - etwa besonders in der Psychotherapie. Dort würden deutlich mehr Fachärzte und Therapieplätze gebraucht.

Ärztemangel in RLP besonders gravierend

Dazu komme, dass die Zulassungsverfahren in Zeiten des Ärztemangels überflüssige Bürokratie seien, sagt KV-Vorstand Bartels. "Zur Zeit behindert uns die Bedarfsplanung häufig, junge Ärzte zuzulassen, weil dieses ganze Verfahren sehr lange und aufwändig ist." Zwischenzeitlich würden die jungen Ärzte dann häufig Stellen in Kliniken annehmen.

Dabei wäre es laut Bartels wichtig, schnell neue Ärzte in die Praxen zu bringen. Ganz besonders in Rheinland-Pfalz. Der KV zufolge werden in den nächsten fünf Jahren etwa 60 Prozent der Hausärzte in Rente gehen und benötigen dann einen Nachfolger.

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Sarah Mauer