An den schlimmen Zuständen um den Jahreswechsel sei vielmehr das "etwas marode System" schuld, sagte Andreas Bartels im Gespräch mit SWR aktuell Rheinland-Pfalz.
Teils stundenlang mussten Patientinnen und Patienten zwischen Weihnachten und Neujahr ausharren, bevor sie in einer Bereitschaftspraxis behandelt wurden. Daraufhin hagelte es Beschwerden bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV).
Mehr Arztpraxen geschlossen als im Vorjahr
Bartels ging damit auf Distanz zu seinem Chef, dem KV-Vorsitzenden Peter Heinz. Der hatte Kritik an seiner Organisation zurückgewiesen und von einer "Selbstbedienungsmentalität" der Patienten gesprochen.
Die Zustände in den Bereitschaftspraxen "zwischen den Jahren" mit langen Wartezeiten führt KV-Vize Bartels auch darauf zurück, dass mehr Arztpraxen geschlossen gewesen seien, als zu dieser Jahreszeit üblich.
Das habe auch mit der großen Zahl von Corona-Impfungen im Vorjahr zu tun gehabt, die Belegschaften der Praxen hätten deshalb das Recht gehabt, diesmal Urlaub zu nehmen.
Selbstbeteiligung soll Besuche reduzieren
Ferner habe man nicht mit der hohen Infektwelle gerechnet, die jetzt zu vielen Arztbesuchen geführt habe. Die Ärzteschaft müsse ihre Patienten zwar mehr "schulen", aber wer subjektiv das Gefühl habe, einen Arzt zu brauchen, der solle auch weiterhin zu einem Arzt kommen können.
Allerdings gebe es in Deutschland eine Fülle von Arzt-Patienten-Kontakten. Deshalb müsse man die Frage stellen, warum hierzulande die Menschen öfter zum Arzt gingen als in anderen europäischen Ländern. Dazu habe die Kassenärztliche Vereinigung bereits eine Lösung vorgeschlagen, nämlich die Selbstbeteiligung.
"Der niedergelassene Arztbereich wird kaputtgespart"
Damit es in diesem Jahr um Weihnachten und Silvester herum nicht wieder zu ähnlichen Zuständen komme, müsse die vertragsärztliche Versorgung attraktiver werden, sagte Bartels. "Es wird ständig vom Krankenhaussektor gesprochen, aber der niedergelassene Arztbereich wird kaputtgespart", kritisierte der KV-Vize.
Dies sei auch ein Grund dafür, dass viele Arztpraxen dauerhaft geschlossen hätten und keinen Nachfolger mehr finden würden.
"Selbstbedienungsmentalität" bei Patienten?
Der "Rhein-Zeitung" hatte Peter Heinz, der Chef der KV in Rheinland-Pfalz, gesagt, dass Patientinnen und Patienten mehr Verantwortung für das Solidarsystem übernehmen müssten, von dem sie profitierten. Im Klartext: Jeder solle sich zunächst fragen, ob er so krank sei, dass er einen Notdienst brauche.
"Bei uns können die Patienten einfach kommen und erhalten alles umsonst. Es gibt unter vielen Patienten eine Selbstbedienungsmentalität", kritisierte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung.
Auch das Land trage Verantwortung für die aktuelle, angespannte Lage: So moniert die KV, dass Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz fehlten, weil die Politik seit mehr als 20 Jahren nicht dafür sorge, dass es genügend Medizinstudienplätze gibt. Das Gesundheitsministerium hat bereits Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung angekündigt.