Die Arztpraxen erhalten für die jeweilige Behandlung eine Pauschale von der Krankenkasse. Der Patient zahlt in aller Regel nichts dazu. Das möchte die KV gerne ändern.
Die wirtschaftlichen Spielräume in den Arztpraxen würden immer knapper, begründet die KV ihren erneuten Vorstoß. Eine qualitativ hochwertige Versorgung bleibe nur dann möglich, wenn alle Beteiligten ihren Beitrag leisteten.
Beitrag soll sozial abgefedert werden
Vorstandschef Peter Heinz forderte eine Selbstbeteiligung von fünf Prozent pro Patient und Jahr, maximal 27,50 Euro. Er betonte, dass es sich dabei um eine sozial abgefederte Selbstbeteiligung handeln müsse. Das Geld solle nicht vor Ort entrichtet werden wie bei der früheren Praxisgebühr, sondern die Abrechnung solle über die Kassen erfolgen. Dadurch könne unter Umständen auch eine Beitragsreduzierung erreicht werden, sagte Heinz.
"Wir kommen um eine Veränderung im Gesundheitswesen nicht umhin", sagt Andreas Bartels, stellvertretender Vorsitzender der KV in Rheinland-Pfalz, im SWR. Patienten sollten nicht nur einfach eine Pauschale in Form ihrer Krankenkassenbeiträge einzahlen, sondern mit den medizinischen Leistungen verantwortlich umgehen. Dies bedeute unter anderem zu hinterfragen, ob ein Arzttermin wirklich notwendig sei.
Wartezeiten auf einen Termin würden immer länger, und die Situation werde in Zukunft noch schwieriger werden, sagt Bartels. Mit der Beteiligung an den Arztkosten erhofft sich die KV eine abschreckende Wirkung für nicht notwendige Arztbesuche, so dass mehr Zeit geschaffen wird für diejenigen Patienten, die wirklich Hilfe benötigen.
Die Kassenärztliche Vereinigung vertritt die rund 8.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Land. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie eine Selbstbeteiligung von Patientinnen und Patienten gefordert.
AOK: Vorschlag geht in die falsche Richtung
Die AOK Rheinland-Pfalz lehnt die Forderung ab. Vorschläge zur Finanzierung des Gesundheitswesens dürften nicht zu Lasten der Patientinnen und Patienten, insbesondere der chronisch Kranken, gehen.
Unter dem Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit und vor dem Hintergrund der ohnehin gestiegenen Belastungen der Versicherten gehe der Vorstoß der KV in die falsche Richtung. Die Erfahrungen mit der quartalsweisen Praxisgebühr von zehn Euro hätten gezeigt, dass gerade einkommensschwache Menschen durch solche Maßnahmen von notwendigen Arztbesuchen abgehalten würden.
Bereits Absage von Bundesgesundheitsminister Lauterbach
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte sich bereits im Februar gegen ein Modell der Selbstbeteiligung gewandt. Für die Mehrheit der Bevölkerung sei das nicht bezahlbar. "Das wird nicht kommen", sagte er. Damals hatte der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen dafür plädiert, dass gesetzlich Krankenversicherte jährlich bis zu 2.000 Euro Selbstbeteiligung zahlen.
Ohne ein Gegensteuern werde der Beitragssatz bis zum Jahr 2035 auf bis zu 22 Prozent des Bruttolohns steigen, warnte Raffelhüschen. Zurzeit liegt er - inklusive Zusatzbeitrag - im Schnitt bei knapp 16 Prozent.