Bildung für alle: Mitmenschlichkeit hilft!

Wie Initiativen in Kaiserslautern Menschen in Armut unterstützen

Stand
Autor/in
Alexandra Dietz
SWR-Reporterin Alexandra Dietz kuschelt die Orakel vor ihrem großen Einsatz. Vielleicht bringt's ja was!

Haben es ärmere Kinder im Leben schwerer als gut situierte Kids? Leider ja, sagt der Helferkreis Kalkofen e.V. in Kaiserslautern und versucht deshalb, wo es geht, zu helfen.

"Helfen tut nicht weh", sagt Brigitte Seidler aus Überzeugung. Es ist ihr ein Herzensanliegen mit ihrem Verein Helferkreis Kalkofen e.V. Menschen in sozial schwachen Lebensverhältnissen zu unterstützen. Der Verein hilft mit Lebensmittel- und Sachspenden, vor allem aber durch Präsenz. Sie sprechen offen und ehrlich über Probleme mit den Betroffenen, fördern Sportangebote und auch die Bildung innerhalb der Familien. Die 72-Jährige ist davon überzeugt, dass die Gesellschaft insgesamt schon große Fortschritte gemacht hat in den vergangenen Jahrzehnten, was Bildungsgerechtigkeit angeht.

"Formularwahnsinn macht es Familien in Armut schwer"

Hilfsangebote gebe es tatsächlich mehr, als man denken würde, betont Seidler. Oft seien die aber mit viel Papierkram verbunden. Ihr ist es deshalb besonders wichtig, für die Menschen da zu sein und schnell und unkompliziert mit einem Laptop, einem Schulranzen oder auch mal ein paar Buntstiften auszuhelfen. Aber "ohne große Hürden oder Formularwahnsinn".

Aus der Erfahrung heraus weiß die 72-Jährige, Menschen mit wenig Geld müssen sonst für alles "viel zu viele Formulare" ausfüllen. Die sind oft auch so kompliziert, dass es kaum jemand versteht. "Ich selbst muss es ja dreimal lesen, um alles zu verstehen", gibt die Pfälzerin zu. "Wie sollen dann Menschen ohne schulischen Abschluss die Formulare verstehen und sie dann auch noch ohne Scham ausfüllen?"

"Hilfsbedürftig sein ist nicht leicht"

Wir haben zwei junge Menschen, Miriam und Markus (Name von der Redaktion geändert) aus Kaiserslautern getroffen, die sich genau mit diesen Problemen auseinandersetzen mussten. Der Helferkreis Kalkofen steht den Geschwistern seit einiger Zeit mit Rat und Tat zur Seite.

"Es ist anstrengend, wenn man nicht reich ist, früher in der Grundschule habe ich oft geweint", sagt die 14-jährige Miriam. Sie hat sich als Mobbingopfer wegen billiger Klamotten und weniger teuren Schuhe schon viele böse Kommentare gefallen lassen müssen. Heute ist sie selbstsicherer. Für eine gute Bildung müsse man als Kind aus ärmeren Familien eben "kämpfen". Und sie fügt hinzu, "wer es wirklich will, schafft es auch aus der Armut". Der hohe Aufwand und die seelischen Narben seien zwar "nicht fair", man könne mit guter Unterstützung aber etwas ändern. Die Schülerin hat gelernt, Hilfe anzunehmen. Auch von der Kirche. Die Gespräche hätten ihr auch Hoffnung gegeben. Miriam möchte Feuerwehrfrau werden und für diesen Traum paukt sie, was nötig ist.

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Kirche sagt ja auch immer: Mensch ist Mensch, egal wo er herkommt.

Ihr 15-jähriger Bruder Markus sagt: "Man kann vieles schaffen, aber nicht alles". Die Reichen hätten es sicher leichter im Leben. Was die Lehrer in der Schule angeht, sieht Markus nach eigenen Angaben kaum Unterschiede bei der Behandlung von Armen oder Reichen. "Man wurde eigentlich recht gleichmäßig behandelt und die kostenlose Schulbuchausleihe für alle ist auch schon ziemlich gut in Rheinland-Pfalz." Bei den Bildungschancen für arme Menschen muss er aber ehrlich sein, das "ist nicht so fair".

Manchmal spielt Geld eben doch auch eine große Rolle.

Angst, Scham und Hoffnungslosigkeit gehen mit Armut einher

Oft erlebt die Initiatorin des Vereins, Brigitte Seidler, dass Menschen, die wenig haben, sich für ihre Armut schämen. Aber noch schlimmer sei es für diese Familien, in der Not auch um Hilfe zu bitten. "Das erlebe ich ganz oft, dass die Eltern oder Familien nicht bereit sind, staatliche und andere Hilfe anzunehmen, die ihnen eigentlich zustehen würde". Sie erlebe tagtäglich viele Familien, die "zu stolz sind, Anträge auszufüllen". Hinzu komme der Druck, denn so ein Antrag bedeute auch, dass "Erwartungen an sie gestellt werden", die sie nur schwer erfüllen könnten.

"Gleichgültigkeit vieler Eltern ist weiteres Problem"

Es brauche eine gewisse Anstrengung, Konsequenz und auch Energie der Eltern, die Kinder anzuleiten, bei der Stange zu halten, sie zu motivieren, dass Schule wichtig ist. Eltern müssten ihren Kindern vorleben, wie sie die richtigen Prioritäten setzten. Das geschehe aber ehrlicherweise eher selten, da viele sich in "ihrem belasteten Alltag dann auch mal hängen lassen". Dann würden die Kinder aber nicht mehr an die Hand genommen, was fatal sei. "Dann wird nicht mehr kontrolliert, ob die Hausaufgaben gemacht sind und dann ist es egal, wie viele Stunden sie daddeln am Handy oder was auch immer". Und diese Gleichgültigkeit sei eigentlich das größte Problem.

Wir sind immer noch nicht sozial genug im Umgang mit bedürftigen Eltern.

"Die [Eltern] brauchen mehr Unterstützung. Klar gibt es überall zu wenig Personal an den Schulen, in den Behörden, im Jugendamt, im Sozialamt. Alle sind auf Kante gestrickt, die können nicht mehr". Lösungen seien aber meist nicht nur mit Geld zu finden. Das System müsse einfacher werden, komplexe Abläufe müssten sich wieder so verschlanken, dass niedrigschwellige Angebote ohne Scham angenommen werden können.

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