SWR-Aktuell: Frau Harmutter-Pier, Sie haben Ihren Kunden per Flyer mitgeteilt, dass ihre Markt-Apotheke in der Landstuhler Innenstadt ab sofort dauerhaft geschlossen bleibt. Als Grund haben Sie unter anderem den akuten Personalmangel in ihrer Apotheke genannt. Wie konnte es dazu kommen?
Sabrina Harmutter-Pier: Es war tatsächlich ein unglücklicher Zufall, dass viele Kolleginnen und Kollegen uns in den vergangenen Monaten verlassen haben. Einige sind zum Beispiel umgezogen oder haben eine eigene Apotheke eröffnet, andere sind in Rente gegangen. Wir hatten unsere freien Stellen auch direkt ausgeschrieben, allerdings bewirbt sich zurzeit keiner darauf.
Viele Apotheken könnten bald schließen müssen
Das ist ein Problem, was nicht nur uns, sondern alle Apotheker in Deutschland betrifft: Es will kaum noch jemand in einer öffentlichen Apotheke arbeiten. Und das mindestens schon seit Beginn dieses Jahres, auch wenn sich diese Entwicklung schon seit mehreren Jahren abgezeichnet hat.
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass immer mindestens ein Apotheker vor Ort ist. Das können wir wegen des wenigen Personals aktuell nicht mehr garantieren. Daher haben wir uns dazu entschlossen, den Standort am Alten Markt aufzugeben. Wir werden aber nicht die einzige Apotheke in der Westpfalz bleiben, die schließen muss. Ich bin mir sicher, dass wegen des aktuellen Personalmangels viele Apotheken in der Region dicht machen werden. Es wird bald eine Schließungswelle bei Apotheken geben.
Nachwuchsproblem und Fachkräftemangel in Pharmazie-Berufen
SWR-Aktuell: Sie sagen, dass niemand mehr in öffentlichen Apotheken arbeiten will. Aber warum?
Harmutter-Pier: Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Zum einen wollen immer weniger junge Menschen Pharmazie studieren, sprich es kommt kaum noch Apotheker-Nachwuchs nach. Wer sich aber doch dazu entscheidet, will nach dem Studienabschluss oft nicht in einer öffentlichen Apotheke, sondern in der Industrie oder in einem Krankenhaus arbeiten. Dort bekommen sie als Apotheker deutlich mehr Gehalt.
SWR-Aktuell: Sie haben im Flyer neben dem Personalmangel auch die "politische Lage" als Grund für die Apotheken-Schließung angeführt. Was genau meinen Sie damit?
Harmutter-Pier: Die Bundesregierung hat im vergangenen Oktober per Gesetz beschlossen, dass Apotheken ab diesem Jahr für jedes verschreibungspflichte Medikament mehr an die Krankenkassen zahlen müssen als bisher. Damit fehlt uns Geld, mit dem wir beispielsweise hätten die Löhne erhöhen können, auch um für mögliche Bewerber finanziell attraktiver zu sein.
Viele Baustellen in Landstuhl - Kunden bleiben aus
SWR-Aktuell: Gab es auch noch andere Gründe, weshalb Sie sich dazu entschieden haben, die Apotheke zu schließen?
Harmutter-Pier: Die wirtschaftliche Situation hat sich für den Standort am Alten Markt in den vergangenen Jahren immer weiter verschlechtert. Es hätte sich finanziell nicht mehr gelohnt, sie lange weiterzubetreiben. Ein Grund dafür waren die vielen Baustellen in der Landstuhler Innenstadt. Es kamen immer weniger Kunden. Auch, weil es kaum noch Parkplätze in der Stadt gibt. Wer auf dem Land wohnt und auf sein Auto angewiesen ist, meidet dann die Innenstadt und damit auch unsere Markt-Apotheke.
SWR-Aktuell: Was passiert mit den ehemaligen Mitarbeitenden der Markt-Apotheke in Landstuhl?
Harmutter-Pier: Wir konnten fast alle Angestellten an unseren anderen Standorten in Kusel, Landstuhl und in Altenglan unterbringen. Einige haben unseren Apotheken-Verbund aber auch auf eigenen Wunsch hin verlassen. Aber auch sie haben inzwischen alle einen neuen Arbeitsplatz gefunden.
SWR-Aktuell: Wie haben ihre Kunden auf die Apotheken-Schließung reagiert?
Harmutter-Pier: Unsere Kunden haben für unsere Situation viel Verständnis. Viele bedauern, dass wir unsere Markt-Apotheke in Landstuhl schließen müssen.
Andere Apotheken in Westpfalz sollen erhalten bleiben
SWR-Aktuell: Wie sieht es mit ihren anderen Apotheken-Standorten in Kusel, Landstuhl und Altenglan aus? Sind sie auch von einer Schließung bedroht?
Harmutter-Pier: Die anderen drei Standorte stehen wirtschaftlich gut da. Wir müssen aber trotzdem schauen, wie es jetzt weitergeht. Auch in den anderen Apotheken haben wir viel zu wenig Personal. Wir brauchen an allen drei Standorten insgesamt noch mindestens drei Apothekerinnen oder Apotheker, die in Vollzeit arbeiten können, ansonsten wird das echt schwierig.
Ich hoffe, dass wir bald noch jemanden finden werden und uns gleichzeitig kein anderer Apotheken-Mitarbeiter mehr verlässt. Ansonsten müssen wir darüber nachdenken, ob wir nicht noch eine andere Apotheke schließen müssen. Im Moment sieht es aber nicht danach aus.
Das Interview führte SWR-Reporter Daniel Novickij
Auch Medikamente fehlen den Apotheken im Westen der Pfalz
Vielen Apotheken in der Westpfalz fehlt es aber nicht nur Mitarbeitern. Seit vielen Monaten können Vorräte einiger wichtiger Medikamenten nicht aufgefüllt werden. Ähnlich ergeht es auch den Kliniken in der Region. Dabei seien insbesondere Antibiotika Mangelware.