Pfälzer Sportlehrer im Interview

Schlaganfall mit 44 - "Zwei Tage lang geweint"

Stand
Das Interview führte
Martin Heuser

Sportlich, Nichtraucher, keine familiäre Vorbelastung - Dominik Kohler aus der Südpfalz hätte nie im Leben mit einem Schlaganfall gerechnet. Der Schock wirkt bis heute nach.

SWR Aktuell: Herr Kohler, Sie sind Sportlehrer, ernähren sich gesund und rauchen nicht. Trotzdem hatten sie vergangenes Jahr gleich zwei Schlaganfälle. Was war da los am 10. November?

Dominik Kohler: Ich hatte schon morgens beim Frühstück Sehstörungen, habe mir dabei aber nichts gedacht. Dachte, das ist Schmutz im Auge. Bevor ich dann in der Schule mit der Klasse in den Wald wollte, habe ich im Lehrerzimmer meine Jacke angezogen und bin dann auf einmal links in die Wand eingeschlagen. Also ich hatte da massive Gleichgewichtsprobleme, kompletter Verlust der Gleichgewichtskontrolle und bin immer wieder nach links umgefallen.

Und das ging nicht weg. Ich dachte, dass es vielleicht eine Unterzuckerung ist. Doch das ging einfach nicht weg, nach der Einnahme des Traubenzuckers nicht und nach einem Glas Wasser nicht. Dann hat die Schulleitung den Krankenwagen gerufen.

SWR Aktuell: Wie haben Sie dann erfahren, dass es ein Schlaganfall war?

Kohler: Nachdem ich diese Übungen (während der Diagnostik; Red.) sehr gut absolviert hatte, wurde ich nach dem CT (Computertomographie) erstmal so auf Wartestellung gelegt. Und ich habe in dieser Zeit noch zwei, dreimal die Sehstörungen bekommen und musste dann auch ein bisschen vehement darauf bestehen, dass man ein MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie) macht. Und dann am nächsten Tag kam eine Ärztin und sagte: Wir konnten es erst nicht glauben, aber Sie haben da einen Schlaganfall. Das sieht man hier ganz deutlich.

grafische Darstellung FAST-Test zum Erkennen von Schlaganfällen

SWR Aktuell: Sie wurden eine Woche lang im Krankenhaus eingehend untersucht, ohne dass man eine Ursache gefunden hätte. Und dann kam sprichwörtlich der 2. Schlag.

Kohler: Es war am zweiten Tag zuhause nach der Klinik. Ich wollte noch was lesen und auf einmal war mein Sehfeld wieder verschwunden. Also genau die gleichen Symptome wie beim ersten Mal. Und dann war für mich schon klar: Es ist jetzt wieder ein Schlaganfall. Wir haben dann sofort den Notarzt gerufen, und dann ging das Spiel quasi noch mal von vorne los.

Dann hatte ich diesmal auch Probleme mit der Sprache. Also ich konnte dann auch für wirklich einen sehr kurzen Moment in der Notaufnahme nicht mehr sprechen. Ich konnte den Kopf nicht mehr heben, und das war so ein Moment, da hatte ich dann sehr, sehr große Angst, dass ich nicht mehr heimkomme.

SWR Aktuell: Sie sind jetzt ein Jahr wieder zuhause und machen die Wiedereingliederung als Lehrer an ihrer Schule. Haben Sie noch Beeinträchtigungen?

Kohler: Also ich habe nach wie vor Probleme mit den Augen, leichte Sehstörungen, Sehschwächen. Ich habe Schwindel, der begleitet mich eigentlich seit den Schlaganfällen durchgehend. Ich habe eine gewisse Gangunsicherheit, was ich eigentlich gar nicht kenne. Und ich merke selbst, dass meine Belastbarkeitsgrenze stark vermindert ist.

SWR Aktuell: Wie bei Ihnen trifft der Schlaganfall die meisten Menschen ja völlig unvorbereitet. Abgesehen von den körperlichen Beschwerden: Wie geht es Ihnen eigentlich psychisch?

Kohler: Also dieser zweite Vorfall, der macht mir tatsächlich extrem zu schaffen. Das war auch eine extreme Angstsituation. Ich saß manchmal daheim und habe zwei Tage geweint. Der Schlaganfall hat dann auch das komplette Leben für mich auf den Kopf gestellt. Da hab ich weiter daran zu arbeiten.

Es kommt immer wieder die Frage auf: Was ist, wenn es noch mal passiert? Also diese Ungewissheit, die ist sehr, sehr quälend.

SWR Aktuell: Wenn Sie zurückschauen: Was hat sich in Ihrem Leben am meisten verändert?

Kohler: Im Moment sind wir familiär zurück auf dem Weg in die Normalität, was ich sehr, sehr schön finde. Was sich verändert hat, ist, glaube ich, dass wir alles intensiver leben, dass wir alles intensiver wahrnehmen und dass wir unsere Pläne sehr kurzfristig machen. Also wenn wir sagen, wir möchten mit den Kindern noch irgendetwas machen, irgendein Urlaubsziel oder einen Ausflug, oder ich und meine Frau möchten irgendetwas machen, dann schauen wir, ob wir das umsetzen können. Und dann machen wir das auch.

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