Aufsichtsbehörde ADD ist alarmiert

Mehr Beißattacken in RLP durch freilaufende Hunde

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Seinen Hund frei und ausgelassen durch die Landschaft rennen zu sehen, das ist wahrscheinlich für alle Hundehalter eine Freude. Aber immer öfter kommt es zu Beißattacken in RLP.

Sie könne gar nicht mehr zählen, wie oft ihre Schafe auf der Weide von Hunden gejagt, gebissen und verletzt würden, erzählt Schäferin Elena Mottl aus Lambsheim dem SWR-Politikmagazin "Zur Sache Rheinland-Pfalz". "Es sind nicht die Kampfhunde, da gab es noch keine negativen Vorfall", sagt sie. Diese Besitzer hätten ihre Hunde immer an der Leine. Es seien die ganzen normalen Spaziergänger mit ihren Familienhunden.

"Die Hunde jagen über die Flächen. Die Wildtiere haben keine Chance mehr. Die Leute haben ihre Hunde einfach nicht unter Kontrolle. Der Hund macht was er will." Die Schäferin ist sauer, aber auch frustriert. Sie spreche die Hundehalterinnen an, erstatte Anzeige, aber es nutze nichts, sagt sie.

Zur Rechtslage Hafte ich, wenn mein Hund jemanden beißt?

Im Rhein-Pfalz-Kreis wurde am Dienstag eine Frau von einem Hund totgebissen. Was haben Hundehalter zu befürchten, wenn ihr Hund jemanden beißt? Welche Rechte habe ich, wenn ich gebissen werde?

Am Mittag SWR4 Rheinland-Pfalz

Hunderte Hundeangriffe im Jahr in RLP

160 Menschen und 185 Tiere wurden allein im ersten Halbjahr 2022 in Rheinland-Pfalz von Hunden gebissen und verletzt. 30 Tiere starben bei den Angriffen. Die Aufsichtsbehörde ADD ist alarmiert. Bernhard Kuhn, Hunde-Experte der ADD sagte dem SWR, seit 2020 sei die Zahl der Hundeangriffe kontinuierlich um 20 Prozent gestiegen. "Das hängt damit zusammen, dass viele Leute beim Spazierengehen die Hunde nicht anleinen, obwohl das in der Gefahrenabwehrverordnung in Rheinland-Pfalz so vorgeschrieben ist."

Die meisten Hundehalter würden ihre Hunde falsch einschätzen, meint Kuhn. Außerdem hätten sich während der Corona-Pandemie viele Tierliebhaber einen Hund angeschafft, seien aber damit überfordert.

Familienhund in Ludwigshafen totgebissen

Alle Hunde müssen innerhalb von Ortschaften an der Leine geführt werden. Aber nicht immer halten sich Hundebesitzer daran. Einer Familie in Ludwigshafen wurde dies zum Verhängnis. Murtaza Arslan erzählt unter Tränen wie ihr kleiner Familienhund Joki abends beim Gassigehen von einem unangeleinten Hund totgebissen wurde. "Ich hab den Hund fünf Jahre gehabt. Ich hab gedacht das kann nicht wahr sein. Ich bin dann die ganze Nacht bei ihm geblieben bis die Todesstarre eintrat."

Erst nach Tagen konnte der Halter des Angreiferhundes ausfindig gemacht werden. Nach Angaben der Stadt Ludwigshafen wurde der Hund, bei dem es sich offenbar um einen Kampfhundmischling handelt, beschlagnahmt. Ob er eingeschläfert werden muss, wird nun ermittelt.

Die meisten Beißattacken werden gar nicht bekannt

Der Vorfall reiht sich in eine Serie von Hundeangriffe der letzten Monaten ein, über die in den Medien berichtet wurde - viele werden gar nicht erst öffentlich bekannt.

  • Oktober 2022: Im Kreis Kusel beißt ein freilaufender Hund einen Paketboten.
  • Dezember 2022: Ein freilaufender Hund in Kaiserslautern soll zwei Hunde totgebissen haben.
  • Januar 2023: Eine 87-jährige Frau in Neuhofen in der Pfalz wird von einem "American Bully" totgebissen.

ADD: Liste der gefährlichen Hunde muss erweitert werden

Die Aufsichtsbehörde ADD will, dass die Liste der gefährlichen Hunderassen ausgeweitet wird. Auch Mischlingshunde, wie der American Bully müssten als gefährlich gelten, sagte ADD-Sprecher Kuhn. Außerdem müsse man die Entwicklung beobachten, so Kuhn, und gegebenenfalls einen verpflichtenden Hundeführerschein für Hundehalter einführen, wie er in anderen Bundesländern bereits vorgeschrieben ist. In Niedersachsen ist er sogar für alle Rassen und Größen Pflicht.

Der ADD-Sprecher fasst es so zusammen. "Das Problem ist meistens nicht der Hund. Das Problem liegt meist am anderen Ende der Leine."

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SWR