Post vom Energieversorger ist in letzter Zeit ungefähr so beliebt wie Strafzettel oder Rechnungen: Denn in Zeiten der Energiekrise geht es meistens um unangenehme Nachrichten. Zum Beispiel werden Preissteigerungen angekündigt oder Abschlagszahlungen erhöht. Der Gedanke daran belastet allerdings nicht nur Kundinnen und Kunden, sondern auch Mitarbeitende der Energieversorger. Sie müssen immer wieder Beschlüsse der Bundesregierung umsetzen, unter enormen Zeitdruck. Und die vielen verständlichen Fragen der Kundschaft beantworten. Dabei kriegen sie oft Unmut und Ärger ab.
Verzweifelte Kunden bringen Mitarbeiter an ihre Grenzen
So geht es zum Beispiel Arne Kruse, der im Kundencenter von EnergieSüdwest in Landau arbeitet. Er empfindet den persönlichen Kontakt vor Ort in Zeiten der Energiekrise manchmal als sehr belastend. "Wenn Ihnen ein Kunde gegenüber sitzt, der den Tränen nahe ist oder der außer sich ist vor Wut, müssen Sie natürlich sofort mit diesem Kunden umgehen", erklärt Kruse.
Manche Kunden hätten Angst, ihre Abschläge nicht mehr bezahlen zu können. Das nehme auch die Mitarbeitenden im Kundencenter mit. Früher haben sie diesen Dienst eine Woche am Stück gemacht - in der Woche danach hatten sie dann Bürozeit mit telefonischen Anfragen und E-Mails. Jetzt werde meist schon nach zwei Tagen gewechselt, berichtet Kruse. Auch, weil etwa doppelt so viele Menschen ins Kundencenter kommen wie früher - bis zu 150 am Tag. "Wenn wir um 16 Uhr die Tür vorne schließen, dann brummt unser Kopf richtig!", klagt der Kundenberater. "Da muss man dann irgendwas tun - entweder schlafen, Fahrrad fahren, Sport machen und dann geht’s auch wieder."
Überstunden im Vertrieb
Auch in anderen Unternehmensbereichen ist die Arbeitsbelastung hoch. Auf einer Skala von 1 bis 10 lägen die Herausforderungen derzeit bei 12, sagt die Vertriebschefin bei EnergieSüdwest, Jessica Kramer. Ihr Team müsse immer neue Vorgaben der Bundesregierung umsetzen. Aktuell die Dezemberhilfe für Gas und Fernwärme. Und rund um den Jahreswechsel müssen auch die sogenannten Preisbremsen für Strom und Gas umgesetzt werden. Das Team wurde deshalb extra aufgestockt, dennoch fallen viele Überstunden an. Und der Weihnachtsurlaub falle bei dem ein oder anderen auch kürzer aus als geplant, berichtet Kramer.
Stadtwerke in Rheinland-Pfalz erwarten noch mehr Kundenanfragen im neuen Jahr
Da die Preiserhöhungen für Strom und Gas zum 1. Januar wirksam werden, rechnet die EnergieSüdwest damit, dass dann noch mehr Menschen Beratung brauchen werden. Dieselbe Erfahrung machen auch andere Stadtwerke im Land: So berichten auch die Stadtwerke Frankenthal, die Mainzer Stadtwerke und die Stadtwerke Trier, dass die Arbeitsbelastung und das Volumen der Kundenanfragen derzeit ungewöhnlich hoch sei.
Bei Energie Südwest in Landau ist die Atmosphäre trotz der hohen Arbeitsbelastung derzeit angenehm ruhig. Auch Kundenberater Arne Kruse kommt nach wie vor gerne zur Arbeit. Den Kunden, die Probleme haben, zu helfen und ein gutes Gefühl zu vermitteln, erlebe er als sinnstiftend, erklärt der Pfälzer. Dafür nähmen er und seine Kollegen den zusätzlichen Stress in Kauf.