"Ich habe schnell gemerkt, ich habe mich verliebt ins Malerhandwerk", berichtet Justin Behrens aus Remagen. Der 19-Jährige hat am Projekt "Aufbau-Ahr - Freiwillige Aufbauzeit im Ahrtal" teilgenommen, das seit März 2022 angeboten wird. In dem Projekt erhalten Menschen bis 27 Jahre die Möglichkeit, beim Wiederaufbau im Ahrtal zu helfen und dabei verschiedene Handwerksberufe auszuprobieren.
Vom Ahr-Projekt in die Malerausbildung
Die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer können sich innerhalb von Praktika in drei Handwerksberufen ausprobieren. "Ich konnte mir vorher nie vorstellen, ins Handwerk zu gehen", sagt Justin Behrens. Durch das Projekt hat er über eines der Praktika nun eine Ausbildung bei einem Malerbetrieb in Remagen-Oberwinter begonnen. Justins Chef, Malermeister Marco Mäsgen, war durch einen betroffenen Freund nach der Flutkatastrophe zunächst als Helfer im Ahrtal. Später übernahm sein Betrieb dort Aufträge.
"Das Projekt macht es für Betriebe recht einfach, an Nachwuchs zu kommen"
Durch die Handwerkskammer wurde das Unternehmen auf das Projekt des rheinland-pfälzischen Arbeitsministeriums und der Handwerkskammer Koblenz aufmerksam. "Weil wir tierische Probleme mit Fachkräften haben und schon lange nach einem Auszubildenden suchten", habe sich der Malerbetrieb beteiligt. "Ich finde es genial. Das ist für uns Betriebe recht einfach, an Nachwuchs zu kommen auf diese Art und Weise", lobt Mäsgen das Projekt, bei dem insgesamt 35 Betriebe in der Ahr-Region mitmachen.
Teilnehmende absolvierten bisher 50 Praktika
Wie Arbeitsminister Alexander Schweitzer (SPD) berichtete, haben mittlerweile 24 Teilnehmende rund 50 Praktika in den unterschiedlichsten Handwerksbetrieben absolviert. Die jungen Erwachsenen probierten sich beispielsweise als Maurer, Tischler, Fliesenleger, Maler oder Kfz-Mechatroniker aus. Laut Schweitzer beendeten bisher 15 junge Menschen das Projekt, fünf von ihnen haben eine Ausbildung oder eine Einstiegsqualifizierung in einem Handwerksbetrieb in der Ahrregion begonnen. "Damit können wir sehr zufrieden sein", sagte Schweitzer. Es sei wichtig, neue Wege in der Berufsorientierung zu gehen.
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Die Handwerkskammer Koblenz stellt für die Teilnehmenden ihre Lehrwerkstätten zur Verfügung. Wer teilnimmt, erhält ein monatliches Entgelt von 470 Euro und eine Unterkunft. Die dort in dem Projekt eingesetzten jungen Leute seien "die besten Multiplikatoren und Botschafter ihrer Gewerke gerade für andere Jugendliche", verbunden mit einer "Signalwirkung für das Ahrtal", sagte Ralf Hellrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz.
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Schweitzer: "Ahr-Projekt könnte Modell für andere Regionen sein"
Das ursprünglich für ein Jahr geplante Projekt sei bis zum 31.12.2023 verlängert worden, weil es so gut laufe, sagte Schweitzer. Rund 370.600 Euro stehen dafür zur Verfügung. Den Großteil trägt das Land, den Rest die Handwerkskammer Koblenz. Er sehe auch für andere Regionen in Deutschland eine Chance für das Modell, um Fachkräfte zu gewinnen, so Schweitzer: "Viele junge Menschen wissen oft nicht, wie vielschichtig Handwerksberufe sind."