In den meisten Unternehmen startet das Ausbildungsjahr Anfang August oder Anfang September. Nicht mehr viel Zeit also für junge Menschen, sich noch eine Ausbildungsstelle zu sichern. Aber: Für eine Bewerbung "gibt es keine Deadline", sagt Kurt Krautscheid, der Präsident der Handwerkskammer Koblenz.
Angebote gibt es in Rheinland-Pfalz reichlich. Der Ausbildungsmarkt sei derzeit "ein Überschussmarkt für junge Leute, die einfach sagen: Wir können uns immer noch entscheiden, was wir machen", betont Krautscheid. Dadurch habe sich das Ganze ein bisschen gedreht. "Wenn wir 20 Jahre zurück gucken: Ab dem 7./8. Schuljahr sind die Eltern schon losgelaufen und haben versucht, Lehrstellen für die jungen Menschen zu bekommen." Das sei heute längst nicht mehr so.
Noch mehr als 11.000 Ausbildungsstellen in RLP
Nach den neuesten Angaben der Arbeitsagentur gab es Anfang Juli in Rheinland-Pfalz noch 11.274 unbesetzte Stellen. Dem stünden 7.614 Bewerber gegenüber. Damit kommen auf 100 unbesetzte Ausbildungsstellen 68 Jugendliche, die noch auf der Suche nach einer solchen Stelle sind. "Somit sind die Chancen der jungen Menschen, noch vor Beginn des Ausbildungsjahres im Sommer eine passende Stelle zu finden, sehr gut", sagte Heidrun Schulz, die Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland, Anfang Juni.
Viele Stellen werden wieder unbesetzt bleiben
Gute Chancen für die Bewerber heißt aber im Gegenzug schlechte Chancen für die Unternehmen im Land, ihre Ausbildungsstellen besetzen zu können. Damit setzt sich die Tendenz der vergangenen Jahre fort. Im Laufe der letzten zehn Jahre sei der prozentuelle Anteil der unbesetzten Berufsausbildungsstellen immer stärker angewachsen, sagt Joachim Rübel von der Arbeitsagentur auf SWR-Anfrage. Während "im September 2013 knapp 5 Prozent der gemeldeten Ausbildungsstellen unbesetzt waren, waren es im September 2018 bereits knapp 9 Prozent". Im September vergangenen Jahres habe der Anteil der unbesetzten Ausbildungsstellen dann schon bei rund 15 Prozent gelegen.
Immer mehr Azubis mit ausländischem Pass
Wegen der vielen unbesetzen Ausbildungsstellen gibt es zunehmend Forderungen und Initiativen, Menschen aus dem Ausland zu gewinnen - etwa ein Projekt des rheinland-pfälzischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA mit dem Ziel, in den nächsten Jahren insgesamt 100 Auszubildende aus Ruanda nach Rheinland-Pfalz zu holen.
Die Zahl der Bewerber mit ausländischem Pass ist laut Arbeitsagentur in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen. Waren 2013 noch knapp 10 Prozent der Bewerber Ausländer, betrug der Anteil 2018 schon gut 15 Prozent. Im vergangenen Jahr hätten gut 17 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber keinen deutschen Pass gehabt.
Die meisten sozialversicherungspflichtig beschäftigten Auszubildenden mit einer ausländischen Staatsbürgerschaft seien im vergangenen Jahr im Gesundheits- und Sozialwesen beschäftigt gewesen - nämlich 35 Prozent. Auf Rang zwei lag danach der Handel mit 16 Prozent.
Verkauf besonders beliebt
Bei den Schulabgängern insgesamt besonders beliebt ist in Rheinland-Pfalz eine Ausbildung zur Verkäuferin oder zum Verkäufer. Im vergangenen Jahr gaben laut Arbeitsagentur RLP 1.459 Bewerber an, dies sei ihr Hauptberufswunsch.
Auf den Plätzen zwei und drei folgen Kaufmann/-frau Büromanagement (1.336) und Kfz-Mechatroniker, Pkw-Technik (1.040). Beliebt waren auch Medizinische/r Fachangestellte/r sowie Kaufmann/-frau im Einzelhandel.
Deutlich mehr Stellen in der Sozialverwaltung
Die größten Steigerungen bei den Ausbildungsberufen in Rheinland-Pfalz gab es in den vergangenen zehn Jahren bei den Fachkräften für Sozialverwaltung und -versicherung - mit einem Zuwachs von 83,5 Prozent auf 178 Stellen pro Jahr. Danach folgen Fachkräfte für Softwareentwicklung (plus 53,6 Prozent auf 530) sowie Fachkräfte für Zweiradtechnik mit einer Steigerung von 47,4 Prozent auf 115 Stellen.
In der Beliebtheit gesunken sind nach den Zahlen der Arbeitsagentur vor allem Betriebswirte im kaufmännisch-technischen Bereich, Fachkräfte für Tourismus sowie Verkäufer im Bereich Konditor.