RLP-Ausbildungsreport 2023

Azubis in RLP sind so unzufrieden wie noch nie

Stand
Autor/in
Florian Wagner
SWR Autor Florian Wagner

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Rheinland-Pfalz/Saarland hat seinen Ausbildungsreport veröffentlicht. Was denken die Azubis über ihre Ausbildung? Besonders im Fokus: die Digitalisierung.

Die generelle Lage auf dem Ausbildungsmarkt hat sich 2023 leicht verbessert. Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge stieg um zwei Prozent. Insgesamt starteten 23.454 Azubis in ihre Lehre. Damit haben 489 Jugendliche mehr als ein Jahr zuvor eine Ausbildung begonnen. Trotz dieser Zunahme blieben in Rheinland-Pfalz noch etwa 3.900 Ausbildungsstellen unbesetzt.

Große Herausforderungen im Bereich Digitalisierung

Ein zentraler Aspekt des Ausbildungsreports ist die Frage, wie gut Auszubildende auf den digitalen Wandel vorbereitet sind. Nur etwa vier von zehn Auszubildenden geben an, sich sehr gut oder gut auf die Digitalisierung in ihrem zukünftigen Beruf vorbereitet zu fühlen. Über die Hälfte bezeichnet diese Vorbereitung lediglich als befriedigend, ausreichend oder mangelhaft. Dabei variieren die Einschätzungen je nach Berufsgruppe deutlich.

Während zum Beispiel 73 Prozent der Fachinformatiker mit "Sehr gut" oder "gut" antworteten, sind es bei Steuerfachangestellten 56 Prozent. Bei Köchen und Hotelfachleuten sind es nur 24 bzw. 21 Prozent.

Auch bei der Bereitstellung digitaler Geräte durch die Betriebe gibt es laut dem Report Defizite. Lediglich rund ein Drittel der Auszubildenden gibt an, dass solche Geräte immer oder häufig zur Verfügung gestellt werden. 15 Prozent sagen, dass derartige Geräte gar nicht benötigt werden.

Vorbereitung auf Digitalisierung auch für Schulen eine Herausforderung

Nicht nur in den Betrieben, sondern auch in den Berufsschulen betrachten die Befragten den Stand der Digitalisierung kritisch. Lediglich rund ein Drittel der Auszubildenden fühlt sich sehr gut oder gut auf die Digitalisierung durch die Berufsschulen vorbereitet. Ähnlich viele bewerten die Ausstattung im digitalen Bereich an den Berufsschulen mit gut oder sehr gut.

Positiv hervorzuheben sei jedoch laut DGB die Bewertung der Lehrkräfte durch die Auszubildenden im Bereich der Digitalisierung. Fast die Hälfte der Lehrerinnen und Lehrer nimmt sich laut der Befragung immer oder häufig Zeit, um die Schülerinnen und Schüler in diesem Bereich zu unterstützen.

Stark ausbaufähig ist laut der Studie die Abstimmung zwischen Betrieb und Schule. Nur rund jeder Vierte sieht die Zusammenarbeit als sehr gut oder gut an.

Qualität des Berufsschul-Unterrichts ist durchwachsen

Obwohl die Berufsschule gerade für theoretische Wissensvermittlung und den Austausch mit Kollegen aus anderen Betrieben einen besonderen Stellenwert einnimmt, wird sie als Lernort sehr durchwachsen beurteilt. Nur gut die Hälfte der Befragten (rund 51 Prozent) betrachtet die fachliche Qualität des Berufsschulunterrichts als "gut" oder "sehr gut" - zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Jeder Dritte bezeichnet die Unterrichtsqualität als "befriedigend".

Vorbereitung auf Digitalisierung auch für Schulen eine Herausforderung

Der DGB geht davon aus, dass die Defizite beim Thema Digitalisierung und der Lernortkooperation zwischen Ausbildungsbetrieb und Berufsschule zu diesem schlechten Ergebnis beitragen.

Azubis in Betrieben: Überstunden und ausbildungsfremde Tätigkeiten

Regelmäßige Überstunden gehören für viele der befragten Auszubildenden zum Ausbildungsalltag: Rund 43 Prozent von ihnen leisten regelmäßig Überstunden. Im langfristigen Vergleich ist dies der schlechteste Wert seit 2012.

Knapp 84 Prozent der Auszubildenden, die angaben, regelmäßig Überstunden machen zu müssen, leisten bis zu fünf Überstunden pro Woche, die übrigen 16 Prozent jedoch zum Teil noch deutlich mehr.

Azubis in Betrieben: Überstunden sind die Regel

Überstunden wirken sich außerdem negativ auf die Ausbildungszufriedenheit aus. Während knapp zwei Drittel der Auszubildenden, die nach eigenen Angaben keine regelmäßigen Überstunden machen müssen, mit ihrer Ausbildung "sehr zufrieden" oder "zufrieden" sind, trifft das nur für 60 Prozent der Auszubildenden zu, die regelmäßig zu Überstunden herangezogen werden.

Nur "Kaffee kochen"? So viel müssen Azubis ausbildungsfremd arbeiten

Bei ausbildungsfremden Tätigkeiten müssen Auszubildende Aufgaben ausführen, die nicht dem gültigen Ausbildungsplan entsprechen. Bei diesen Arbeiten handelt es sich häufig um minderwertige Aufgaben oder um Routinetätigkeiten, die immer wieder ausgeführt werden und nicht mehr dem Lernerfolg dienen. 16,2 Prozent der Auszubildenden geben an, solche Aufgaben "immer" oder "häufig" durchführen zu müssen. Unter anderem diesen Klischees gibt Felix Schröder, Gipser und Stuckateur aus Bad Dürkheim, auf Social Media eine Bühne. Er wirbt außerdem für Handwerksberufe.

Viel zu oft haben Menschen ein negatives Bild über das Handwerk. Und ich will zeigen, dass wir doch ein paar ganz lustige Typen sind, die ganz schöne Sachen machen.“

Gipserfelix

Ausbildungsfremde Tätigkeiten und ausbildungsfremde Routinearbeiten sind nach dem §14 Berufsbildungsgesetz verboten. Die fehlenden Ausbildungsinhalte werden dann häufig mit Überstunden "aufgeholt", in der Freizeit erarbeitet oder im schlimmsten Fall überhaupt nicht vermittelt, so der Bericht des DGB.

Wie zufrieden sind die Azubis?

Insgesamt sind rund 63 Prozent der befragten Auszubildenden aus Rheinland-Pfalz mit ihrer Ausbildung "sehr zufrieden" (19 Prozent) oder "zufrieden" (44 Prozent). Damit ist die sogenannte Ausbildungszufriedenheit gegenüber 2022 um 8 Prozentpunkte auf einen neuen Tiefstwert gesunken.

Insgesamt würden nur gut die Hälfte (52 Prozent) der Auszubildenden die Ausbildung in ihrem Betrieb weiterempfehlen. Ungefähr ein Fünftel (22 Prozent) der Auszubildenden würde eine Ausbildung in ihrem Betrieb nicht weiterempfehlen.

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Übernahme nach der Ausbildung

Gut 55 Prozent der Befragten wussten zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht, ob sie im Anschluss an ihre Ausbildung übernommen werden. Nur knapp vier von zehn (39 Prozent) hatten bisher eine Übernahmezusage erhalten und rund 6 Prozent wussten bereits, dass sie nicht übernommen werden.

Die Aussicht auf eine Übernahme nach der Ausbildung bedeutet für viele Auszubildende trotzdem noch keine sichere berufliche Perspektive. 79 Prozent der Befragten, die sich bereits sicher waren, von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen zu werden, haben einen unbefristeten Arbeitsvertrag in Aussicht gestellt bekommen. Den übrigen wurde ein zumeist auf höchstens ein Jahr befristeter Arbeitsvertrag angeboten.

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