"Ich finde es unerhört, unverschämt und ich werde mir das nicht gefallen lassen", schimpfte Reutlingens Oberbürgermeister Thomas Keck (SPD) wie der sprichwörtliche Rohrspatz. Nein, ihm hat kein Nachbar eine Tanne abgesägt, weil ihre Zweige die gemeinsame Grenze verletzten. Es ist bloß Reutlingen verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Reutlingen, das neue Atlantis!
Den Untergang besiegelte das neue Schild über einer Ausfahrt der A81 bei Rottenburg. Unter "Rottenburg a. N." steht nicht mehr "Tübingen/Reutlingen", sondern nur noch "Tübingen". Außerdem "Nagold" und "Bondorf". Das Regierungspräsidium Stuttgart hält sich damit an die Vorgabe des Bundesstraßenverzeichnisses, wonach ein Schild – Stichwort Übersichtlichkeit – maximal vier Ziele nennen soll.
Reutlingen 27 Autominuten von Rottenburg entfernt
Für den Oberbürgermeister von Reutlingen mindestens eines zu wenig. "Ich habe einen Kopf wie Birnenholz, ich bleibe hart in der Sache." Da fällt mir die "Birne" ein, so wurde Helmut Kohl in den Achtzigern genannt. Vielleicht mag dem Reutlinger OB mal jemand sagen, dass Tübingen 16 Autominuten von Rottenburg entfernt ist, Reutlingen dagegen 27? Thomas Keck könnte natürlich samt seiner Stadt umziehen zwischen die Autobahnabfahrt und Tübingen.
Nicht mehr als vier Ausfahrt-Ziele erlaubt Große Aufregung: Reutlingen verschwindet vom Autobahnschild
Der Ausbau der A81-Ausfahrt Rottenburg bringt nicht nur Freude. Auf die Stadt Reutlingen wird auf dem Schild der Ausfahrt nicht mehr hingewiesen. Der Oberbürgermeister ist erbost.
Wenigstens hat der Mann jetzt einen Vorwand für eine Dienstreise nach Neuseeland, das auch immer mal verschwindet, zuletzt auf der Weltkarte eines globalen Möbelhauses. Thomas Keck kann sich mit der früheren Premierministerin Jacinda Ardern über die gemeinsame Verlusterfahrung austauschen.