Ukraine-Hilfe in Bachmut: So ist der Hilfseinsatz im Krieg

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Interview
Arne Wiechern
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Sebastian Felser

Fast anderthalb Jahre dauert der russische Angriffskrieg auf die Ukraine schon an. Trotzdem kämpfen Ukrainerinnen und Ukrainer weiter und sie bekommen auch weiterhin viel Unterstützung - militärisch, aber auch humanitär. Kevin Scheck lebt eigentlich in Karlsruhe. Er war aber als ausgebildeter Notfallsanitäter für drei Wochen in Bachmut, unweit der Frontlinie.

SWR Aktuell: Wie sind Sie denn dazu gekommen, in Bachmut zu helfen?

Kevin Scheck: Das war tatsächlich eine relativ spontane Geschichte. Ich saß nach Feierabend mit meinem Chef auf der Terrasse und er hat mir gesagt: "Ich bekam das Angebot, in die Ukraine zu gehen, aber bei mir ist es ein bisschen schwer wegen meiner Frau und der Kinder. Hättest Du denn Lust darauf?" Tatsächlich habe ich nicht groß nachgedacht und habe dann sofort gesagt, dass wir das machen.

SWR Aktuell: Aber war denn gar nicht so in ihrem Kopf: Das ist eine ziemlich gefährliche Situation, in die ich mich da begebe?

Scheck: Als es so aus dem Bauch rausgesprudelt kam, dass ich das machen möchte, nicht. Das kam erst in den nächsten Tagen und Nächten, als ich darüber geschlafen habe. Da wurde es schon irgendwie bewusst: Man fährt jetzt nicht irgendwie ins Ausland und guckt sich da schöne Städte an, sondern man fährt in ein Kriegsgebiet. Gleichwohl dachte ich aber auch, dass ich dort meine Fähigkeiten sehr gut einsetzen kann. Der Benefit war dann für mich dann immer größer als das Risiko.

SWR Aktuell: Sie sind zwei Tage gereist, dann waren sie dort. Wie sind Sie dort eingesetzt worden?

Scheck: Ich war dort über eine NGO - "Road to Relief" - und die hat dann Kontakt zur Armee hergestellt und dort dann in der "Medical Evacuation" gearbeitet.

SWR Aktuell: In der Region, in der sie geholfen haben, wird geschossen, auch auf Helfer. Wie haben sie sich dort selbst geschützt?

Scheck: Wir bekamen eine ballistische Schutzausrüstung gestellt: Helm und die ständige Begleitung von Soldaten. Ich war auf einem Rettungswagen, der den "Casualty Evacuation"-Panzer - das ist der Panzer, der die Verletzten von der ersten Frontlinie abholt - etwa zwei Kilometer von Bachmut entfernt getroffen hat. Da war immer soldatische Begleitung dabei.

SWR Aktuell: Und welche Begegnungen hatten sie bei ihrem Einsatz, die ganz besonders unter die Haut gegangen sind?

Scheck: Es war weniger der Schrecken, den man gesehen hat - Tote oder Verletzte - es war mehr die Dankbarkeit, die einem aus der Bevölkerung und von den soldatischen Kameraden entgegenkommen ist. Das war immer sehr bewegend und rührend. Das ging mir auch am meisten unter die Haut.

Man war an der Tankstelle und hat sich gerade eine Flasche Wasser oder was zum Mittagessen geholt und Leute kamen, haben sich bedankt, haben dir was ausgegeben - aus dem Nichts.

Das fand ich dann immer bewegend und rührend, weil am Ende: Was dort an der Front arg hilft ist einfach der Zusammenhalt und diese große Motivation, weil man sich gegen etwas völlig Falsches wehrt.

Der Einsatz ist für den Studenten des Gesundheitsmanagements eine Erfahrung, die er nicht missen möchte. Ob er anderen Menschen, die helfen wollen, raten würde, in die Ukraine zu gehen, erklärt er im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Arne Wiechern.

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