"Combat Medical Care Conference"

Expertentreffen in Blaubeuren: Wie werden Kriegsverwundete versorgt?

Stand
Autor/in
Annette Schmidt

Viele Verwundete und Schwerverletzte - das ist trauriger Alltag in der Ukraine. Wie können sie möglichst gut versorgt werden? Das ist das Hauptthema von 1.200 internationalen Experten in Blaubeuren.

Mit den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und die Versorgung von Verwundeten beschäftigt sich eine zweitägige internationale Expertenkonferenz zur militärischen Notfallmedizin in Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis). Unter wissenschaftlicher Leitung des Bundeskrankenhauses Ulm treffen sich zur "Combat Medical Care Conference" über 1.200 Fachleute aus 36 Nationen von Militär, Polizei, Zoll und zivilen Rettungsdiensten.

In fast 40 Workshops und Übungen geht es um neue medizinische Methoden und Hilfsmittel in der Versorgung von Notfallpatienten.
An fünf Übungsszenarien im Wald trainierten Gruppen, wie sie in Notfällen und unter Beschuss gemeinsam Leben retten.

Übungen im Wald: Wie können Leben gerettet werden?

An fünf Übungsszenarien im Wald trainierten Gruppen, deren internationale Mitglieder aus verschiedenen Einheiten stammten, wie sie in Notfällen und unter Beschuss gemeinsam Leben retten. Geübte Rettungsdienst-Mime, geschminkt und mit unechten, aber sehr lebensecht wirkenden Verletzungen, brachten die Helfer in Stress und in Schwitzen. Sie stöhnten, gaben sich verwirrt oder bewusstlos und reagierten panisch.

Zahlreiche Verletzte waren nach einem schweren Autounfall zu versorgen und wegzutragen. An einer anderen Station hieß die Aufgabe, Blut zu stillen. Geübt wurde an Schweinehälften. Bei der Station "Atemwegsübungen" hingen Mime am Strick an Bäumen, nach einem Suizidversuch oder einer Lynchattacke. Aus ihrem Mund quoll Schaum, hergestellt mit Brausepulver. Die Rettungskräfte sollten die Atemwege freischneiden - sie trainierten erfolgreich an Schweineluftröhren.

Station zeigt Realität im Krieg

Hektisch, laut, voller Rauch und Panik war es an Station vier nach einem Sprengstoffangriff an der Front. Soldaten und Polizei sicherten die Umgebung rund um einen Schützengraben, in den Helfer zahlreiche Verwundete zunächst in Sicherheit brachten, um sie kurz vor dem nächsten Angriff dort erstzuversorgen. Und schließlich zeigte Station fünf die Realität im Krieg: Es war das überfüllte Triagelager. Hier ging es um Entscheidungen, in welcher Reihenfolge die vielen Verwundeten zu versorgen sind. 

In den fast 40 Workshops und Übungen geht es um neue medizinische Methoden und Hilfsmittel in der Versorgung von Notfallpatienten. Außerhalb der USA ist das Treffen die größte Fachkonferenz für die sogenannte "Taktische Notfallmedizin". Bereits seit 2014 wird die Aus- und Weiterbildungsveranstaltung vom Bundeswehrkrankenhaus Ulm organisiert.

In fast 40 Workshops und Übungen geht es um neue medizinische Methoden und Hilfsmittel in der Versorgung von Notfallpatienten.
Oberfeldarzt Florent Josse hatte die Konferenz einst mit ins Leben gerufen.

Konferenz soll Rettungskräfte, Militär, Polizei und Zoll zusammenbringen

Oberfeldarzt Florent Josse vom Bundeswehrkrankenhaus hatte die Konferenz einst mit ins Leben gerufen. Sie soll Rettungskräfte, Militär, Polizei und Zoll zusammenbringen, denn sie müssen auch im Notfall gemeinsam handeln. Mit dem Krieg in der Ukraine habe sich zwar nicht die Art der Versorgung von Verwundeten unter Gefechtsbedingungen verändert, sehr wohl aber die Schwere der Verletzungen und vor allem die hohe Zahl an Verwundeten.

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie, Stephan Schoeps, sieht in der Konferenz einen gelungenen Neustart nach Corona. Die ersten Erfahrungen seien, dass man enorm viel Zeit brauche, um Patienten von der Front in die Krankenhäuser zu bringen. "Früher haben wir bei Terrorismuslagen Stunden oder Minuten gezählt, jetzt geht es schon um halbe Tage, da muss man anders behandeln." Der Fokus liege jetzt auf Lebenerhalten. "Ich glaube, das die wesentliche Erkenntnis, die man jetzt aus der Ukraine mitnimmt." Vor allem die vielen ukrainischen Einsatzkräfte hätten neue Erkenntnisse nach Blaubeuren mitgebracht.

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