Fastnacht - Karneval - Fasching ist vorbei. Von heute an ist für gläubige Katholiken Fastenzeit. Für viele heißt das: Schokolade gibt’s nicht mehr, und auch die Weinflaschen bleiben zu. Das ist zumindest die Theorie.
Wer aber nun in den 40 Tagen bis Ostern wirklich fasten will, weiß: Der erste Tag ist immer besonders hart - der Verzicht auf Zucker oder Alkohol eine Herausforderung für Bauch und Gehirn. Warum das so ist, und wie man das Fasten trotzdem gesund durchhalten kann, erklärt Ernährungsberaterin Anna Dandekar im Gespräch mit SWR-Aktuell-Moderator Andreas Böhnisch.
SWR Aktuell: Fangen wir mit dem Zuckerverzicht an. Das kann sich wirklich anfühlen wie ein kalter Drogenentzug, wenn man von heute auf morgen auf Zucker verzichtet. Was passiert denn im Körper, wenn der keinen Zucker mehr bekommt?
Anna Dandekar: Es ist fühlt sich tatsächlich nicht nur so an wie ein Drogenverzicht. Es werden tatsächlich auch ähnliche Hirnareale aktiviert, also zum Beispiel das Belohnungszentrum. Und genau deswegen sollten auch krasse Zucker-Junkies einen Verzicht nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern sich auch wie bei einem Entzug darauf vorbereiten. Das bedeutet, ein klar definiertes Ziel zu formulieren. Also nicht „ich werde eventuell ein bisschen weniger Süßigkeiten essen“, sondern wirklich: „Ich esse 40 Tage lang gar keine Süßigkeiten.“ Man sollte Alternativstrategien griffbereit haben: Wenn die Sucht kickt, zum Beispiel einen Spaziergang machen, Freundinnen anrufen, ein Spiel spielen, alle Versuchungen aus dem näheren Umfeld zu entfernen, ist auch sehr hilfreich. Also: Man sollte sich da wirklich wie bei einem Entzug darauf vorbereiten.
SWR Aktuell: Eine Alternativstrategie, wenn man wirklich Heißhunger auf Schokolade, also auf Industriezucker hat, könnte ja sein, auf Obst auszuweichen. Aber Orangen, Äpfel, Ananas zum Beispiel, die enthalten ja auch Zucker, nämlich Fruchtzucker. Ist das trotzdem eine Alternative?
Dandekar: Ja, das ist eine Alternative. Es gibt Unterschiede zwischen diesen beiden Lebensmitteln Schokolade und Obst, auch wenn beide Zucker enthalten. Ein Apfel enthält ja noch zum Beispiel Ballaststoffe, Vitamine, Mineralien, und ist einerseits gesund. Andererseits macht er auch satt. Man wird davon, selbst wenn es der gleiche Zucker ist, sehr viel weniger Essen. Danach hat man auch weniger Blutzuckerschwankungen und hat ja zusätzlich noch eine Packung Vitamine und andere gute Pflanzenstoffe aufgenommen. Deswegen plädiere ich ganz stark dafür, lieber zu Obst zu greifen, auch wenn der Zucker drin ist. Zucker komplett rauszustreichen wird auch insgesamt sehr, sehr schwierig, weil es sehr, sehr viele Zuckerarten gibt. Man sollte sich aber nicht stressen. Lieber sollte man komplett auf Süßigkeiten verzichten, denn da wissen wir, dass die wirklich nicht gesund sind. Lieber noch ein paar gute Vitamine übers Obst mit einsacken!
SWR Aktuell: Dann lassen Sie uns jetzt über den Alkohol reden. Wie bekomme ich dieses Verlangen nach einem Glas Wein am Abend in den Griff, wenn ich während der Fastenzeit darauf verzichten möchte?
Dandekar: Auch hier lohnt es sich, eine gute Gegenstrategie parat zu haben und direkt auch zu planen. Man könnte sich zum Beispiel vornehmen, sich am Abend durch verschiedene Teesorten zu testen, um seinen eigenen Entspannungstee zu finden. Man könnte verschiedene alkoholfreie Cocktails mixen und sich da durchprobieren, oder vielleicht mit dem Partner oder der Partnerin ein Gesprächsritual am Abend einführen. Wichtig dabei ist, dass es etwas ist, das uns Spaß und Freude macht, und nicht etwas, wozu wir uns zusätzlich zwingen müssen. Also, dass man gleich weiß: Ich komme jetzt nach Hause, und ich freue mich jetzt auf meinen alkoholfreien Cocktails.
SWR Aktuell: Wir haben jetzt über den bewussten Verzicht auf bestimmte Genuss- Lebensmittel während der Fastenzeit gesprochen, also Schokolade oder auch Alkohol. Aber es gibt da ja noch andere Spielarten wie Heilfasten oder Intervallfasten. Was eignet sich da für welchen Zweck?
Dandekar: Das ist wirklich ein sehr weitläufiges Thema. Es gibt ganz viele verschiedene Arten von Fasten, und die jetzt alle zu erklären, würde den Rahmen sprengen. Tatsache ist aber, dass wir im Überfluss leben und dass der nicht gesund ist. Für mehr oder weniger lange gezielt auf Überfluss zu verzichten, ist nicht nur gut für den Körper, sondern auch für den Geist. Wir haben beim Thema Entgiften schon einmal darüber gesprochen, dass durch das Fasten, also das Weglassen von Nahrung, der Körper die Zeit bekommt, bestimmte Reparaturmechanismen laufen zu lassen, so dass störende Stoffwechsel-Nebenprodukte abgebaut werden können. Und es gibt inzwischen auch einige gute Studien zu verschiedenen Krankheiten und die Wirkungen von Intervallfasten - dass man zum Beispiel 16 Stunden am Tag nichts isst und nur in den verbleibenden acht Stunden isst. Auch da gibt es ganz viele Unterschiede. Es kommt dann auch drauf an, was man in diesen acht Stunden isst. Wenn man wirklich richtiges Fasten, also Heilfasten oder Intervallfasten, ausprobieren möchte, würde ich immer empfehlen, sich eine Ernährungsberaterin oder ein Ernährungsberater zu suchen und gemeinsam eine Fastenart zu finden, die zu einem passt.