Antisemitismus in Deutschland: Warum mit der Verharmlosung Schluss sein muss

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Autor/in
Ralf Hecht
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Andreas Böhnisch
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Antisemitismus war immer da. Doch seit dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 ist er im Alltag spürbar geworden, sagt Veronika Nahm, Direktorin des Anne Frank Zentrums.

"Der 7. Oktober 2023 bedeutet eine Zäsur für die jüdische Community in Deutschland", ergänzt Veronika Nahm im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Ralf Hecht. Die Bedrohungslage habe sich verändert. "Jüdische Menschen wurden ganz gezielt angegriffen." Die Angst sei groß, ob die Sicherheitslage in Deutschland ein offen jüdisches Leben noch zulasse.

Antisemitismus ist immer ein Angriff auf Jüdinnen und Juden.

Allerdings hätten gesellschaftliche Herausforderungen und politische Krisen in den vergangenen Jahren immer wieder zu einem Aufflammen von Gewalt gegen Juden geführt. Dazu gehörten der rechtsterroristische Anschlag in Halle im Oktober 2019, die Corona-Pandemie ab März 2020 und der russische Angriffskrieg ab Februar 2022 auf die Ukraine. Das alles mache sich auch in den antisemitischen Übergriffen bemerkbar.

Antisemitismus wurde zu lange verharmlost

Die Direktorin des Anne Frank Zentrums kritisiert, dass "aktueller Antisemitismus" verdrängt worden sei. Man habe Gewalt gegenüber Juden über viele Jahrzehnte ausschließlich als historisches Phänomen gesehen und mit dem Holocaust in Zusammenhang gebracht. "Dadurch gab es eine Sprachlosigkeit und so konnte sich ein Schimpfwort wie 'Du Jude' in Schulen erst entwickeln." Diese Form von Judenfeindlichkeit sei nicht aufgegriffen und thematisiert worden.

Staat muss Antisemitismus bekämpfen

Als Konsequenz fordert Veronika Nahm ein Umdenken in allen Bereichen der Gesellschaft. "Es braucht eine Verankerung antisemitismuskritischer Bildung in der Lehrkräfteausbildung, aber auch in der Ausbildung von Verwaltungsangestellten, im Strafvollzug oder auch in der Justiz." Denn der Staat habe die Verpflichtung, der Judenfeindlichkeit entgegenzutreten.

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