Landwirte bearbeiten mit Hilfe von Traktoren ein Feld.

Nach Demos und Straßenblockaden

Bauerntag - wie es den Landwirten nach den großen Protesten geht

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Susanne Henn
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Jutta Kaiser
Bild von Jutta Kaiser aus der SWR-Wirtschaftsredaktion.

Um den Jahreswechsel war die Stimmung unter den Landwirten aufgeheizt - Bauernproteste legten halb Deutschland lahm. Jetzt steht ein großes Treffen beim Bauerntag in Cottbus an.

Am 26. und 27. Juni 2024 findet der Deutsche Bauerntag in Cottbus statt. Hier treffen sich Landwirtinnen und Landwirte aus der gesamten Bundesrepublik, Mitglieder des Deutschen Bauernverbands. Sie wählen unter anderem ihren Vorstand neu, tauschen sich aber auch zu Themen wie Bürokratie und Auflagen aus. Es gibt großen Redebedarf, denn rund um den Jahreswechsel hatte es massive Bauernproteste gegeben.

Rückblick: Politische Entscheidungen Auslöser für Proteste

Im Dezember 2023 hatte die Bundesregierung beschlossen, Steuersubventionen für Landwirtinnen und Landwirte zu streichen. Nachlässe für Agrardiesel sollten wegfallen, außerdem sollten landwirtschaftliche Fahrzeuge in Zukunft besteuert werden. Wochenlang gab es Bauernproteste in Deutschland.

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Auch in anderen Ländern Europas gingen Landwirte auf die Straßen, denn auch die Europäische Union verfolgte Pläne, die ihnen nicht gefielen - darunter Klimaschutzvorgaben. Viele Pläne wurden daraufhin zwar entschärft oder zurückgenommen, trotzdem ist die Stimmung mäßig.

"Von den vielen Versprechen, die nach den Demonstrationen an uns gerichtet worden sind - zum Teil aus dem Finanzministerium, aber auch was Entbürokratisierung betrifft - ist noch so gut wie gar nichts umgesetzt."

Enttäuschung bei Bauern über mangelnde Unterstützung der Politik

Heute, rund ein halbes Jahr später, ist die Stimmung unter Landwirten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eher gedrückt als aufgeheizt - aus verschiedenen Gründen. Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, sagt, Schuld daran sei zum einen das Wetter mit regionalen Unwettern und viel zu wenig Sonnenschein. Daneben seien die meisten Landwirte aber auch von der Regierung sehr enttäuscht.

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Dass ein Umweltschutzgesetz gegen hohen Pestizideinsatz der Europäischen Union (EU) vor einigen Monaten gestoppt wurde, darüber sind viele Landwirte froh. Das bestätigt auch Jürgen Maurer, Vizepräsident des baden-württembergischen Bauernverbandes.

Er kritisiert aber, Deutschland ermögliche seinen Landwirten nicht alle Umwelterleichterungen, die nach den Beschlüssen des EU-Parlaments möglich wären. Das bedeute massive Wettbewerbsnachteile. Am Ende des Tages müssten auch Bauern ein wirtschaftliches Ergebnis aufweisen können - so wie jeder andere Mittelstandsbetrieb.

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Erleichterter Einsatz von Pestiziden wird nicht nur begrüßt

Bärbel Endraß, Bio-Bäuerin im Allgäu und engagiert in der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL), ist hingegen froh, dass die Umweltauflagen in Deutschland nicht noch weiter aufgeweicht wurden. Die Erleichterungen aus Brüssel, sagt sie, waren ein Fehler. Wer die Bedrohung durch den Artenschwund und die Klimakrise nicht ernst nehme, schade nicht nur der Natur, sondern auch Bäuerinnen und Bauern. Ein 'Weiter so' werde allen auf die Füße fallen.

Aber genau in diese Richtung gehe es, meint Johannes Enssle von der Naturschutzorganisation NABU Baden-Württemberg. Seit den Zugeständnissen aus Brüssel sei die Bereitschaft vieler Landwirte, in den Naturschutz zu investieren, schwächer geworden, auch wenn sie in Reden immer wieder betonten, dass auch ihnen der Kampf gegen Klimawandel und Artensterben wichtig sei.

"Nur leider stellen wir fest, dass man es nicht mehr so ernst verfolgt wie vielleicht noch vor ein, zwei Jahren. Und jetzt merken wir schon, dass auch in Brüssel und in Berlin eher gegen Naturschutz-Themen gearbeitet wird."

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