Bio liegt im Trend
Seit 2009 hat sich die ökologisch bewirtschaftete Fläche in Deutschland von 5,6 Prozent auf 10,9 Prozent fast verdoppelt. Die Anzahl der deutschen Bio-Betriebe ist sogar von 5,6 Prozent auf 14 Prozent gestiegen. Und mehr als 100 Ökolabel versprechen, bestes Bio zu liefern. Doch Bio ist nicht gleich Bio.
Was heißt Bio eigentlich?
1992 wurden mit der EU-Öko-Verordnung erstmals europaweit geltende Gesetze für ökologisch wirtschaftende Betriebe eingeführt. Die damals beschlossenen Regelungen setzen einen Mindeststandard für die Bio-Landwirtschaft. Bio steht seitdem für eine artgerechte, den Bedürfnissen der Tiere entsprechende und flächengebundene Tierhaltung. Das heißt, es dürfen nicht mehr Tiere gehalten werden, als ökologisch für die zur Verfügung stehende Fläche vertretbar ist. Außerdem verzichten Bio-Höfe auf synthetischen Pflanzenschutz und halten ihre Böden fruchtbar. Weitere Vorgaben: Es darf keine Gentechnik verwendet werden und mindestens 95 Prozent der Lebensmittelzutaten müssen ökologischer Herkunft sein.
Konkret heißt das: Chemische Zusätze und mineralische Stickstoffdünger sind verboten. Künstliche Aromastoffe und Konservierungsstoffe, wie zum Beispiel Nitratpökelsalz, seien in Bio-Lebensmitteln ebenfalls nicht zu finden, erklärt Reinhild Benning von der Deutschen Umwelthilfe. Gentechnisch veränderte Organismen und Produkte dürfen nicht als Lebensmittel, Futter, Dünger oder Saatgut eingesetzt werden.
In der artgerechten Tierhaltung wird darauf geachtet, dass alle Tiere natürliches Futter, Auslauf, Ruhe und Kontakt zu anderen Tieren ihrer Art haben. Jedes Schwein im Bio-Betrieb hat beispielsweise eine Garantie auf mindestens 1,3 Quadratmeter Platz im Stall und Auslauf im Außenbereich. Ein Mastschwein in konventioneller Landwirtschaft hat meist nur etwa halb so viel Platz.
Die drei anspruchsvollsten Bio-Siegel: Demeter, Bioland und Naturland
Die deutschen Anbauverbände Demeter, Bioland und Naturland haben sich selber noch strengere Richtlinien gesetzt, als es die gesetzlichen Grundlagen der EU-Öko-Verordnung vorgeben. Sie halten sich an zusätzliche Vorschriften in der Tierhaltung und beim Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Außerdem muss der gesamte Betrieb auf Bio-Landbau umgestellt sein. Die Öko-Anbauverbände von Demeter, Bioland und Naturland unterstützen ihre Mitglieder dabei.
Dafür steht Demeter
Demeter hat die anspruchsvollsten Regeln in der Bio-Landwirtschaft. Tierhaltung ist verpflichtend, denn der Mist dient zum Düngen der Felder. Der Natur-Dünger wird mit eigenen biologisch-dynamischen Präparaten aus speziellen Kräutern, Mineralien und Kuhmist angereichert. Außerdem hat Demeter als einziges Bio-Siegel die Enthornung von Rindern verboten. Die Hörner sind nicht nur wichtig, um die Rangordnung in der Kuhherde klarzustellen, sie leiten auch Wärme ab und schützen somit das Gehirn der Tiere.
Demeter hat nicht nur die strengsten Bio-Richtlinien, sondern schneidet in einer Langzeitstudie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau, in der der Einfluss verschiedener öko- und konventioneller Anbaumethoden auf die Bodenqualität untersucht wurde, am besten ab. Dicht gefolgt von Naturland und Bioland.
Dafür stehen Bioland und Naturland
Die Unterschiede zwischen Bioland, Naturland und Demeter sind nicht besonders groß. Bioland und Naturland teilen sich daher den zweiten Platz der strengsten deutschen Bio-Siegel. Bei den beiden Labeln gibt es keine eigenen Düngerpräparate und auch keine anthroposophische Ideologie. Das sind die Hauptunterschiede zu Demeter. Alle drei Bio-Siegel unterziehen sich Tierwohlkontrollen. Zusätzlich sind weniger Hühner und Mastschweine in einem Stall erlaubt, als in der EU-Öko-Verordnung festgelegt ist. Und: Rinder und Kühe müssen verpflichtend in der Weideperiode draußen auf Weiden stehen.
Ein wichtiges Merkmal aller Bio-Landwirtschaft ist die Kreislaufwirtschaft. Das bedeutet, dass alle Nährstoffe im Kreislauf gehalten werden sollen. Pflanzenanbau und Tierhaltung gehen also Hand in Hand: Tiermist landet als Dünger wieder auf dem Feld. Und auf dem Feld wird wiederum Tierfutter angebaut, neben vielen anderen Sachen. Bei Demeter, Bioland und Naturland haben sich die Betriebe verpflichtet, mindestens 50 Prozent ihres Futters selbst anzubauen. Der Rest wird möglichst regional und natürlich in Bioqualität eingekauft.
Ein paar wenige Kritikpunkte an Bio gibt es dann doch...
Einige Bio-Betriebe stehen genau wie konventionelle Betriebe wegen der Anbindehaltung in der Kritik. Kühe können sich dabei nicht frei im Stall bewegen. Diese Haltungsform ist in der Bio-Landwirtschaft für Kleinbetriebe mit einer Genehmigung erlaubt. Auch bei Demeter, Bioland und Naturland. Kleine Bio-Betriebe vor allem im Süden Deutschlands nutzen diese Form der Tierhaltung noch häufig. Allerdings dürfen bereits keine neuen Anbindeställe mehr gebaut werden.
Die Schädlingsbekämpfung ist ebenfalls nicht ganz unproblematisch. Denn auch der Biolandbau setzt teilweise Spritzmittel ein. Bienenwachs, Öle, Schwefel oder Kupfer sind für den Bio-Anbau zugelassene Pestizide. Kupfer kann nicht abgebaut werden und ist somit schlecht für die Böden, die darin lebenden Tieren und das Grundwasser. Die EU-Öko-Verordnung hat den Einsatz von Kupfer auf 6 Kilogramm pro Hektar beschränkt. Demeter, Naturland und Bioland halten sich auch hier an strengere Auflagen. Sie setzen Kupfer nur noch beim Wein- und Hopfenanbau ein. Dabei sind höchstens 3-4 Kilo pro Hektar erlaubt.
Ist Bio die Ernährung der Zukunft?
Die Landwirtschaft in Deutschland soll insgesamt nachhaltiger werden. Deshalb will die Bundesregierung die Flächen, auf denen ökologisch angebaut wird, bis 2030 von derzeit 10,9 Prozent auf 30 Prozent erhöhen. Bio-Anbau kann durchaus ein Teil der Lösung für eine nachhaltige Landwirtschaft sein. Aber: “Ein Nachteil von Bio ist, dass die Bio-Betriebe auf ihrer Anbaufläche weniger ernten als konventionelle Betriebe auf der gleichen Fläche,” erklärt Agrarwissenschaftler Prof. Matin Qaim. Bio-Anbau in Deutschland verbraucht also mehr Fläche und gerade die ist knapp. Wenn Deutschland seine komplette Anbaufläche auf Bio-Landwirtschaft umstellt, würde etwa 30-40 Prozent weniger geerntet werden können. Diesen Rückgang durch Importe auszugleichen, mache keinen Sinn, so Qaim. Denn dann würde man Waldabholzungen im Ausland in Kauf nehmen, um dort mehr Anbaufläche zu schaffen. Das Credo von Agrarwissenschaftler Qaim: Einen guten Mittelweg zwischen Bio-Anbau und konventioneller Landwirtschaft finden.