Ich habe ein neues Wort gelernt: Bändern. Dabei nehmen sich Leute an einem Rückgabeband, das Tabletts in die Spülküche von Kantinen oder Mensen fährt, übrig gelassenes Essen vom Teller. Zum Beispiel Studierende in der Mensa der Universität Freiburg. Formal ist das Bändern aus hygienischen Gründen verboten, wird aber in bescheidenem Umfang toleriert. Die Studierenden wollen ein Zeichen setzen gegen Lebensmittelverschwendung. Nicht verzehrte Hähnchenschlegel oder die Portion Pommes Frites kämen sonst in den Müll.
Aktionswoche gegen Lebensmittelverschwendung Freiburg: Warum Studierende in der Mensa die Reste der anderen aufessen
Die sogenannten Bänderer gehören in der Freiburger Uni-Mensa quasi zum Inventar. Sie nehmen die Teller vom Band, die andere nicht leer gegessen haben und lassen sich die Reste schmecken.
Meine Eltern haben die materielle Not der Nachkriegsjahre erlebt. Sie lehrten uns Kinder, Speisen wertzuschätzen. Mir versetzt es im Restaurant einen Stich, wenn Mitarbeitende ein kaum angerührtes Menü abräumen müssen. Man soll nicht auf die Teller anderer Leute schauen, sprich keinen Neid entwickeln, lautete eine andere Maxime meiner Eltern. Aber ganz wörtlich genommen tut es mir um das Essen leid. In der (Kantinen-)Kultur der fertigen Portionsschälchen sind es ja oft sogar gänzlich unberührte Portionen Gemüse, Salat, Nudeln oder Pudding, die auf das Band kommen.
Essensreste müssen gut aussehen und schmecken
Keine Sorge, ich werbe hier nicht für Lasagne-Reste oder den abgetrennten Fettrand am Kotelett. Es geht um Verschmähtes, das immer noch gut aussieht und schmeckt. Viele Menschen ekeln sich bei der Vorstellung, Gerichte anderer Leute zu essen. Das ist nach meinem Dafürhalten weniger eine Frage der Hygiene bzw. von Hygienevorschriften – in Familien essen Eltern das Übriggebliebene ihrer Kinder ganz selbstverständlich auf. Es hat mit unserer Esskultur zu tun. Die kann sich verändern.
Auch wenn im Jahr 2021 immer noch 10,94 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll landeten, es passiert schon viel gegen die Lebensmittelverschwendung. Die sogenannte „Tafeln“ bringen Produkte aus dem Supermarkt unter die Leute, die sonst im Abfall landen würden. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ruft in der Aktion „Zu gut für die Tonne!“ zum sparsameren Einkaufen auf. Für ein fertig zubereitetes Mittag- oder Abendessen erscheint mir das Bändern eine gute Idee.