Lehrkräftemangel spitzt sich zu

Immer weniger Interesse an Lehramtsstudium in Baden-Württemberg

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Der Lehrkräftemangel im Land spitzt sich weiter zu. Doch Besserung ist nicht in Sicht, denn die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber für ein Lehramtsstudium nimmt seit Jahren ab.

Immer weniger junge Menschen interessieren sich für Lehramtsstudiengänge. Die Bewerberzahlen an den sechs Pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg sind in den vergangenen zehn Jahren deutlich zurückgegangen. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage der FDP-Fraktion hervor, die dem SWR vorliegt.

Gleichzeitig spitzt sich der Lehrkräftemangel in Baden-Württemberg weiter zu - an jeder zweiten Schule ist nach Angaben des Verbands Bildung und Erziehung seit Beginn dieses Schuljahres mindestens eine Stelle nicht besetzt. Konsequenz sind anhaltende Unterrichtsausfälle und immer schlechtere Noten für Baden-Württembergs Schüler im Bildungsranking. Die Bewerberzahlen für Lehramtsstudiengänge zeigen keine Tendenz zur Verbesserung der Situation.

Knut Bauer aus der SWR Redaktion Landespolitik ordnet die Zahlen rund um das Lehramtsstudium ein.

Heißt das tatsächlich, dass immer weniger junge Menschen Lehrerin oder Lehrer werden wollen?

Knut Bauer: Das wird anhand dieser Zahlen mehr als deutlich. Die grün-schwarze Landesregierung hat zwar die Zahl der Studienplätze an den sechs Pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg aufgestockt und ab dem Wintersemester soll es an der PH Freiburg einen neuen Studiengang für Sonderpädagogik geben mit weiteren 175 Plätzen. Dem gegenüber steht aber ein drastischer Rückgang der Bewerberzahlen. Ein Beispiel sind Grundschulen, wo aktuell besonders viele Lehrkräfte fehlen: Vor zehn Jahren gab es laut Kultusministerium 17.000 Bewerbungen für das Grundschullehramt, im Wintersemester 2021/22 waren es noch 8.200, also weniger als die Hälfte. Und gleichzeitig hat auch die Zahl der Erstsemester in den letzten zehn Jahren von 1.700 auf 1.500 abgenommen. Noch dramatischer ist es in der Sekundarstufe 1, also für das Lehramt an Hauptschulen und Realschulen. Da sind die Bewerberzahlen in den letzten zehn Jahren regelrecht eingebrochen - von 12.000 auf 4.400. Und im aktuellen Wintersemester konnten erstmals nicht alle Anfänger-Studienplätze belegt werden, 190 blieben unbesetzt.      

Der Lehrermangel dürfte sich also nicht so schnell beheben lassen - wie reagieren Opposition und Ministerium?

Bauer: Für die FDP-Landtagsfraktion liegt die Ursache für diese Entwicklung an den Zugangsbeschränkungen. Als völlig unverständlich bezeichnet es FDP-Bildungsexperte Timm Kern gegenüber dem SWR, dass es ausgerechnet an Grundschulen mit dem größten Mangel im Land immer noch einen Numerus clausus gibt, während man für die meisten gymnasialen Fächer notenunabhängig ohne NC studieren könne. Er fordert eine Abschaffung des Numerus clausus und deutlich mehr Studienplätze. Sonst laufe man Gefahr, interessierte junge Menschen zu verprellen. Das Kultusministerium verweist auf unsere Anfrage darauf, dass es immer dann Zulassungsbeschränkungen in Lehramtsstudiengängen gibt, wenn die Zahl der Bewerber die Zahl der Anfängerstudienplätze übersteigt. Heißt im Klartext: Die Bewerberzahlen sind zwar eingebrochen - aber es gibt immer noch zu viele für die vorhandenen Studienplätze.

Ein weiteres Problem ist, dass es sogenannte Mangelregionen gibt, wo besonders viele Lehrerinnen und Lehrer fehlen. Was könnte dagegen getan werden?  

Bauer: Interessant ist dabei, dass nicht nur in absolut ländlichen Regionen Lehrer fehlen, sondern auch in Ballungsräumen wie etwa im Großraum Stuttgart, wie aus der Antwort auf die Anfrage der FDP hervorgeht. Die FDP fordert ein Konzept, wie man mehr Lehrkräfte auch in unterversorgte Gebiete locken kann. Zum Beispiel durch eine "Mangelzulage". Davon will die Landesregierung allerdings nichts wissen. Es sei fraglich, ob Zulagen dazu führen, dass Lehrerinnen und Lehrer damit motiviert werden können, dauerhaft in ländliche Regionen zu ziehen, teilt das Kultusministerium auf SWR-Anfrage mit. Man setze vielmehr auf sogenannte Klebeeffekte, indem die Ausbildung von Lehrkräften regionalisiert wird. Heißt: Referendare werden auch in Orte geschickt, wo sie gar nicht hinwollen - in der Hoffnung, dass sie dort kleben bleiben. Auch das wird allerdings von der Opposition und Bildungsverbänden kritisiert.    

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