Die neuen Benutzungsbedingungen für die Kindertageseinrichtungen der Stadt Heidenheim haben in den sozialen Medien wie Instagram und Facebook für Diskussionen gesorgt. In der seit 19. Oktober gültigen Fassung werden einige Vertragsbedingungen für die Betreuung von Kindern verschärft. Auf einen Facebook-Post von SWR Aktuell gibt es hunderte Kommentare.
Die Stadt berechnet demnach künftig Eltern, die ihre Kinder viermal unentschuldigt zu spät abholen, 25 Euro für jede angefangene halbe Stunde - auch rückwirkend. Eine Nutzerin, offenbar selbst Erzieherin, schreibt: "Wenn das einmal passiert, sagt kein Mensch etwas. Aber ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich länger in der Kita oder im Hort bleiben musste, weil ein Kind nicht abgeholt wurde. Ich rede nicht von fünf Minuten, sondern von Zeiten zwischen 15 Minuten oder manchmal sogar einer ganzen Stunde. Kein Anruf, dass es später wird, und oft noch nicht mal eine Entschuldigung."
Andere Nutzer kritisieren die Verschärfung aber auch: "Also ab sofort lass ich die Nadel im Patienten stecken oder mach nur einen halben Verband oder breche die Reanimation ab. Muss ja schließlich pünktlich am Kindi stehen."
Stadt will neue Kindergarten-Regeln nur als letztes Mittel anwenden
Dass Eltern ihre Kinder regelmäßig zu spät abholen, komme aber so häufig gar nicht vor: "Es handelt sich um Einzelfälle", schreibt ein Sprecher der Stadtverwaltung auf SWR-Anfrage. Und auch wenn der Gemeinderat die verschärften Regeln jetzt durchgewunken hat, will sie die Stadt nicht über Gebühr anwenden, sondern nur als letztes Mittel. Davor nehme "die Leitung einer Einrichtung und die Verwaltung stets Kontakt mit Familien auf, wenn Regeln missachtet werden, um Lösungen zu suchen".
Diskussionsstoff liefert auch der Paragraf, nach dem die Stadt Heidenheim den Betreuungsvertrag fristlos kündigen kann - zum Beispiel "bei mehrfachem unentschuldigtem Fernbleiben eines Kindes von mehr als zehn Tagen innerhalb eines Kindergartenjahres". Damit wolle die Stadt verhindern, dass die knappen Kindergartenplätze ungenutzt bleiben.
Stadt kann auch in anderen Fällen kündigen
Kündigen kann die Stadt auch dann, "wenn Kinder (...) eine erhebliche Belästigung und Gefährdung anderer Kinder oder des pädagogischen Personals verursachen, wenn Kinder seelische und/oder körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen aufweisen und deren Erziehungssorgeberechtigte nicht bereit sind, Integrationshilfen zu beantragen oder sonstige Unterstützungsangebote in Anspruch zu nehmen." Eine Nutzerin merkt bei Instagram an: "Das kommt wohl einer pädagogischen Bankrotterklärung gleich. Denn diese Kinder haben einen erhöhten Betreuungsbedarf."
In Heidenheim habe es im vergangenen Jahr einen Fall gegeben, "als ein Kind verhaltensauffällig war und andere Kinder in der Einrichtung sowie einen Betreuer nachweislich verletzt hat", so der Sprecher weiter. In diesen Fällen nehme die Leitung zunächst Kontakt zu den Eltern auf. Sollten die Gespräche zu keinem Erfolg führen, werde auf die nun gültigen Benutzungsbedingungen verwiesen und diese auch umgesetzt. Besonders streng seien die neuen Regeln aber nicht. Sie gingen auf neue Gesetze, auf Empfehlungen von Verbänden und Erfahrungen aus der Praxis zurück. Und auf Erfahrungen aus Einrichtungen anderer Kommunen. Heidenheim übernehme hier keine Vorreiterrolle.
Neue Regeln in Heidenheim sollen verbindlichen Rahmen schaffen
Die Benutzungsbedingungen gelten für neun städtische Kitas, aber seien auch mit den Einrichtungen in freier Trägerschaft abgesprochen und abgestimmt, teilte der Sprecher der Stadt mit. Die neuen Bedingungen sollen einen verbindlichen Rahmen für die Betreuung schaffen, der auch für die Stadtverwaltung und Kitaleitungen Handlungsmöglichkeiten bei der Nichteinhaltung der Regeln schafft.
Die alten Benutzungsbedingungen galten seit 2013. Seitdem hatten sich auch rechtliche Vorgaben geändert, die der Gemeinderat der Stadt Heidenheim nun in diesem Zuge ebenfalls angepasst hat.