Landgericht Ellwangen

Schüsse auf Auto: Angeklagter gesteht im Prozess um versuchten Totschlag

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Frank Polifke
Frank Polifke

Am Dienstag hat vor dem Landgericht Ellwangen der Prozess gegen einen 35-Jährigen begonnen. Er soll Anfang März in Nattheim auf ein Auto geschossen haben. Der Mann hat am ersten Prozesstag gestanden.

Vor dem Landgericht Ellwangen hat am Dienstag der Prozess gegen einen 35-Jährigen wegen versuchten Totschlags begonnen. Der Mann soll laut der Staatsanwaltschaft Ellwangen im März mehrere Schüsse auf ein mit drei Männern besetztes Auto in Nattheim (Landkreis Heidenheim) abgegeben haben. Am ersten Prozesstag gestand der Mann seine Tat.

Angeklagter gesteht Tat, bestreitet aber Tötungsabsicht

Vor dem Landgericht Ellwangen hat der 35-Jährige zwar angegeben, geschossen zu haben. Er habe aber niemanden töten wollen. Sein Motiv sei gewesen, das Auto mit den drei flüchtenden Männern zu stoppen. Hintergrund seien Streitigkeiten in der Familie wegen Beleidigungen gewesen.

Am ersten Verhandlungstag vor dem Ellwanger Landgericht machte der Angeklagte umfangreiche Angaben zu den Ereignissen am Mittag des 5. März. Seiner Aussage nach hatten sich sein Bruder und er mit den drei Geschädigten im Container seines Autohandels in Nattheim zu einer Aussprache verabredet.

Situation eskaliert auf Nattheimer Firmengelände

Das Treffen sei jedoch schnell aus dem Ruder gelaufen, schließlich habe einer der drei anderen ein Messer gezogen. Auf Grund seiner Kampfsport-Erfahrung habe er ihn am Boden fixiert und entwaffnet. Schon kurz darauf sei die Situation vollends eskaliert: Die drei Männer seien in ihr Auto gestiegen. Plötzlich habe der Fahrer eine Pistole gezogen und auf den Angeklagten gerichtet.

Als Reaktion habe ihm einer seiner "Jungs", eventuell sein Bruder, das war bei der Einlassung nicht ganz klar - eine halbautomatische Waffe gebracht, die er in seinem Auto deponiert hatte. Die habe er umgedreht und dem Gegner mit den Worten hingehalten: "Erschieß' mich von vorn, wie ein Mann, wenn du mich töten willst."

Als die drei daraufhin losfuhren, habe er auf den Wagen geschossen. Aber nicht auf die Insassen, sondern auf die Reifen. Er habe das Auto lediglich stoppen wollen, beteuerte der 35-Jährige.

Opfer setzen Notruf ab - nach sieben Kilometer Fahrt in Auto

Die drei können aber entkommen - unverletzt. Gegen 14 Uhr geht bei der Polizei ein Notruf ein: aus Schnaitheim, ca. sieben Kilometer vom Tatort entfernt. Warum die drei nicht unmittelbar nach der Tat die Polizei gerufen haben, wird wohl im Lauf der Beweisaufnahme zur Sprache kommen.

Nur wenige Zuschauer im Ellwanger Landgericht

Der Angeklagte schildert seine Sichtweise der Ereignisse vom 5. März vor dem Ellwanger Landgericht ruhig und ohne zu stocken. Der Mann bleibt während der Verhandlung an den Füßen gefesselt. Einige der anwesenden Justizbeamten tragen Sturmhaube und Sicherheitsweste. Vermutlich der Tatsache geschuldet, dass der 35-Jährige Mitglied der rockerähnlichen Gruppierung "United Tribuns" war.

Von ihnen taucht keiner an diesem Vormittag im Ellwanger Gerichtssaal auf. Überhaupt erregt das Verfahren kaum Aufmerksamkeit, die Zuschauerbänke sind fast leer.

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Nach Fluchtversuch: Angeklagter am Flughafen Sarajewo festgenommen

Im weiteren Verlauf des Vormittags erzählt der Angeklagte von seiner Drogen- und Medikamentensucht. Aber auch von seiner Haft in Sarajewo. Dort, am Flughafen, war er zwei Wochen nach der Tat festgenommen worden. Er habe sich in die Türkei absetzen wollen, berichtet er. Während der Haft in Bosnien-Herzegowina sei er gefoltert worden, als Folge habe er Rippenbrüche erlitten.

Polizeibeamter als Zeuge vernommen: Ermittlungen schwierig

Für die kommenden fünf Verhandlungstagen hat die Ellwanger Schwurgerichtskammer mehrere Sachverständige und über 20 Zeugen geladen. Einen Kriminalbeamten im höheren Dienst gleich am ersten Verhandlungstag. Er leitet die Abteilung, die den Fall bearbeitet hat. Die Ermittlungen seien komplex und kompliziert gewesen. Die Befragten aus den Familien der Opfer und des mutmaßlichen Täters hätten regelmäßig entweder falsche Angaben gemacht - oder gar keine.

Nicht zuletzt der Grund der Auseinandersetzung zwischen den beiden Familien sei unaufgeklärt geblieben. Wenn er bei Befragungen zur Sprache kam, seien die Vernommenen stets verstummt. Ob es also tatsächlich - wie vom Angeklagten behauptet - um Sticheleien und Beleidigungen ging, konnten die Ermittler nicht erhärten.

Was der Beamte ebenfalls vor Gericht mitteilte: Die Waffen sind verschwunden. Weder die tatsächlich verwendete halbautomatische Pistole noch die andere, mit der der Angeklagte angeblich bedroht wurde, sind aufgetaucht. Und ob es das Messer gab, das ebenfalls in der Schilderung auftaucht, ist ebenfalls unklar. Selbst die Patronenhülsen wurden offenbar sorgfältig entfernt.

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Der 35-jährige Angeklagte ist mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen Drogenhandels. Zudem war er Mitglied der rockerähnlichen Gruppierung United Tribuns. Ob die Schüsse in Nattheim möglicherweise nicht mit Familienstreitigkeiten zu tun haben, sondern mit einem Bandenkrieg in der Region zu tun haben, ist Gegenstand der Verhandlung. In Heidenheim waren in den vergangenen Jahren zwei Banden mehrfach aneinander geraten. Dabei ging es um Machtkämpfe im Bereich Drogen und Prostitution.

Der nächste Verhandlungstag findet am 19. Dezember statt.

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