Letzte Chance, noch Wählerinnen und Wähler für die OB-Stichwahl am Sonntag zu mobilisieren: Amtsinhaber Gunter Czisch (CDU, li.) und sein Herausforderer Martin Ansbacher (SPD) in der Ulmer Fußgängerzone.

Czisch und Ansbacher bis zur letzten Minute im Wahlkampf

OB-Stichwahl in Ulm: Was unterscheidet die Kandidaten?

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Catharina Straß
Catharina Straß

Am 17. Dezember geht es in der Stichwahl um alles: In einem Duell ringen Gunter Czisch (CDU) und Martin Ansbacher (SPD) um die Stimmen der Ulmerinnen und Ulmer. Wer wird neuer OB?

Am dritten Advent entscheidet Ulm in einer Stichwahl, wer neues Stadtoberhaupt wird. Noch im Rennen: Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) und Herausforderer Martin Ansbacher (SPD). Beide Kandidaten haben bis zum letzten Moment am Samstag im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern um Stimmen gekämpft.

Czisch und Ansbacher hatten im ersten Wahlgang am 3. Dezember die besten Ergebnisse erzielt. Allerdings kam keiner der beiden auf mehr als 50 Prozent der Stimmen: Czisch erreichte 43,2 Prozent und SPD-Kandidat Martin Ansbacher 29,7 Prozent.

Wir haben kurz vor der entscheidenden Stichwahl am Sonntag mit beiden Kandidaten gesprochen.

Wie blicken Sie der Stichwahl entgegen?

Gunter Czisch: "Ich gehe mit einem guten Gefühl rein. Die letzten Tage sind natürlich anstrengend und ich finde, so ein Wahlkampf ist das Hochamt der Demokratie. Ich bekomme sehr viel Zuspruch. Natürlich führt man auch kritische Gespräche, aber ich finde das wirklich gut. Dazu dient der Wahlkampf und deshalb freue ich mich, dass es am Sonntag so weit ist."

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Martin Ansbacher: "Ich gehe sehr positiv in die Stichwahl. Ich freue mich, dass es endlich so weit ist, dass wir eine Entscheidung in unserer Stadt bekommen. Ich glaube, dass ich gute Chancen habe, zu gewinnen. Der Amtsinhaber hat beim ersten Wahldurchgang mehr als zehn Prozent der Stimmen verloren. In Ulm ist eine Wechselstimmung da."

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Wie würden Sie das Wohnen in Ulm verändern?

Gunter Czisch: "Bauen, bauen, bauen. Wir haben in diesem und im nächsten Jahr 800 Wohnungen neu am Markt. Das ist unseren großen Anstrengungen der letzten Jahre geschuldet. Und ich wünsche mir, dass möglichst viele Bauprojekte, die aktuell in der Schublade liegen und genehmigt sind, da wieder heraus geholt und gebaut werden. Dazu braucht es insbesondere einen Schub aus Berlin, weil dort eben die ganzen Förderprogramme eingestampft worden sind. Wir können nicht auf der einen Seite Bauwerke immer teurer machen, immer höhere Standards setzen, und auf der anderen Seite erwarten, dass bezahlbare Mieten rauskommen. Jedenfalls wollen wir alles dafür tun, dass wieder gebaut wird."

Martin Ansbacher: "Der neue Oberbürgermeister muss sich dieses Themas ganz dringend annehmen. Das ist eines der größten und wichtigsten Themen überhaupt in unserer Stadt. Das muss ein Fokus sein. Wir brauchen viel mehr bezahlbaren Wohnraum. Wir müssen die UWS stärken, unsere städtische Wohnungsbaugesellschaft. Unsere Bodenpolitik müssen wir besser einsetzen, denn ich will nicht, dass Menschen aus der Innenstadt oder aus der Stadt insgesamt vertrieben werden, weil sie sich ein Wohnen in der Stadt nicht mehr leisten können. Das ist die größte soziale Aufgabe unserer Stadt."

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Was möchten Sie im Bereich Verkehr anders machen?

Gunter Czisch: "Ein großer Unterschied zu Martin Ansbacher ist, dass ich nicht glaube, dass wir mit Verboten weiterkommen. Wir müssen die Angebote besser machen. Mein Ziel ist, den Nahverkehr bis 2030 auszubauen. Jeden Tag kommen 60.000 Menschen in die Stadt zur Arbeit. Und die kommen natürlich auch mit dem Auto. Deshalb muss man größer denken und das Angebot im Nahverkehr mit hohen Investitionen unterfüttern. Und wir müssen darauf achten, dass wir die Verkehrsteilnehmer nicht gegeneinander ausspielen. In den nächsten Jahren werden wir neue Straßenbahnen kaufen und wir kaufen gerade elektrische Busse. Und wir realisieren die Regio-S-Bahn."

Martin Ansbacher: "Wenn wir einen Umstieg vom Auto auf den ÖPNV organisieren wollen, müssen wir ihn besser ausbauen. Wir brauchen eine bessere Taktung. Und wir brauchen vor allen Dingen attraktivere Ticketpreise und ein Kurzstreckenticket. Das müssen wir dringend einführen. Das gibt es in anderen vergleichbaren Städten, in Ulm leider nicht. Und wir brauchen den ticketfreien Samstag wieder. Das war ein Erfolgsmodell und kann es wieder werden. Und wenn unsere Innenstadt erreichbar sein soll, brauchen wir einen starken ÖPNV. Also nicht nur Ticketpreise attraktiv machen, auch das Angebot insgesamt ausbauen."

Wie schauen Sie auf die Themen Migration und Flucht?

Gunter Czisch: "Wir stehen jetzt alle miteinander vor einer großen Herausforderung. Wir haben in der Stadt Menschen aus der Ukraine aufgenommen. Es gab eine unglaubliche Hilfsbereitschaft. Gleichzeitig kommen aber auch klassische Asylanten, die einen Antrag gestellt haben - jeden Monat ungefähr hundert. Und jetzt habe ich Anfang September auch im eigenen Haus gemerkt: Es ist eine Belastungsgrenze überschritten worden. Wir werden uns trotzdem anstrengen, Menschen menschengerecht unterzubringen und hoffen auf das Verständnis der Bevölkerung, weil das Verständnis schwindet. Wir versuchen, alles zu tun, um zusätzlichen Platz zu schaffen. Wir haben jetzt die Technische Hochschule hergerichtet. Alles behelfsweise. Und wir kaufen gerade Objekte an, damit wir Leute unterbringen können."

Martin Ansbacher: "Da gibt es, glaube ich, keinen großen Unterschied zwischen mir und dem Amtsinhaber. Wir müssen als Kommune so viel wie möglich unternehmen, um die geflüchteten Menschen, die zu uns gekommen sind oder noch kommen werden, menschenwürdig unterzubringen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die Schwächsten gegen die Schwachen ausspielen, dass wir keine Sozialneiddebatte führen. Sondern wir müssen uns einfach um sie kümmern und alles tun, damit eine gute Integration gelingen kann. Und wir müssen vor allen Dingen dazu auffordern, dass Integration auch vor Ort gelingen kann und dass die Menschen sich einbringen und kümmern."

Was wollen Sie in Bezug auf Sicherheit umsetzen?

Gunter Czisch: "Dadurch, dass so viel Unordnung in der Welt ist, fühlen sich die Leute nicht sicher. Deshalb tun wir da relativ viel. Wir haben die meisten Ordnungsmitarbeiter in Baden-Württemberg pro Einwohner. Da laufen ganz viele spezielle Programme im Hintergrund, die versuchen, dem Thema Kriminalität am Lederhof oder im Bahnhofsumfeld zu entgegnen. Es geht aber nicht nur darum, dass man Polizei auf die Straße bringt. Es geht auch darum, dass wir die öffentlichen Räume mit neuen Ideen gestalten. Ich bin nicht der Meinung, dass man überall Party machen muss. Es muss auch Orte geben, wo es ein bisschen ruhiger zugeht."

Martin Ansbacher: "Ulm ist kein Kriminalitäts-Hotspot, aber es gibt in Ulm den Unterschied zwischen der statistischen und der gefühlten Sicherheit. Ich habe viele Gespräche geführt und festgestellt, dass es durchaus Nachholbedarf gibt. Viele Menschen fühlen sich in unserer Stadt nicht mehr so richtig sicher, vor allen Dingen Frauen. Es gibt viele dunkle Ecken in unserer Stadt. Es gibt Angsträume, die müssen wir beseitigen. Wir brauchen bessere Beleuchtung und mehr Sicherheitspersonal auf der Straße. Wir brauchen Druck und Hilfe, also mehr Kontrolle, mehr polizeiliche Maßnahmen, aber gleichzeitig auch Sozialarbeit."

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Gunter Czisch: "Ich habe schon viel getan. Ein Beispiel: Wenn wir Kinderspielplätze entwickeln, dann werden Kinder und Jugendliche gefragt, und viele ihrer Anregungen werden dann auch tatsächlich realisiert. Es gibt ganz viele Formate, bei denen ich das Gefühl habe, es macht den Leuten mehr Spaß, sich politisch zu engagieren. Das Thema Vereine, Sport, Ehrenamt ist der Kitt der Stadtgesellschaft. Und dann geht es natürlich um die klassischen Themen Schule und Bildung. Es gibt keinen Bereich, in den wir so viel Geld investieren wie in Bildungseinrichtungen. Und mein großes Ziel ist es, beste Bedingungen zu schaffen, damit junge Menschen auch Arbeit in unserer Region bekommen."

Martin Ansbacher: "Wir müssen die jungen Menschen in unserer Stadt viel mehr an Kommunalpolitik beteiligen und signalisieren, dass wir sie und ihre Meinung respektieren. Das hat viel mit Klimaschutz zu tun, mit Mobilität, aber auch, wie die Zukunftschancen insgesamt sind. Ulm ist eine sehr moderne Stadt. Aber wenn es um die Zukunft geht, müssen wir einiges noch tun. Wir brauchen viel mehr Grün in der Stadt, wir brauchen mehr Freizeitwert. Die Vereine bieten ja eine gute Infrastruktur. Es gibt auch ein einigermaßen gutes Nachtleben. Da kann man auch noch mehr machen und die Kultur stärken."

Ihre politische Vorliebe für einen der Kandidaten können Sie auch selbst beim Kandidat-O-Maten der Landeszentrale für politische Bildung testen.

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