Zweiter Verhandlungstag am Landgericht

Geiselnahme in Ulm: Opfer sprechen von Albträumen

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Justus Madaus
Justus Madaus
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Carola Kührig
Carola Kührig

Am Landgericht Ulm haben am Mittwoch Zeugen ausgesagt, die ein Soldat im Januar als Geiseln genommen hatte. Viele von ihnen berichten von Angstzuständen, die bis heute dauern.

Zehn Zeugen haben am Mittwoch vor dem Landgericht Ulm im Prozess wegen einer Geiselnahme in einem Café ausgesagt. Neun von ihnen hatte der Täter am 26. Januar in seine Gewalt gebracht. Die zehnte Zeugin ist eine Nachbarin des Angeklagten aus Nordrhein-Westfalen. Der Geiselnehmer hatte die Tat zum Prozessauftakt gestanden.

Die Zeugen beschreiben, wie der Angeklagte in dem Café eine Pistole aus seiner Jacke zog. Er soll auch ein Gewehr gehalten haben. Mit den Waffen habe er sie bedroht und in eine Ecke gedrängt. Von den insgesamt zwölf Geiseln ließ er immer wieder jemanden gehen, so die Zeugen, - zuerst zwei Jugendliche, Freundinnen im Alter von 14 und 15 Jahren. Mehr als eine Stunde habe es an jenem Abend gedauert, bis der Mann schließlich mit der letzten Geisel aus dem Café gekommen sei.

Fast alle Zeugen, die der Täter als Geiseln genommen hatte, sprechen am Mittwoch im Gerichtssaal von Albträumen und Angstzuständen. Manche berichten von Panik bei großen Menschenmassen. Viele hätten nach der Geiselnahme im Januar wochenlang nicht zur Arbeit oder zur Schule gehen können.

Mit Pistole im Rücken vor das Café

Die wohl eindrücklichsten Aussagen macht am Mittwoch die letzte Zeugin des Tages, eine Mitarbeiterin des Cafés. Sie war die Geisel, mit der der Täter die Filiale in der Ulmer Innenstadt verließ, um sich von Einsatzkräften erschießen zu lassen. Vor Gericht erklärt die 31-Jährige: "Ich bin nicht die gleiche Person, die am 26. Januar zur Arbeit gekommen ist".

Nachdem alle anderen Menschen in dem Café frei gelassen wurden, sei sie die letzte Geisel gewesen. Der Täter sei mit ihr aus dem Café gelaufen und habe eine Waffe von hinten auf sie gerichtet. Dass es eine Attrappe war, konnte sie zu dem Zeitpunkt nicht wissen.

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Dem Gericht schildert sie den ersten Moment, an den sie sich dann erinnert. Der Mann sei angeschossen worden, lag auf dem Boden und habe geblutet. Sie selbst sei zunächst stehen geblieben, habe sich nicht bewegen können. Dann sei sie zur Polizei gelaufen.

Nach Geiselnahme: Entschuldigungsbrief vom Angeklagten

Für die 31-Jährige, die als Nebenklägerin im Prozess auftritt, sind die Folgen der Tat ihren Worten nach besonders schlimm: Sie spricht unter anderem von einer Depression, von Essstörungen und Gewichtsverlust.

In der Verhandlung am Mittwoch übergab die Verteidigung des Angeklagten der Frau einen Entschuldigungsbrief seines Mandanten. Der Inhalt wurde noch nicht verlesen. Die 31-Jährige sagt über den Geiselnehmer: "Ich habe großes Mitleid mit ihm und ich bin froh, dass er am Leben ist." Sie habe nicht gewollt, dass jemand neben ihr stirbt.

Am ersten Verhandlungstag hatte die Nebenklägerin aufgebracht eine Zwischenfrage an einen Polizisten im Zeugenstand gestellt. Sie fragte warum die Polizei nicht früher Kontakt mit dem Geiselnehmer aufgenommen oder anderweitig eingegriffen habe. Der Polizist erwiderte, dass ein Eingreifen mehr Schaden hätte anrichten können: "Für ihre Gesundheit und für uns und meine Beamten war es das Beste zu warten." Der Polizist bot ihr außerdem ein privates Gespräch zur Klärung an.

Geiselnehmer wirkte laut Zeugen nervös

Immer wieder habe der Angeklagte mit ihnen gesprochen, berichten mehrere Geiseln. Er habe von seiner Familie erzählt, und dass der Staat ihn im Stich gelassen habe. Den Geiseln habe er mehrfach versichert, dass ihnen nichts passieren würde. Er habe nervös gewirkt und gezittert. "In meinen Augen wusste der nicht, was er da gerade tut und wie schlimm das eigentlich ist", erklärte einer der Zeugen.

Der Geiselnehmer hatte am Abend des 26. Januar zwölf Menschen mit täuschend echt aussehenden Waffen bedroht und in seine Gewalt gebracht. Die Tat ist laut Staatsanwaltschaft auf einem Überwachungsvideo zu sehen.

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